Gregor A. Bartle, Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Otto H. Jacobs
1. Anschaffungskosten
a. Begriff der Anschaffungskosten
Tz. 32
Stand: EL 45 - ET: 11/2021
Nach den IFRS sind die Anschaffungskosten der zum Erwerb eines Vermögenswertes entrichtete Betrag an Zahlungsmitteln oder Zahlungsmitteläquivalenten oder der beizulegende Zeitwert einer anderen Entgeltform zum Zeitpunkt des Erwerbs (vgl. IAS 16.6, IAS 38.8). Konkretisiert wird der Anschaffungskostenbegriff von Vorräten in IAS 2.10. Danach sind alle Kosten des Erwerbs sowie sonstige Kosten einzubeziehen, die angefallen sind, um die Vorräte an ihren derzeitigen Ort und in ihren derzeitigen Zustand zu versetzen. Darüber hinaus werden einzelne konkrete Bestandteile der Anschaffungskosten in IAS 2.11 exemplarisch aufgeführt.
b. Umfang der Anschaffungskosten
Tz. 33
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In den Anschaffungskosten eines Vermögenswerts des Vorratsvermögens sind folgende Komponenten enthalten (IAS 2.11 u. 15ff.):
|
Anschaffungspreis |
+ |
Anschaffungsnebenkosten |
– |
Anschaffungspreisminderungen |
+ |
sonstige Kosten |
= |
Anschaffungskosten |
Tz. 34
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Der Anschaffungspreis umfasst idR den Kaufpreis oder Rechnungsbetrag ohne Vorsteuer, soweit der Erwerber vorsteuerabzugsberechtigt ist. Wurden mehrere, unterschiedliche Gruppen von Vermögenswerten zu einem Einheitspreis erworben, ist der jeweilig zuzurechnende Anschaffungspreis anhand des Verhältnisses der beizulegenden Zeitwerte zu bestimmen (vgl. ADS Int 2002, Abschn. 15, Tz. 39).
Beispiel:
Das Chemieunternehmen A erwirbt von seinem Zulieferer jeweils 10 ME Kalium und Magnesium zu einem Paketpreis von insgesamt 90 GE. Der Markpreis für 1 ME Kalium liegt bei 6 GE, für Magnesium bei 4 GE. Zu Marktbedingungen wären für den Erwerb 100 GE angefallen. Es wurde damit ein Mengenrabatt iHv. 10 % gewährt. Das Verhältnis der beizulegenden Zeitwerte beträgt 3:2. Im Rahmen der Vorratsbewertung wird das Unternehmen A das Kalium zu 54 GE und das Magnesium zu 36 GE ansetzen.
Tz. 35
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Falls einem Erwerb ein ungewöhnlich langes Zahlungsziel zugrunde liegt und damit ein Finanzierungselement im Sinne eines Lieferantenkredites beinhaltet, ist anstatt des Kaufpreises der korrespondierende Barwert anzusetzen (IAS 2.18). Die Entscheidung, wann ein Zahlungsziel als unüblich gilt, ist sowohl von Art des Geschäftsvorfalls als auch von der Branche abhängig (vgl. ADS Int 2002, Abschn. 15, Tz. 40). Die Nichtinanspruchnahme von Skonto stellt kein Finanzierungselement iSv. IAS 2.18 dar (vgl. KPMG (Hrsg.), 2020, Tz. 3.8.160.70).
Tz. 36
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Zu den Anschaffungsnebenkosten zählen nach IAS 2.11 alle Kosten, die dem Anschaffungsvorgang direkt zurechenbar (directly attributable) und nicht notwendigerweise Einzelkosten sind. Voraussetzung für eine Aktivierung von Gemeinkosten ist das Vorhandensein einer geeigneten Schlüsselgröße, bspw. Stückzahl oder bei unterschiedlichen Arten von Vermögenswerten die korrespondierenden relativen Wertverhältnisse. Die Mindermeinung will die Anschaffungsnebenkosten dagegen vollständig auf Einzelkosten beschränkt sehen (vgl. Quick, DB 2008, S. 2207). Zu den Anschaffungsnebenkosten gehören Transportkosten, Importzölle und andere Steuern, sofern das Unternehmen keinen Anspruch auf Erstattung von einer Steuerbehörde hat. Besichtigungsreisen, bspw. zur Lieferantenvorauswahl, sind damit in Ermangelung eines direkten Bezuges grundsätzlich nicht aktivierungsfähig (vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, IFRS Kommentar, § 17, Rz. 29). Ist aber Zweck der Reise die finale Vertragsunterzeichnung mit dem Lieferanten, sind diese Kosten unter der Voraussetzung des Vorhandenseins einer geeigneten Schlüsselgröße zu aktivieren. Dasselbe gilt für gezielte Überwachungsreisen (vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, IFRS Kommentar, § 17, Rz. 29). Bei innerbetrieblichen Transporten mittels Fremdspedition, bspw. vom Auslieferungslager einer Einzelhandelskette zu ihren jeweiligen Geschäftslokalen, können Abgrenzungsschwierigkeiten insoweit bestehen, als hierbei fraglich ist, ob nichtaktivierungsfähige Vertriebskosten vorliegen oder ob der Anschaffungsvorgang erst mit der Einlagerung in die Regale der Filiale abgeschlossen ist (vgl. EY (Hrsg.), 2021, 22.3.1.3.A).
Tz. 37
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Anschaffungspreisminderungen in Form von Skonti, Rabatten und vergleichbaren Sachverhalten sind in Abzug zu bringen (IAS 2.11). Werden bspw. Rabatte allerdings nicht bei dem Erwerb von Vorräten, sondern erst im Nachgang, zB beim Erreichen eines bestimmten Ordervolumens zum Jahresende gewährt, ist zunächst fraglich, ob bzw. wann diese als Anschaffungspreisminderungen zu erfassen sind. Erscheint das Erreichen der notwendigen Voraussetzungen aufgrund von Erfahrungswerten oder aufgrund einer nachhaltig gestiegenen Nachfragesituation als wahrscheinlich, kommt es zu einem sofortigen Abzug vom Anschaffungspreis, wenn der erwartete Rabatt verlässlich ermittelt werden kann (vgl. KPMG (Hrsg.), 2020, Tz. 3.8.160.20). Ist die Inanspruchnahme von Rabatten allerdings mit Unsicherheit verbunden, werden Anschaffungspreisminderungen erst dann zum Abzug gebracht, wenn diese tatsächlich ...