Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Ballwieser
Tz. 26
Stand: EL 44 – ET: 06/2021
Ein Unternehmen hat sämtliche Kosten in Zusammenhang mit seinen Sachanlagen im jeweiligen Zeitpunkt ihres Anfallens zu bemessen. Diese Kosten umfassen die ursprünglichen Kosten der Anschaffung oder Herstellung und in der Folge anfallende Kosten für ihre Erweiterung, Ersatzteile oder Reparatur, die die Ansatzkriterien gem. IAS 16.7 erfüllen (IAS 16.10).
Daher werden regelmäßig anfallende Servicekosten für Vermögenswerte des Sachanlagevermögens, die diese Ansatzkriterien nicht erfüllen, nicht in deren Buchwert berücksichtigt. Sie werden vielmehr sofort als Aufwand erfasst. Solche Kosten beinhalten va. Lohn- und Materialkosten sowie uU auch kleinere Ersatzteile und sie fallen für Reparaturen und Wartung an (IAS 16.12).
Tz. 27
Stand: EL 44 – ET: 06/2021
Komponenten einiger Vermögenswerte der Sachanlagen können eines Ersatzes in regelmäßigen Zeitabständen bedürfen. Das gilt zB für einen Hochofen, der nach einer bestimmten Gebrauchszeit auszufüttern ist, oder für Flugzeugteile wie Sitze und Bordküchen. Weiterhin können bestimmte Vermögenswerte der Sachanlagen erworben werden, um weniger häufig einen solchen Teileaustausch durchführen zu müssen. Nach IAS 16.13 erfasst ein Unternehmen diese Kosten für den Austausch von Teilen im Buchwert des betroffenen Vermögenswerts im Zeitpunkt ihres Anfallens, sofern die allgemeinen Ansatzkriterien (vgl. Tz. 14) erfüllt sind. Die Buchwerte der ausgewechselten Komponenten werden in Übereinstimmung mit den Abgangsvorschriften dieses Standards (IAS 16.67–IAS 16.72 und vgl. auch Tz. 58) ausgebucht (IAS 16.13).
Tz. 28
Stand: EL 44 – ET: 06/2021
Eine Bedingung für die kontinuierliche Nutzung bestimmter Vermögenswerte des Sachanlagevermögens könnte die regelmäßige Durchführung von Generalinspektionen sein (zB bei Flugzeugen) und zwar unabhängig davon, ob Teile der Anlage ausgetauscht werden oder nicht. Die Kosten solcher Generalinspektionen sind als Ersatz (der vorherigen Inspektion) im Buchwert des Vermögenswertes zu berücksichtigen, sofern die Ansatzkriterien von IAS 16.7 erfüllt sind. Ein verbliebener Buchwert der vergangenen Inspektion ist auszubuchen. Dies geschieht unabhängig davon, ob die Kosten der vergangenen Inspektion in der Transaktion, in der der Gegenstand gekauft oder erstellt wurde, identifiziert worden waren. Falls nötig, können die erwarteten Kosten einer künftigen vergleichbaren Inspektion als Indikator dafür herangezogen werden, wie hoch die Kosten der angesetzten Inspektionskomponente im Zeitpunkt des Kaufs oder der Herstellung waren (IAS 16.14).
Tz. 28a
Stand: EL 44 – ET: 06/2021
Insgesamt zeigen diese Vorschriften, dass IAS 16 darauf abzielt, sämtliche Kosten, denen wahrscheinliche künftige wirtschaftliche Nutzenzuflüsse zugerechnet werden können, unter Beachtung des Komponentenansatzes zu aktivieren. Damit sind die Ansatz- und Bewertungsregeln für erstmalige und nachträgliche Anschaffungs- und Herstellungskosten weitgehend vergleichbar (so auch Nommensen, in: Beck IFRS-Handbuch, 6. Aufl., 2020, § 5. Sachanlagen, Tz. 86). Dies steht im Kontrast zu den Regelungen des § 255 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz HGB, die für die Abgrenzung aktivierbarer nachträglicher Herstellungskosten eines Vermögensgegenstandes vom gewinnwirksamen Erhaltungsaufwand auf die Erweiterung bzw. die wesentliche Verbesserung über den ursprünglichen Zustand hinaus abstellen und deren Konkretisierung stark von der steuerlichen Rechtsprechungskasuistik geprägt ist. Beide Tatbestände beziehen sich darüber hinaus dem Wortlaut nach auf den Vermögensgegenstand als Ganzes (vgl. zB auch die Ausführungen bei Schubert/Hutzler, Beck Bil.-Komm., 12. Aufl., 2020, § 255 HGB, Tz. 375–390 und Tz. 392). Es liegt daher nahe zu vermuten, dass der Komponentenansatz im Gegensatz zu IAS 16 keine Rolle spielt. Die Berechtigung dieser Vermutung wird unten (vgl. Tz. 40b) diskutiert.
Tz. 28b
Stand: EL 44 – ET: 06/2021
IAS 16 besitzt eine Regelungslücke im Hinblick auf bedingte Gegenleistungen. Diese sind lediglich für Unternehmenszusammenschlüsse in IFRS 3 ausdrücklich geregelt, nicht jedoch für Fälle, in denen nur einzelne Sachanlagen erworben werden. Bedingte Gegenleistungen sehen üblicherweise vor, dass der Erwerber zusätzlich zu einem bereits gezahlten Preis Vermögenswerte oder Eigenkapitalinstrumente an den Veräußerer übergeben muss, falls in Zukunft bestimmte, im Kaufvertrag beschriebene Ereignisse eintreten. Es wird kontrovers diskutiert, ob der Käufer in dieser Konstellation eine Verbindlichkeit bilanzieren muss und, falls dies bejaht wird, ob die durch Wertänderungen der bedingten Preisvereinbarung ausgelöste Veränderung der Verbindlichkeit durch eine Korrektur der Anschaffungskosten der Sachanlage erfolgsneutral ausgestaltet werden kann. Das IFRIC hat im Mai 2012 festgestellt, dass diese Frage Parallelen zur Problematik der bilanziellen Behandlung von variablen Leasingraten aufweist. Deshalb sollten potentielle Konkretisierungen des IAS 16 erst nach einem weiteren Voranschreiten der geplanten...