Prof. Dr. Corinna Ewelt-Knauer, Dr. Julian Höbener
Tz. 101
Stand: EL 43 – ET: 03/2021
In den ersten Entwürfen zum neuen Leasingbilanzierungsstandard IFRS 16 wurde zunächst diskutiert, das Nutzungsrechtsmodell auch auf den Leasinggeber zu übertragen, was jedoch auf starke Kritik gestoßen ist (vgl. Tz. 2f.). Hier ist zu beachten, dass sich die Kritik an den Regelungen des IAS 17 vornehmlich auf die großen Möglichkeiten zu Off-Balance-Sheet-Gestaltungen für Leasingnehmer basierend auf dem all-or-nothing-approach bezog (IFRS 16.BC58f.; vgl. auch bspw. Labrenz, KoR 2015, S. 360; Eckl et al., DB 2016, S. 725). Für Leasinggeber eröffneten die Regelungen nach IAS 17 jedoch insoweit kaum bilanzielles Gestaltungspotenzial, als eingegangene Leasingverhältnisse in der Bilanz des Leasinggebers zumindest stets erfasst wurden: entweder als Forderung (im Fall von Finance-Leasingverhältnissen) oder basierend auf dem unveränderten Ausweis des Leasingobjekts in aller Regel unter den Sachanlagen (im Fall von Operating-Leasingverhältnissen). Nicht zuletzt aus Kostengründen (IFRS 16.BC58) hat sich der IASB schlussendlich dafür entschieden, die Vorschriften zur bilanziellen Abbildung von Leasingverhältnissen beim Leasinggeber nicht grundlegend zu ändern, sondern die diesbezüglichen Regelungen des IAS 17 im Wesentlichen in den neuen Leasingbilanzierungsstandard IFRS 16 zu übernehmen, und somit die Leasingnehmer- und die Leasinggeberbilanzierung von Leasingverhältnissen auf unterschiedliche Konzepte zu stützen. So ist in der Folge das Nutzungsrechtsmodell lediglich für die bilanzielle Abbildung von Leasingverhältnissen beim Leasingnehmer einschlägig, während für die Bilanzierung von Leasingverhältnissen beim Leasinggeber weiterhin – in Anlehnung an die vorherigen Regelungen nach IAS 17 – das risk-and-rewards-model heranzuziehen ist (IFRS 16.IN14 (2016); IFRS 16.62ff.; vgl. auch Hommel/Dehmel/Zeitler, BB 2016, S. 1770). Für den Leasinggeber ergeben sich mit IFRS 16 gleichwohl (geringfügige) Regelungsänderungen, die im Wesentlichen daraus resultieren, dass das Bilanzierungsmodell für den Leasingnehmer geändert wurde (IFRS 16.BC231), und betreffen insbesondere die Definition eines Leasingverhältnisses (vgl. Tz. 16ff.), die Definition von anfänglichen direkten Kosten (vgl. Tz. 140c), die Vorgaben zur Modifikation eines Leasingverhältnisses (vgl. Tz. 146fff.), die Abbildung von Sale-and-lease-back-Transaktionen (vgl. Tz. 151ff.), die Abbildung von Untermietverhältnissen (vgl. Tz. 161ff.) sowie die Anhangangaben (vgl. Tz. 147ff.) (IFRS 16.BC65; vgl. auch Bardens/Kroner/Meurer, KoR 2016, S. 450).
Tz. 101a
Stand: EL 43 – ET: 03/2021
Die Bilanzierung eines Leasingverhältnisses beim Leasinggeber im Rahmen des risk-and-rewards-model ist abhängig davon, ob es als Finance-Leasingverhältnis oder Operating-Leasingverhältnis klassifiziert wird (vgl. Tz. 102ff.). Ein Finance-Leasingverhältnis ähnelt wirtschaftlich betrachtet stark einem Verkauf des Leasingobjekts an den Leasingnehmer auf Ratenzahlung. Vor diesem Hintergrund wird unterstellt, dass das wirtschaftliche Eigentumsverhältnis auf den Leasingnehmer übergeht. Dies wird bilanziell durch den Abgang des Leasingobjekts aus dem Vermögen des Leasinggebers und dem Zugang einer Forderung gegenüber dem Leasingnehmer nachgezeichnet (ausführlich zur bilanziellen Abbildung von Finance-Leasingverhältnissen vgl. Tz. 140ff.). Ein Operating-Leasingverhältnis orientiert sich an einem (fiktiven) Mietverhältnis, sodass das wirtschaftliche Eigentum an dem Leasingobjekt beim Leasinggeber verbleibt und nicht auf den Leasingnehmer übergeht. Folglich wird bilanziell das Leasingobjekt weiterhin beim Leasinggeber auf der Aktivseite erfasst, während die erhaltenen Leasingraten ertragswirksam zu erfassen sind (ausführlich zur bilanziellen Abbildung von Operating-Leasingverhältnissen vgl. Tz. 146ff.).