Tz. 52

Stand: EL 46 – ET: 03/2022

Sofern das Modell des finanziellen Vermögenswerts nicht anwendbar ist, zB wenn der Betreiber die Gebühren direkt von den Nutzern erhält und er keinen vertraglichen Anspruch darauf hat, vom Konzessionsgeber einen Geldbetrag oder einen anderen finanziellen Vermögenswert zu erhalten, muss der Betreiber die Gegenleistung für seine Bauleistungen gem. IFRIC 12.17 als immateriellen Vermögenswert ansetzen. Wie beim Modell des finanziellen Vermögenswerts kann die Infrastruktureinrichtung keine Sachanlage des Betreibers darstellen, da sie vom Konzessionsgeber kontrolliert wird (vgl. Tz. 29). Daher stellt IFRIC 12 klar, dass das Recht eines Betreibers, von den Benutzern der öffentlichen Dienstleistungen eine Gebühr zu verlangen, zB das Recht, Mautgebühren für die Benutzung einer Straße einzunehmen, der Definition eines immateriellen Vermögenswerts entspricht, welcher nach IAS 38 anzusetzen ist. Auch Gestaltungen, bei denen die nutzungsabhängigen Zahlungen nicht durch die Benutzer selbst sondern durch den Staat geleistet werden (sog. "Schattenmaut") führen zum Ansatz eines immateriellen Vermögenswerts (vgl. Deloitte, 2021, Volume A, Chapter A35, Section 5.1f ; PwC, 2021, Tz. FAQ 34.33.2).

Gemäß IFRIC 12.19 wird die an den Betreiber zu entrichtende Gegenleistung während der Errichtungsphase als Vertragsvermögenswert erfasst und dabei gemäß IFRS 15 bewertet. Unabhängig vom Charakter des Vertragsvermögenswerts erfolgt der Ausweis auch während der Errichtungsphase gemäß IFRIC 12.IE2 unter den immateriellen Vermögenswerten (vgl. Ernst & Young, 2021, Chapter 25, Section 4.3)

 

Tz. 53

Stand: EL 46 – ET: 03/2022

Kommt das Modell des immateriellen Vermögenswerts zur Anwendung sind Fremdkapitalkosten während der Errichtungsphase gem. IFRIC 12.22 zu aktivieren. Obgleich IFRIC 12.19 während der Errichtungsphase den Ansatz eines Vertragsvermögenswerts vorsieht, sind während der Errichtungsphase anfallende Fremdkapitalkosten in Übereinstimmung mit IAS 23 als Teil des Bewertungsansatzes des Vertragsvermögenswertes anzusetzen. Im Fall, dass eine Konzessionsvereinbarung zu einer Aktivierung von sowohl einem immateriellen Vermögenswert als auch einem finanziellen Vermögenswert führt (vgl. Tz. 58) stellt sich die Frage nach der Aufteilung der Fremdkapitalkosten auf beide Vermögenswerte. Unseres Erachtens kommt hier insbesondere eine Aufteilung auf Basis der relativen beizulegenden Zeitwerte beider Vermögenswerte in Betracht, aber auch andere Aufteilungsmethoden können zu sachgerechten Ergebnissen führen (vgl. PwC, 2021,Tz. FAQ 34.48.1).

 

Tz. 54

Stand: EL 46 – ET: 03/2022

Die Erlösrealisierung in der Errichtungsphase bei der Anwendung des Modells des immateriellen Vermögenswerts basiert auf den in IFRS 15 dargestellten Grundsätzen für nicht zahlungswirksame Gegenleistungen. Gemäß IFRS 15.66f. bemisst sich der Ertrag grundsätzlich nach dem beizulegenden Zeitwert der erhaltenen Gegenleistung. Kann dieser nicht hinreichend verlässlich bestimmt werden, so bemisst sich der Ertrag nach dem Einzelveräußerungspreis der hingegebenen Dienstleistung, in diesem Fall folglich der Bauleistung. Dies führt bei Anwendung des Modells des immateriellen Vermögenswerts zu dem nicht einfach zu verstehenden Ergebnis, dass die vom Betreiber insgesamt gezeigten Umsatzerlöse höher ausfallen als die Summe der Zahlungszuflüsse, die der Betreiber insgesamt erhält. Diese Vorgehensweise ergibt sich jedoch zwangsläufig bei sämtlichenTauschgeschäften unähnlicher Vermögenswerte (vgl. PwC, 2021, Tz. FAQ 34.37.5; IFRIC 12.BC 32–35).

 

Tz. 55

Stand: EL 46 – ET: 03/2022

Das folgende Beispiel ist den Anlagen zu IFRIC 12 entnommen und stellt die Anwendung des Modells des immateriellen Vermögenswertes dar.

Beispiel 2: Das Modell des immateriellen Vermögenswerts – Erfassung der zu errichtenden Infrastruktureinrichtung (vgl. IFRIC 12.IE2)

Bedingungen der Vereinbarung: Die Bedingungen einer Dienstleistungsvereinbarung sehen vor, dass ein Betreiber eine Straße innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren errichtet und die Straße über einen Zeitraum von acht Jahren (dh. in den Jahren 3 bis 10) unter Einhaltung eines vereinbarten Standards instand hält und betreibt. Die Bedingungen der Vereinbarung schreiben außerdem vor, dass der Betreiber den Straßenbelag zu erneuern hat, wenn sich der ursprüngliche Belag unter einen bestimmten Standard verschlechtert hat. Der Betreiber schätzt, dass dies am Ende von Jahr 8 der Fall sein wird. Die Dienstleistungsvereinbarung läuft am Ende von Jahr 10 aus. Der Betreiber schätzt, dass für die Erfüllung seiner Verpflichtungen folgende Kosten anfallen werden.

Tab. 4: Auftragskosten

Gemäß den Bedingungen der Vereinbarung hat der Betreiber das Recht, von den Benutzern der Straße eine Mautgebühr zu verlangen. Der Betreiber erwartet, dass die Anzahl der Fahrzeuge während der Laufzeit der Vereinbarung konstant bleiben wird und dass er in den Jahren 3–10 Mautgebühren in Höhe von 200 EUR pro Jahr einnehmen wird.

Im vorliegenden Beispiel wird angen...

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