Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Ballwieser
Tz. 35
Stand: EL 36 – ET: 10/2018
Grundsätzlich besteht für die Folgebewertung die Wahl zwischen der Bewertung zum beizulegenden Zeitwert und der Bewertung zu fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten (IAS 40.30). Allerdings ist auch bei Wahl der zweiten Bewertungsmethode der beizulegende Zeitwert zu ermitteln, da er gem. IAS 40.79 (e) im Anhang anzugeben ist (vgl. Tz. 76). Ein entsprechendes Wahlrecht gilt für die von einem Leasingnehmer in Form eines Nutzungsrechts gehaltene Finanzinvestition in Immobilien (IFRS 16.29 und IFRS 16.34).
Tz. 36
Stand: EL 36 – ET: 10/2018
Grundsätzlich ist die Wahl der Bewertung zum beizulegenden Zeitwert einheitlich für alle Finanzinvestitionen in Immobilien zu treffen (IAS 40.33). Eine Ausnahme besteht bei als Finanzinvestition gehaltenen, mit Verbindlichkeiten verbundenen Immobilien. Dies betrifft insbesondere Versicherungsunternehmen, die im Rahmen einer internen Fondsgestaltung Schulden mit als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien absichern und die Erträge aus diesen zur Bedienung und Tilgung der Verbindlichkeiten verwenden. Nach IAS 40.32A hat das Unternehmen in Bezug auf die gesamte Gruppe dieser Immobilien einheitlich ein Wahlrecht, entweder das Modell des beizulegenden Zeitwerts oder das Anschaffungskostenmodell anzuwenden. Dies soll es ermöglichen, bei Immobilienfonds für Vermögenswerte und Schulden gleiche Wertmaßstäbe anzuwenden und damit bilanzielle Verzerrungen zu vermeiden (vgl. PwC, Manual of Accounting IFRS 2012, Abschn. 17.78). Dieses Wahlrecht gilt unabhängig davon, wie die restlichen als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien, die nicht Teil dieses Fonds sind, bewertet werden (IAS 40.32A (b)).
Außerhalb der Versicherungsbranche ließ sich die Ausübung dieses Wahlrechts zB bei der Deutsche Bank AG beobachten. Im Geschäftsbericht 2011, S. 204, ist zu lesen: "Der Konzern wendet für die Bewertung von als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien grundsätzlich das Anschaffungskostenmodell an … Emittiert der Konzern Verbindlichkeiten, welche durch als Finanzinvestition gehaltene Immobilien unterlegt sind und eine direkt an den beizulegenden Zeitwert oder die Rendite dieser Immobilie gekoppelte Rendite vorsehen, erfolgt eine Bewertung der als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien zum beizulegenden Zeitwert." Im Geschäftsbericht 2013 findet sich dies nicht mehr.
Tz. 37
Stand: EL 36 – ET: 10/2018
Nach IAS 8.14 (b) können Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden freiwillig nur dann geändert werden, wenn damit bessere "Informationen über die Auswirkungen von Geschäftsvorfällen, sonstigen Ereignissen oder Bedingungen auf die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage oder die Cashflows des Unternehmens vermittelt" werden. Nach IAS 40.31 ist es "höchst unwahrscheinlich, dass ein Wechsel vom Modell des beizulegenden Zeitwerts zum Anschaffungskostenmodell eine sachgerechtere Darstellung zur Folge hat." In der Literatur wird darauf hingewiesen, dass die Finanzmarktkrise und der damit verbundene Rückgang der Anzahl von Immobilientransaktionen grundsätzlich keinen Wechsel von der Zeitwertbewertung zu einer Bewertung mit fortgeführten historischen Kosten rechtfertigen (Freiberg, in: Haufe IFRS-Kommentar, 16. Aufl., 2018, § 16, Tz. 45). Ein Wechsel vom Anschaffungskostenmodell zum Modell des beizulegenden Zeitwerts kommt dagegen grundsätzlich in Betracht, da Letzterem eine erhöhte Informationsvermittlung im Sinne von IAS 8.14 (b) zugesprochen wird (Freiberg, in: Haufe IFRS-Kommentar, 16. Aufl., 2018, § 16 Tz. 44).
Dass Unternehmen von einer Aufgabe des Anschaffungskostenmodells nicht zwingend profitieren, zeigt ein Beispiel aus der Praxis: Die IVG AG bewertete im Jahresabschluss 2007 ihre als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien erstmals zum beizulegenden Zeitwert, weil dies nach damaliger Ansicht der Gesellschaft die Aussagekraft der Wertansätze durch die Aufdeckung stiller Reserven verbessere und im Einklang mit den Empfehlungen des europäischen Verbands der börsennotierten Immobiliengesellschaften stehe (vgl. Geschäftsbericht der IVG AG 2007, S. 114). Schon ein Jahr später sprach sich das Unternehmen öffentlich gegen die Zeitwertbewertung aus und befürwortete eine Lockerung der Vorschriften für die Rückkehr zu einer Bewertung zu fortgeführten historischen Kosten (Müller/Wobbe/Reinke, IRZ 2009, S. 255, mit Verweis auf einen Artikel in der Financial Times Deutschland vom 11. Februar 2008, S. 15). Offensichtlich sind also mit der Aufgabe des Anschaffungskostenmodells Kosten verbunden, die mögliche Vorteile, wie zB eine transparentere Berichterstattung, überkompensieren können.
Tz. 38
Stand: EL 36 – ET: 10/2018
IAS 40 verlangt von allen Unternehmen, den beizulegenden Zeitwert entweder für Zwecke der Bewertung oder für Zwecke der Angabe zu ermitteln. Dabei wird zunächst angenommen, dass die Unternehmen in der Lage sind, den beizulegenden Zeitwert selbst zuverlässig zu bestimmen. Gleichzeitig werden die Unternehmen jedoch ermutigt, wenngleich nicht verpflichtet, alle Finanzinvesti...