Dipl.-Oec. Klaus Wendlandt
Tz. 72
Stand: EL 49 – ET: 02/2023
Ein Unternehmen hat seine Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden für ähnliche Geschäftsvorfälle, sonstige Ereignisse und Umstände stetig auszuwählen und anzuwenden, es sei denn, ein Standard oder eine Interpretation erlaubt bzw. schreibt die Kategorisierung von Sachverhalten vor, für die andere Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden zutreffend sind. Sofern ein Standard oder eine Interpretation eine derartige Kategorisierung vorschreibt oder erlaubt, ist eine geeignete Bilanzierungs- und Bewertungsmethode auszuwählen und stetig für jede Kategorie anzuwenden (IAS 8.13).
Tz. 73
Stand: EL 49 – ET: 02/2023
Die Stetigkeit bezieht sich nicht nur auf Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden im engeren Sinne, sondern auch auf angewendete Schätzverfahren, wie zB die Wahl von Abschreibungsmethoden, Verfahren zur Bemessung von Rückstellungen oder zur Ermittlung von Wertberichtigungen. Ebenfalls gilt das Stetigkeitsgebot für die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe (wie zB der überwiegende Teil der Nutzungsdauer in IAS 16.63c) oder die Auslegung der Termini remote und virtually certain in IAS 37) und sonstiger Ermessensentscheidungen (zB die Abgrenzung der Forschungs- von Entwicklungskosten gem. IAS 38; vgl. hierzu auch Knobloch/Krauß, KoR 2017, S. 205f.).
Tz. 74
Stand: EL 49 – ET: 02/2023
Bei der Stetigkeit ist nach IFRS zwischen sachlicher und zeitlicher Stetigkeit zu differenzieren (vgl. CF 2.26 sowie Knobloch/Krauß, KoR 2017, S. 201). Die zeitliche Stetigkeit wird aus dem Grundsatz der intertemporalen Vergleichbarkeit von Abschlüssen abgeleitet. Adressaten müssen in der Lage sein, die Abschlüsse eines Unternehmens im Zeitablauf vergleichen zu können, um Entwicklungen in der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie des Cashflows zu erkennen. Insofern sind grundsätzlich von einer Periode auf die nächste stets die gleichen Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden anzuwenden (vgl. IAS 8.15).
Nach der sachlichen Stetigkeit sind Rechnungslegungsmethoden grundsätzlich stetig auf ähnliche, dh. art- und funktionsgleiche Geschäftsvorfälle, Ereignisse und Umstände zu ermitteln (vgl. Achleitner/Wollmert, WPg 2005, S. 245, ADS Int 2002, Abschn. 1, Tz. 85). Damit wurde die vormals in SIC-18 enthaltene Regelung in IAS 8 integriert.
Tz. 75
Stand: EL 49 – ET: 02/2023
Eine Ausnahme zur sachlichen Stetigkeit ist dann gegeben, wenn ein Standard oder eine Interpretation eine andere Bilanzierungs- und Bewertungsmethode für eine bestimmte Kategorie von Geschäftsvorfällen, Ereignissen und Bedingungen explizit vorsieht. Folglich müssen Spezialregelungen als Ausnahme zur Grundsatzregelung explizit vorgesehen sein. Beispiele hierfür sind in Bezug auf Sachanlagen die Sondervorschriften für als Finanzinvestition gehaltene Immobilien (IAS 40) und langfristige Vermögenswerte, die zur Veräußerung gehalten werden (IFRS 5); darüber hinaus ist es im Rahmen der Umstellung auf IFRS möglich, für beliebig ausgewählte einzelne Sachanlagen den sog. Deemed Cost Approach gem. IFRS 1.18 iVm. IFRS 1 Anhang D5 anzuwenden, während die IFRS-Regelungen für andere Sachanlagen retrospektiv angewendet werden.