Tz. 43

Stand: EL 40 – ET: 02/2020

Geschäftsvorfälle sind grundsätzlich mit dem gültigen Kassakurs zum Zeitpunkt des Geschäftsvorfalls in die funktionale Währung umzurechnen (IAS 21.21f.).

Als Zeitpunkt des Geschäftsvorfalls ist der Zeitpunkt anzusehen, an dem der Geschäftsvorfall erstmals gemäß den IFRS buchhalterisch zu erfassen ist (IAS 21.22). Dies wird in Bezug auf Vermögenswerte in aller Regel der Zeitpunkt sein, zu dem Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten an dem Vermögenswert übergehen (vgl. IFRS 9.AG B3.1.1) bzw. der Ertrag aus Dienstleistungen realisiert wurde (vgl. Freiberg, PiR 2012, S. 63). Aus Vereinfachungsgründen wird es nicht zu beanstanden sein, wenn als Zeitpunkt des Geschäftsvorfalls der Zeitpunkt der Erfassung der Rechnung verwendet wird, vorausgesetzt, es kommt nicht zu wesentlichen Verzögerungen bei der Rechnungsstellung und der verwendete Wechselkurs weicht nicht wesentlich von dem Wechselkurs ab, der am tatsächlichen Zeitpunkt des Geschäftsvorfalls gegeben war (vgl. Ernst & Young, International GAAP 2019, S. 1118).

 

Tz. 43a

Stand: EL 40 – ET: 02/2020

Fraglich ist, welcher Zeitpunkt der Zeitpunkt des Geschäftsvorfalls iSv. IAS 21.22 ist, wenn die Gegenleistung bereits gezahlt oder erhalten ist und damit ein nicht monetärer Vermögenswert bzw. -verbindlichkeit in der Bilanz angesetzt wurde, bevor die dieser Transaktion zugrunde liegenden Vermögenswerte, Aufwendungen und Erträge selbst erfasst werden. IFRIC 22 regelt diesen Sachverhalt und schreibt vor, dass als Tag des Geschäftsvorfalls derjenige Tag heranzuziehen ist, an dem erstmalig ein nicht monetärer Vermögenswert oder eine nicht monetäre Verbindlichkeit für bereits geleistete oder erhaltene Anzahlungen zu erfassen ist. Der an diesem Tag gültige Umrechnungskurs ist daher für die Erfassung der zugrunde liegenden Vermögenswerte, Aufwendungen und Erträge zu verwenden, wenn gleichzeitig ein nicht monetärer Posten für bereits geleistete oder erhaltene Vorauszahlungen auszubuchen ist (vgl. IFRIC 22.8; IFRIC 22 IE4).

Dies entspricht dem sog. one-transaction-Ansatz, wonach der Zugang der geleisteten bzw. erhaltenen Anzahlung sowie die spätere Lieferung oder Leistung der zugehörigen Güter bzw. Dienstleistungen als ein gemeinsamer Geschäftsvorfall angesehen wird (vgl. Budde/Harms/Hold, IRZ 2018, S. 261). Der IFRS IC hat diesen Ansatz gegenüber dem multiple-transaction-Ansatz (Anzahlungen und Verkaufs- bzw. Anschaffungsvorgänge werden als separate Geschäftsvorfälle betrachtet) bevorzugt, weil das bilanzierende Unternehmen in Höhe der erhaltenen bzw. gezahlten Anzahlungen keinem Wechselkursrisiko mehr unterliegt (vgl. IFRIC BC22a)).

Beispiel:

Unternehmen B, dessen funktionale Währung der Euro ist, schließt am 10. Juni 2020 einen Vertrag über den Kauf von Waren mit Unternehmen A in US$ ab. Es sind folgende Zeitpunkte und Wechselkurse gegeben:

 
10. Juni 2020 Verpflichtungsgeschäft US$ 1,10  = EUR 1,00
10. Juli 2020 Gesamtpreisvorauszahlung US$ 1,15 = EUR 1,00
10. August 2020 Lieferung Ware US$ 1,20 = EUR 1,00

Der Zeitpunkt der Vorauszahlung (10. Juli 2020) liegt vor dem Zeitpunkt der Lieferung der Ware. Damit muss der Transaktionskurs vom Zeitpunkt der Vorauszahlung für die Währungsumrechnung des Warenzugangs am 10. August 2020 zugrunde gelegt werden. Ein Ansatz der Ware zum Transaktionskurs im Zeitpunkt der Lieferung ist unzulässig, es erfolgt keine erneute Umrechnung.

 

Tz. 43b

Stand: EL 40 – ET: 02/2020

Sofern die Transaktion in mehreren Stufen stattfindet, wird für jede Stufe ein Transaktionszeitpunkt festgelegt und der dann gültige Wechselkurs für die Umrechnung des entsprechenden Teils der Transaktion verwendet (vgl. IFRIC 22.9).

Beispiel:

Unternehmen B, dessen funktionale Währung der Euro ist, schließt am 10. Juni 2020 mit Unternehmen A einen Vertrag über den Verkauf von Waren in US$ ab. Es sind folgende Zeitpunkte und Wechselkurse gegeben:

 
10. Juni 2020 Verpflichtungsgeschäft US$ 1,10  = EUR 1,00
10. Juli 2020 Teilzahlung (50 %) US$ 1,15 = EUR 1,00
10. August 2020 Leistung US$ 1,20 = EUR 1,00
10. September 2020 Restzahlung (50 %) US$ 1,25 = EUR 1,00

Der Zeitpunkt der erhaltenen Anzahlung (10. Juli 2020) liegt vor dem Zeitpunkt der Leistung und damit gilt dieser Transaktionskurs für die Erfassung einer Vertragsverbindlichkeit gem. IFRS 15 106. Die Vertragsverbindlichkeit ist ein nicht monetärer Posten (vgl. IAS 21.16) und wird in nachfolgenden Perioden nicht erneut mit dem dann geltenden Wechselkurs umgerechnet. Die Leistung wird vor der Restzahlung erbracht (10. August 2020 vs. 10. September 2020). Damit ist für die noch nicht beglichenen 50 % zum Zeitpunkt der Leistungserbringung eine Forderung zum dann geltenden Wechselkurs (US$ 1,20 = EUR 1,00) zu erfassen; in entsprechender Höhe werden Umsatzerlöse realisiert. Die für die erhaltene Anzahlung passivierte Vertragsverbindlichkeit wird – ohne weitere Umrechnung – gegen die Umsatzerlöse ausgebucht. Die Umsatzhöhe bemisst sich im vorliegenden Beispiel daher zu einem Wechselkurs von 1,175 US$/EUR. Die erfasste...

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