Thomas Harzheim, Patrick Thoma
1. Grundlagen: Einheitstheorie und Sonderfall "Investmentgesellschaften"
Tz. 142
Stand: EL 48 – ET: 10/2022
Die Grundsätze für die Aufstellung von Einzel-Kapitalflussrechnungen sind auch auf Konzern-Kapitalflussrechnungen anzuwenden, dh., bei der Aufstellung von Konzern-Kapitalflussrechnungen ist iSd. Einheitstheorie von der Unterstellung auszugehen, dass alle in einen Konzernabschluss einbezogenen Unternehmen ein einziges Unternehmen wären (so ausdrücklich die Definitionen des Konzernabschlusses in IFRS 10 Appendix A und IAS 27.4). Das bedeutet, dass in einer Konzern-Kapitalflussrechnung nur diejenigen Zahlungsströme abzubilden sind, die sich im Geschäftsverkehr des Konzerns mit Konzernfremden ergeben, während konzerninterne Zahlungsströme zwischen den in den Konzernabschluss einbezogenen Unternehmen grundsätzlich zu eliminieren (konsolidieren) sind (vgl. IFRS 10.B86 (c)). Zur erstgenannten Gruppe zählen Dividenden, die an Minderheitsgesellschafter von in den Konzernabschluss einbezogenen Tochterunternehmen gezahlt werden (vgl. EY International GAAP 2022, Chapter 35.6.2). Diese Zahlungen sind entweder als Mittelabflüsse aus Finanzierungstätigkeit oder betrieblicher Tätigkeit auszuweisen (vgl. Tz. 71).
Tz. 143
Stand: EL 48 – ET: 10/2022
Eine Einschränkung erfährt die Einheitstheorie für Konzern-Kapitalflussrechnungen von Investmentgesellschaften im Sinne von IFRS 10. Sofern es sich nicht um Tochterunternehmen handelt, die Dienstleistungen im Zusammenhang mit den Kapitalanlagetätigkeiten der Investmentgesellschaft erbringen, darf die Investmentgesellschaft ihre Tochterunternehmen nicht konsolidieren oder IFRS 3 anwenden. Stattdessen hat die Investmentgesellschaft ihre Beteiligungen an den Tochterunternehmen gemäß IFRS 9 aufwands- und ertragswirksam zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten (vgl. IFRS 10.31f.). Entsprechend dieser Ausnahme von der Konsolidierung sind solche Beteiligungsunternehmen und damit ihre Cashflows nicht Teil einer fiktiven Einheit in Form des Konzerns der Investmentgesellschaft (vgl. IFRS 10.BC303). Folglich können auch Zahlungsströme zwischen der Investmentgesellschaft und einem gemäß IFRS 9 aufwands- oder ertragswirksam zu beizulegenden Zeitwert bewerteten Tochterunternehmen nicht eliminiert (konsolidiert) werden.
2. Möglichkeiten der Ableitung von Konzern-Kapitalflussrechnungen
Tz. 144
Stand: EL 48 – ET: 10/2022
Wie bei der Aufstellung von Kapitalflussrechnungen für einzelne Unternehmen können auch Konzern-Kapitalflussrechnungen sowohl originär aus den Buchhaltungen der in den Konzernabschluss einbezogenen Unternehmen als auch derivativ aus dem jeweiligen Konzernabschluss bzw. aus den Einzelabschlüssen der einbezogenen Unternehmen entwickelt werden.
Tz. 145
Stand: EL 48 – ET: 10/2022
Falls eine unternehmensübergreifende einheitliche Konzernbuchführung vorhanden ist, aus der die Zahlungsvorgänge getrennt nach internen und externen Zahlungsvorgängen abgeleitet werden können, bietet sich die originäre Aufstellung der Konzern-Kapitalflussrechnung an. Diese Vorgehensweise scheitert indes in den meisten Fällen daran, dass die Konzerne regelmäßig nicht über eine solche Konzernbuchführung verfügen (vgl. Amen, WPg 1995, S. 508; v. Wysocki, ZfbF 1995, S. 472).
Tz. 146
Stand: EL 48 – ET: 10/2022
Eine weitere Möglichkeit zur Entwicklung einer Konzern-Kapitalflussrechnung besteht darin, zunächst auf der Ebene der einzelnen, in den Konzernabschluss einbezogenen Unternehmen Einzel-Kapitalflussrechnungen zu entwickeln und die sich ergebenden Einzel-Kapitalflussrechnungen ggf. nach Umrechnung in die Berichtswährung des Konzerns anschließend zu konsolidieren, dh. zusammenzufassen und um die konzerninternen Zahlungsvorgänge zu bereinigen. Hier bestehen mehrere Möglichkeiten (vgl. ausführlich Amen, 1994, S. 112 ff.). Bei Aufstellung der Einzel-Kapitalflussrechnungen der einbezogenen Unternehmen ist es möglich (aber ungewöhnlich), diesen Kapitalflussrechnungen die nach Landesrecht und in Landeswährung aufgestellten Jahresabschlüsse (Handelsbilanzen I als Grundlage der Kapitalflussrechnung) oder aber die nach konzerneinheitlichen Grundsätzen aufgestellten Jahresabschlüsse (Handelsbilanzen II vor oder nach der Währungsumrechnung) zugrunde zu legen.
Tz. 147
Stand: EL 48 – ET: 10/2022
Schließlich können Konzern-Kapitalflussrechnungen derivativ aus der Konzernbilanz und Konzern-GuV abgeleitet werden (vgl. Häusler/Holzer, WPg 1989, S. 221).
Tz. 148
Stand: EL 48 – ET: 10/2022
Die Art der Herleitung von Konzern-Kapitalflussrechnungen wird in IAS 7 nicht konkretisiert; nur aus dem Aufbau und den Erläuterungen zu den dem Standard im Anhang A beigefügten Berechnungsbeispielen kann der Schluss gezogen werden, dass auch die derivative Ableitung der Konzern-Kapitalflussrechnung unmittelbar aus dem Konzernabschluss akzeptiert wird. In DRS 21.11 heißt es zur Frage der Herleitung von Konzern-Kapitalflussrechnungen:
"Die Kapitalflussrechnung eines Konzerns kann aus der Konzernbilanz und Konzerngewinn- und verlustrechnung unter Verwendung zusätzlicher Informationen oder durch Konsolidierung der Kapitalflussrechnungen der einbezogenen Unternehmen entwickelt werden."
3. Konzern-Kapitalflussrechnungen und Konsolidierungskreis
a. Übereinstimmung zwischen dem Konsolidierungskreis für die Konzernbilanz, die Konzern-GuV und die Konzern-Kapitalflussrechnung
Tz. 149
S...