Prof. Dr. Isabel von Keitz, Prof. Dr. Peter Wollmert
Tz. 135
Stand: EL 44 – ET: 06/2021
IAS 37.84–92 regelt die Anhangangaben für Rückstellungen, Eventualverbindlichkeiten und Eventualforderungen. Für Rückstellungen und Eventualverbindlichkeiten beziehen sich die Angaben jeweils auf sog. Gruppen (classes). Zur Bestimmung einer solchen Gruppe ist nach IAS 37.87 darauf zu achten, dass die betroffenen Rückstellungen, Eventualverbindlichkeiten und Eventualforderungen hinsichtlich der geforderten Art der Angaben in ausreichendem Maße übereinstimmen. In diesem Zusammenhang erscheint eine Unterteilung in Abhängigkeit des zugrunde liegenden Sachverhalts sachgerecht.
Nach IAS 37.84 sind für jede Gruppe von Rückstellungen die folgenden Angaben zu machen:
- der Buchwert zu Beginn und zum Ende der Berichtsperiode;
- zusätzliche, in der Berichtsperiode gebildete Rückstellungen, einschließlich der Erhöhung von bestehenden Rückstellungen;
- während der Berichtsperiode verwendete (dh. entstandene und gegen die Rückstellung verrechnete) Beträge;
- nicht verwendete Beträge, die während der Berichtsperiode aufgelöst wurden, und
- die Erhöhung des während der Berichtsperiode aufgrund des Zeitablaufs abgezinsten Betrags und die Auswirkungen von Änderungen des Abzinsungssatzes.
Tz. 136
Stand: EL 44 – ET: 06/2021
Ziel dieser Angaben ist es, die Entwicklung der einzelnen Gruppen von Rückstellungen im Geschäftsjahr zu dokumentieren. Zur Erfüllung der Angabepflichten eignet sich ein Rückstellungsspiegel (glA ADS Int 2002, Abschn. 18, Tz. 266; Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg (Hrsg.), 18. Aufl., 2020, § 21, Tz. 180). Im Rahmen des Rückstellungsspiegels sind die kurz- und langfristigen Bestandteile der Rückstellungen zusammenzuführen. Eine Gruppe von Rückstellungen iSv. IAS 37.84 sind sachverwandte Rückstellungen (zB Personalrückstellungen; vertriebsbezogene Rückstellungen) nicht hingegen Rückstellungen bzw. Rückstellungsteile, die nur in ihrer Fristigkeit verwandt sind. Nach dem IAS 37.87 zu entnehmenden Beispiel kann es angebracht sein, Beträge für Gewährleistungen für unterschiedliche Produkte als eine Rückstellungsgruppe zu behandeln; nicht angebracht wäre indes, Beträge für Gewährleistungsrückstellungen mit solchen zu einer Gruppe zusammenzufassen, die durch einen Rechtsstreit geklärt werden müssen. Bezogen auf den Fall der Restrukturierungsrückstellungen würde dieses Beispiel nahelegen, dass im Falle der Wesentlichkeit der Beträge die einzelnen Kostenkomponenten wie Aufwendungen für Personalabbau oder Vertragsbeendigungskosten jeweils als eigene Gruppe auszuweisen sein können (vgl. Ernst & Young (Hrsg.), 2020, S. 1914). Auch wenn IAS 37.84ff. die Pflicht zur Angabe von Anhangangaben nicht explizit auf die wesentlichen Gruppen von Rückstellungen bzw. Eventualverbindlichkeiten beschränkt, ergibt sich dies allgemein aus dem Grundsatz der Wesentlichkeit (materiality, F.2.11 (2018) und IAS 1.29ff.).
Tz. 137
Stand: EL 44 – ET: 06/2021
Für diese Anhangangaben sind keine Vergleichsinformationen erforderlich (IAS 37.84). Unter Vergleichsinformationen fasst IAS 1.38ff. sowohl die Angabe von Vorjahreszahlen (IAS 1.38) als auch Angaben zur Vergleichbarkeit des Abschlusses bei einer Änderung von Darstellung oder Struktur von Abschlussposten (zB der Abgrenzung der Gruppen von Rückstellungen, über die einzeln zu berichten ist) gegenüber dem Vorjahr (IAS 1.41) zusammen.
Ferner sind für jede Gruppe von Rückstellungen die folgenden Angaben zu machen (IAS 37.85):
- eine kurze Beschreibung der Art der Verpflichtung sowie der erwarteten Fälligkeiten der Abflüsse von Ressourcen mit wirtschaftlichem Nutzen;
- die Angabe von Unsicherheiten hinsichtlich des Betrags oder der Fälligkeiten dieser Abflüsse. Soweit es für die Vermittlung aussagekräftiger Informationen erforderlich ist, hat ein Unternehmen hierbei die wesentlichen Annahmen über künftige Ereignisse nach IAS 37.48 anzugeben, und
- die Höhe aller erwarteten Erstattungen unter Angabe der Höhe der Vermögenswerte, die für die jeweils erwartete Erstattung angesetzt wurden.
Tz. 138
Stand: EL 44 – ET: 06/2021
Zu den erläuterungspflichtigen wesentlichen Annahmen können zB Einschätzungen künftiger Marktpreise, Devisenkurse oder Zinssätze sowie Prozessaussichten gehören (vgl. ADS Int 2002, Abschn. 18, Tz. 268). Nicht explizit verlangt ist die Angabe des Zinssatzes, mit dem zum Barwert bilanzierte Rückstellungen berechnet wurden (vgl. Ernst & Young (Hrsg.) 2020, S. 1911). Aus IAS 37 Anh. D, Bsp. 2 (Stilllegungsverpflichtungen) wird indes ersichtlich, dass diese Angabe notwendig sein kann (vgl. ADS Int 2002, Abschn. 18, Tz. 269).
Tz. 139
Stand: EL 44 – ET: 06/2021
Wenn aus einem Sachverhalt sowohl eine Rückstellung als auch eine Eventualverbindlichkeit entsteht, haben die nach IAS 37.84ff. erforderlichen Angaben in der Art und Weise zu erfolgen, dass der Zusammenhang zwischen der Rückstellung und der Eventualverbindlichkeit aufgezeigt wird (IAS 37.88). Dieser Fall kann zB eintreten, wenn im Falle einer Rechtsstreitigkeit, der das bilanzierende Unternehmen ausgesetzt ist, nur ein Teil der ...