Gregor A. Bartle, Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Otto H. Jacobs
Tz. 1
Stand: EL 45 - ET: 11/2021
Die Vorschriften des IAS 2 regeln die zutreffende Bewertung von Vorräten und korrespondierende Angabepflichten. Bilanztheoretische Zielsetzung ist dabei, Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Vorräten im Sinne eines Kostenspeichers solange erfolgsneutral zu aktivieren, bis sie als Aufwand den korrespondierenden, realisierten Gewinnen gegenübergestellt werden können. Zur Erreichung dieses Ziels werden Vorschriften zur Verfügung gestellt, anhand derer die zu aktivierenden Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten bestimmt werden können. Dabei gilt der Grundsatz der Bewertung zu Vollkosten und das Einzelbewertungsprinzip. Unter bestimmten Umständen sind Bewertungsvereinfachungsverfahren (Fifo, gewogener Durchschnitt, Standardkostenmethode, retrograde Methode) zulässig. Steht den Vorräten kein ausreichender künftiger Zufluss an wirtschaftlichem Nutzen gegenüber, wird das Prinzip der erfolgsneutralen Aktivierung – ähnlich dem strengen Niederstwertprinzip des deutschen HGB – imparitätisch durchbrochen: Fällt der in IAS 2 definierte und am Absatzmarkt orientierte Nettoveräußerungswert unter die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, sind Abschreibungen – trotz einer (noch) fehlenden Realisierung zugehöriger Erträge – zwingend vorzunehmen (vgl. Tz. 91ff.).
Die Beantwortung der Frage nach dem Ansatz von Vorräten ist nicht Gegenstand von IAS 2. Ob ein bilanzierungsfähiger Vermögenswert vorliegt, bestimmt sich in Ermangelung besonderer Vorschriften nach den allgemeinen Grundsätzen des Framework (1989) (vgl. Tz. 14). Konzeptionell verhindert IAS 2 allerdings die Bilanzierung von Nonvaleurs im Rahmen der Bewertung in Form der Abschreibung auf den Nettoveräußerungswert.
Auch der Ausweis von Vorräten ist außerhalb von IAS 2 geregelt und richtet sich nach den Vorschriften des IAS 1 (vgl. Tz. 109f.). Danach sind Vorräte grundsätzlich als eigene Bilanzposition als kurzfristige Vermögenswerte (current assets) auszuweisen (IAS 1.59).