Gregor A. Bartle, Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Otto H. Jacobs
Tz. 7
Stand: EL 45 - ET: 11/2021
In den Anwendungsbereich von IAS 2 (IAS 2.2ff.) fallen zunächst grundsätzlich alle Vermögenswerte, welche die Vorratsdefinition des Standards erfüllen (vgl. Tz. 12ff.).
Tz. 8
Stand: EL 45 - ET: 11/2021
Für bestimmte Fallgruppen gelten Ausnahmen zu den Bewertungsvorschriften des IAS 2. In diesen Fällen gehen spezielle Bewertungsvorschriften den allgemeinen Bewertungsvorschriften des IAS 2 vor. Alle anderen Vorschriften des IAS 2, insbesondere die Angabepflichten, sind indes unverändert anzuwenden. Die Ausnahmeregelung gilt für folgende Vermögenswerte:
- Vorräte von Erzeugern land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, landwirtschaftlichen Produktionen nach der Ernte sowie Mineralien und mineralische Stoffe, jeweils insoweit diese branchenüblich zum Nettoveräußerungspreis bewertet werden (IAS 2.3 (a)).
- Vorräte von Warenmaklern/-Händlern, soweit diese mit dem beizulegenden Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten bewertet werden (IAS 2.3 (b)).
Tz. 9
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Gem. IAS 41.1ff. unterliegen landwirtschaftliche Erzeugnisse (zB Obst, Milch, Baumstämme) bis zum Zeitpunkt der Ernte den Bilanzierungsnormen von IAS 41. Erfüllen diese nach dem Zeitpunkt der Ernte die Vorratsdefinition, sind sie von dem System der Bewertung zu historischen Anschaffungs-bzw. Herstellungskosten des IAS 2 ausgenommen, wenn das Unternehmen diese in Übereinstimmung mit einer gut eingeführten Branchenpraxis mit dem Nettoveräußerungswert (vgl. Tz. 25ff.) bewertet, bspw. weil ihr Verkauf durch ein Termingeschäft oder eine staatliche Garantie gesichert ist bzw. ein aktiver Markt besteht, bei dem das Risiko der Unverkäuflichkeit vernachlässigt werden kann. Dasselbe gilt für Mineralien und mineralische Stoffe (zB Kohle, Erdöl). Offen bleibt die Frage, ob zur Identifizierung der Branchenpraxis ein nationaler oder internationaler Vergleichsmaßstab heranzuziehen ist. Um dem Erfordernis einer Vergleichbarkeit eines IFRS-Abschlusses zu genügen, ist zu fordern, dass das Unternehmen hierbei die wichtigsten, weltweiten Absatzmärkte heranzuziehen hat.
Tz. 10
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Die zweite Ausnahme im Rahmen der Bewertungsvorschriften betrifft Vorräte, die von Warenmaklern bzw. -händlern intern zum beizulegenden Zeitwert (vgl. Tz. 27ff.) abzüglich Veräußerungskosten bewertet werden und im Wesentlichen mit der Zielsetzung erworben wurden, aus Marktpreisschwankungen oder aus der Marge kurzfristig Gewinn zu erzielen. Unter Maklern/Händlern versteht IAS 2 Unternehmen, die Waren für andere oder auf eigene Rechnung kaufen oder verkaufen (IAS 2.5). Typische Märkte sind bspw. Warenterminbörsen wie die Chicago Board of Trade, an denen große Mengen von Handelswaren und Rohstoffen gehandelt werden, die in Bezug auf Menge und Qualität einheitliche Standards erfüllen. Ein aktiver Markt wird von IAS 2 nicht als Voraussetzung genannt, könnte jedoch hierbei implizit gefordert sein (vgl. v. Keitz, in: Thiele/v. Keitz/Brücks (Hrsg.), Internationales Bilanzrecht, IAS 2, Rz. 123). Bei Warentermingeschäften ist allerdings zu prüfen, ob die Vorschriften des IFRS 9 vorrangig anzuwenden sind. Weiterhin ist fraglich, ob der Ausnahmetatbestand des IAS 2.3 (b) über den Wortlaut hinaus auch an eine gut eingeführte Branchenpraxis zu knüpfen ist. Dies wird teilweise bejaht (vgl. v. Keitz, in: Thiele/v. Keitz/Brücks (Hrsg.), Internationales Bilanzrecht, IAS 2, Rz. 123).
Für Zwecke der Folgebewertung gilt, dass Wertänderungen von Vorräten nach IAS 2.3 (a) bzw. (b) erfolgswirksam in derjenigen Berichtsperiode zu erfassen sind, in der sie erfolgen.
Tz. 11
Stand: EL 45 - ET: 11/2021
Zuletzt sind bestimmte Arten von Vermögenswerten vollständig aus dem Anwendungsbereich des IAS 2 ausgeschlossen, da diese in den Regelungsbereich anderer Standards fallen. Die nicht durch IAS 2 behandelten Sachverhalte sind im Einzelnen:
- Finanzinstrumente: Die bilanzielle Behandlung von Finanzinstrumenten wird von IAS 32 Financial Instruments: Presentation und IAS 39 Financial Instruments: Recognition and Measurement bzw. IFRS 9 Financial Instruments vorgeschrieben (vgl. IFRS-Komm., Teil B, IAS 32 bzw. IFRS-Komm., Teil B, IAS 39).
- Biologische Vermögenswerte und landwirtschaftliche Erzeugnisse zum Zeitpunkt der Ernte, wenn sie mit einer landwirtschaftlichen Tätigkeit im Zusammenhang stehen. Deren Behandlung ist in IAS 41 Agriculture geregelt (vgl. IFRS-Komm., Teil B, IAS 41).