Dr. Stefan Bischof, Dipl.-Ök. Günter Doleczik
Tz. 6
Stand: EL 47 – ET: 06/2022
Der Wertaufhellungszeitraum, der im Rahmen der Stichtagsbewertung zu beachten ist, erstreckt sich bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Abschluss zur Veröffentlichung freigegeben wird (authorised for issue). Gibt das Unternehmen vor diesem Zeitpunkt Informationen über das Ergebnis oder andere ausgewählte Abschlussdaten bekannt, hat dies keinen Einfluss auf die Bestimmung des Endes des Wertaufhellungszeitraums (IAS 10.7), dh., der Abschluss kann insoweit von den zuvor veröffentlichten vorläufigen Zahlen abweichen.
IAS 10.3ff. nehmen in Abhängigkeit vom rechtlichen Genehmigungsverfahren eine Differenzierung hinsichtlich des relevanten Zeitpunkts vor. Ausgangspunkt hierfür ist die Überlegung, dass das Prozedere der Freigabe des Abschlusses zur Veröffentlichung von der Managementstruktur, von den gesetzlichen Rahmenbedingungen sowie von den konkreten Vorgehensweisen bei der Aufstellung des Abschlusses abhängt. Konkret unterscheidet IAS 10 danach, ob der Abschluss (nur) von den Gesellschaftern oder (auch) vom Aufsichtsrat zu genehmigen ist.
1. Genehmigung des Abschlusses durch den Aufsichtsrat
Tz. 7
Stand: EL 47 – ET: 06/2022
Ist der Abschluss zusätzlich zu den Anteilseignern bzw. ausschließlich durch einen Aufsichtsrat zu genehmigen, endet der Wertaufhellungszeitraum zu dem Zeitpunkt, zu dem das Management den Abschluss zur Weiterleitung an den Aufsichtsrat freigibt (IAS 10.6).
Die Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts wird in IAS 10.6 durch das folgende Beispiel illustriert:
- 31.12.20X1: Ende der Berichtsperiode;
- 18.03.20X2: Freigabe des Abschlusses zur Weiterleitung an den Aufsichtsrat durch das Management;
- 26.03.20X2: Genehmigung des Abschlusses durch den Aufsichtsrat;
- 01.04.20X2: Veröffentlichung des gesamten Abschlusses;
- 15.05.20X2: Genehmigung des Abschlusses durch die Gesellschafterversammlung;
- 17.05.20X2: Offenlegung des Abschlusses.
Hier stellt nach IAS 10.6 der 18.03.20X2 das Ende des Wertaufhellungszeitraums dar, dh., maßgebend ist der Zeitpunkt zur Freigabe des Abschlusses durch das Management zur Weiterleitung an den Aufsichtsrat, die Genehmigung durch den Aufsichtsrat ist dagegen hierfür irrelevant. Aus dem Beispiel wird deutlich, dass die Freigabe zur Veröffentlichung weder mit der Offenlegung des Abschlusses iSv. § 325 HGB noch mit der Veröffentlichung des Abschlusses gegenüber Dritten (Öffentlichkeit) gleichzusetzen ist, sondern früher liegt. Insoweit ist der Begriff "Veröffentlichung" potenziell missverständlich. Er erschließt sich jedoch insoweit, als im obigen Beispiel mit dem 18.03.20X2 die Aufstellung des Abschlusses abgeschlossen ist, und die gesetzlichen Vertreter diesen – unabhängig davon, dass dieser noch der Genehmigung durch den Aufsichtsrat bedarf – als den zu veröffentlichenden Abschluss ansehen.
Tz. 8
Stand: EL 47 – ET: 06/2022
Sowohl bei Kapital- als auch Personengesellschaften kann im deutschen Gesellschaftsrecht ein IFRS-Abschluss nicht rechtswirksam festgestellt bzw. bei Personengesellschaften genehmigt werden. Das Gesetz sieht lediglich für gesetzliche IFRS-Abschlüsse eine Billigung rechtsformspezifisch entweder durch den Aufsichtsrat oder durch die Anteilseigner vor. IAS 10.6 lässt offen, welche Qualität das approval des Aufsichtsrats haben muss. Auch wenn die Billigung nicht die mit einer Feststellung verbundenen Rechtswirkungen für den IFRS-Abschluss nach sich zieht, ist für die Frage der Bestimmung des Wertaufhellungszeitraums davon auszugehen, dass Billigung mit Genehmigung (approval) im Sinne der in IAS 10.6 aufgeführten Fallkonstellation gleichzusetzen ist. Damit ist auch im deutschen Rechtskreis der Zeitpunkt zur Freigabe des Abschlusses durch das Management zur Weiterleitung an den Aufsichtsrat als Ende des Wertaufhellungszeitraums maßgebend (zur Konkretisierung vgl. Tz. 14ff.). Dies gilt uE indes nicht, wenn sich die Kompetenz des Aufsichtsrats lediglich auf die Prüfung (nicht aber auf die Billigung) oder gar nur auf die Kenntnisnahme erstreckt (hierzu vgl. Tz. 12).
Tz. 9
Stand: EL 47 – ET: 06/2022
Eine Billigung eines gesetzlichen IFRS-Abschlusses durch den Aufsichtsrat ist bei Aktiengesellschaften gem. § 171 Abs. 4 iVm. Abs. 2 Satz 4 u. 5 AktG für einen IFRS-Konzernabschluss iSv. § 315e HGB sowie für einen zum Zwecke der Offenlegung aufgestellten IFRS-Einzelabschluss iSv. § 325 Abs. 2a HGB vorgesehen. Damit ist bei einer AG auf den Zeitpunkt der Freigabe des Abschlusses durch den Vorstand zur Weiterleitung an den Aufsichtsrat als Ende des Wertaufhellungszeitraums abzustellen (zur Konkretisierung vgl. Tz. 14ff.).
Tz. 10
Stand: EL 47 – ET: 06/2022
Soweit sich bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem Aufsichtsrat nach den gesellschaftsvertraglichen Regelungen die Kompetenz des Aufsichtsrats auch auf die Billigung des Abschlusses erstreckt, gilt diesbezüglich das Gleiche wie bei der AG (vgl. Tz. 14ff.).
2. Genehmigung des Abschlusses durch die Anteilseigner
Tz. 11
Stand: EL 47 – ET: 06/2022
In einigen Jurisdiktionen ist der Abschluss von den Anteilseignern zu genehmigen, nachdem dieser bereits veröffentlicht wurde. Hier markiert der ursprüngliche ...