Prof. Dr. Andreas Barckow, Jens Berger
Tz. 1
Stand: EL 52 – ET: 02/2024
Die IFRS-Rechnungslegung für Finanzinstrumente ist gegenwärtig in vier Standards und drei Interpretationen kodifiziert. Dabei handelt es sich um
- IAS 32 Financial Instruments: Presentation,
- IAS 39 Financial Instruments: Recognition and Measurement,
- IFRS 7 Financial Instruments: Disclosures und
- IFRS 9 Financial Instruments.
sowie die Interpretationen
- IFRIC 2 Members’ Shares in Co-operative Entities and Similar Instruments,
- IFRIC 16 Hedges of a Net Investment in a Foreign Operation und
- IFRIC 19 Extinguishing Financial Liabilities with Equity Instruments.
Tz. 1a
Stand: EL 52 – ET: 02/2024
Mit dem Inkrafttreten von IFRS 9 zum 1. Januar 2018 wurde IAS 39 weitgehend außer Kraft gesetzt. In IAS 39 waren bis zu diesem Zeitpunkt Regelungen zum Ansatz sowie zur Erst- und Folgebewertung von Finanzinstrumenten enthalten. Das schließt die Regelungen zur Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen ein, mit denen unter bestimmten Voraussetzungen von den ansonsten geltenden Ansatz- und Bewertungsvorschriften abgewichen werden darf. Diese Vorschriften zur Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen (hedge accounting) in IAS 39 bestehen, bis eine dauerhafte Lösung für das Problemfeld der bilanziellen Abbildung dynamischer Sicherungsstrategien gefunden wurde, vorerst parallel zu denen in IFRS 9 fort – wenn auch nur als Methodenwahlrecht. Ansonsten richtet sich die Bilanzierung und Bewertung von Finanzinstrumenten nun nach IFRS 9. Die Interpretation IFRIC 9 ging mit dem Inkrafttreten von IFRS 9 ebenfalls unter, da die Regelungen in IFRS 9 aufgenommen wurden (vgl. IFRS 9.BC4.98). Die Interpretation IFRIC 10 besteht zwar weiterhin fort, die Regelungen sind jedoch nicht mehr auf Finanzinstrumente anwendbar (vgl. IFRIC 10.14).
Tz. 2
Stand: EL 52 – ET: 02/2024
(einstweilen frei)
Tz. 2a
Stand: EL 52 – ET: 02/2024
Im Zuge der Entwicklung von IFRS 9 hat der IASB beschlossen, die existierenden Regelungen zur Bilanzierung von Portfolioabsicherungen von Festzinsrisiken aus IAS 39 vorerst weiterhin aufrecht zu erhalten – allerdings nicht qua Übernahme in IFRS 9, sondern in der Vorgängerregelung IAS 39 (vgl. IFRS 9.BC6.84ff.). Vordergründig lässt sich dieses Vorgehen damit erklären, dass der International Accounting Standards Board (IASB) in IFRS 9 eine gegenüber IAS 39 geänderte Logik der Grundnormen zur Anwendung kommen lässt, die sich mit dem geschlossenen Regelungskreis zur Portfolioabsicherung nur schwerlich vereinbaren lässt. Es schien dem Board daher einfacher, diese entsprechenden Passagen nicht in den neuen Standard zu übernehmen, wo sie den allgemeinen Prinzipien unterworfen wären, sondern sie (vorerst) in IAS 39 zu belassen (vgl. IFRS 9.BC6.92). Ein weiterer, eher politischer Grund mag darin liegen, dass die Vorschriften zur Portfolioabsicherung in der Europäischen Union nicht uneingeschränkt übernommen wurden, sondern eine Modifizierung erfuhren (sog. Carve Out). Der IASB wollte den neu entwickelten Standard nachvollziehbar nicht dem Risiko aussetzen, dass die gleiche Modifizierung möglicherweise auch IFRS 9 treffen würde. Also entschloss man sich, den Teilabschnitt in IAS 39 zu belassen und Unternehmen stattdessen ein offenes Wahlrecht einzuräumen, die bestehenden Vorschriften ergänzend zu den Regelungen in IFRS 9 anwenden zu dürfen (vgl. IFRS 9.6.1.3 und IAS 39.71).
Tz. 2b
Stand: EL 52 – ET: 02/2024
Neben der Aufrechterhaltung der Sicherungsbilanzierung für Portfolien hat der IASB ferner ein Methodenwahlrecht eingeräumt und Bilanzierern die Wahl gelassen, entweder die Regelungen in IAS 39 oder in IFRS 9 für die Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen heranzuziehen (jeweils in toto; vgl. IFRS 9.7.2.21, IAS 39.71 und IFRS 9.BC6.104). Die Ausübung dieses Wahlrechts gilt – mit Ausnahme der vorstehend genannten und getrennt nutzbaren Portfoliosicherung – für alle Sicherungsbeziehungen und kann nicht für jede Absicherung neu ausgeübt werden. Ursächlich für diese Regelung war der Umstand, dass man (a) Bilanzierern nicht zumuten wollte, binnen (vermeintlich!) kurzer Frist etwaige Makroabsicherungen abermals einer andersartigen Bilanzierung unterziehen zu müssen und (b) Bestimmungen in den Umsetzungsleitlinien von IAS 39 interimistisch aufrechterhalten wollte, die es Bilanzierern ermöglichen, dynamische Sicherungen "virtuell" abzubilden. Da IFRS 9 für die Nutzung der Sicherungsbilanzierung den Nachweis verlangt, dass die Bilanzierung im Einklang mit der tatsächlichen Sicherungsstrategie steht, wurden diese Passagen nicht in den neuen Standard überführt. Es steht zu vermuten, dass der IASB die vorstehenden Entscheidungen auch in diesem Fall bewusst getroffen hat, um das Risiko eines möglicherweise weitergehenden Carve-outs an IFRS 9 zu vermeiden. Damit bleibt IAS 39 auch nach dem Inkrafttreten von IFRS 9 zumindest als Rumpfstandard einstweilen (in Teilen) weiterhin bestehen.
Tz. 2c
Stand: EL 52 – ET: 02/2024
Aus Sicht eines Standardsetzers kann dieses Vorgehen – so nachvollziehbar es angesichts der politischen Umstände auch ...