Dr. Stefan M. Schreiber, Prof. Dr. Dirk Simons
1. Anknüpfung an den Wert der erhaltenen Leistung oder der hingegebenen Eigenkapitalinstrumente
a. Direkte Bewertung (Wert der erhaltenen Leistung)
Tz. 53
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Es gilt der Grundsatz, dass die Vergütung nach Höhe der vom bilanzierenden Unternehmen empfangenen Leistung (Güter oder Dienstleistungen) bemessen wird. Mithin wird eine Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung unterstellt. Diese Vorgehensweise wird als "direkte Bewertung" bezeichnet (IFRS 2.10). Zudem gilt bei Transaktionen mit Nicht-Arbeitnehmern die widerlegbare Vermutung, dass der beizulegende Zeitwert auch zuverlässig ermittelt werden kann (IFRS 2.13); eine Ausnahme erfährt die in IFRS 2.13 formulierte Vermutung jedoch im Falle nicht identifizierbarer Güter oder Dienstleistungen (vgl. Tz. 8ff. u. 57).
Tz. 54
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
IFRS 2.IG6f. enthalten zur direkten Bewertung wichtige Konkretisierungen: Zunächst wird dort der Fall angesprochen, dass die Güter und Dienstleistungen zu mehreren verschiedenen Zeitpunkten bezogen bzw. empfangen werden. Es bleibt dann bei dem allgemeinen Grundsatz, zu dem jeweiligen Zeitpunkt, an dem das Unternehmen die Leistung erhält, eine Bewertung vorzunehmen, sodass folglich je nach Anzahl der Leistungsbezüge entsprechend häufig eine Bewertung durchzuführen ist. Die praktische Bedeutung dieser Vorgehensweise dürfte jedoch gering sein, da vielfach zwischen den einzelnen Zeitpunkten keine bedeutsamen Wertschwankungen zu verzeichnen sein werden (vgl. auch EY, International GAAP 2022, Kap. 29, Abschn. 5.4). Abweichend vom oben beschriebenen Grundsatz lässt der IASB in seinen weiteren Ausführungen in bestimmten Fällen auch Näherungsverfahren zu. So ist für den Fall, dass ein Unternehmen über einen Zeitraum von drei Monaten fortwährend Leistungen bezieht, eine Durchschnittsbewertung unter der Voraussetzung nur unwesentlicher Kursschwankungen statthaft.
b. Indirekte Bewertung (Wert der hingegebenen Eigenkapitalinstrumente)
aa. Beizulegender Zeitwert
Tz. 55
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Bei dem mit Abstand bedeutendsten Fall der anteilsbasierten Vergütung – der Vergütung von Mitarbeitern – stößt das Konzept der "direkten Bewertung" naturgemäß an seine Grenzen und IFRS 2 schreibt hier deshalb eine indirekte Bewertung, dh. eine Bewertung der hingegebenen Eigenkapitalinstrumente, vor (IFRS 2.11). Auch bei Transaktionen mit Personen, die nicht unter die Mitarbeiter-Definition von IFRS 2 fallen, ist die indirekte Bewertung geboten, falls die oa. (vgl. Tz. 53) Vermutung (ausnahmsweise) widerlegt wird (IFRS 2.13).
Tz. 56
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Für Zwecke des IFRS 2 ist es demnach erforderlich, zwischen Arbeitnehmern und anderen (Nicht-Arbeitnehmern) zu differenzieren. IFRS 2 löst sich dabei teilweise von juristischen (nationalen) Begriffsbestimmungen (vgl. Tz. 35) und spricht von "Mitarbeitern und anderen, die ähnliche Leistungen erbringen" (employees and others providing similar services). Diese Definition hat zur Folge, dass bspw. Leistungen, die ein IT-Beratungsunternehmen gegen anteilsbasierte Vergütung erbringt, uU als Arbeitnehmerleistungen für den Auftraggeber zu qualifizieren sind, sofern die betreffende Arbeitsleistung auch unternehmensintern erbracht werden könnte; das wäre zB offenkundig der Fall, falls das IT-Unternehmen einige seiner Mitarbeiter bereitstellt, welche die unternehmensinterne IT-Abteilung bei einem bestimmten Projekt unterstützen (vgl. EY, International GAAP 2022, Kap. 29, Abschn. 5.2.1).
Tz. 57
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Ein weiterer Anwendungsfall der indirekten Bewertung besteht dann, wenn nicht identifizierbare Güter oder Dienstleistungen erworben werden (vgl. Tz. 8). Der Wert der nicht identifizierbaren Güter oder Dienstleistungen ermittelt sich als Unterschiedsbetrag zwischen dem beizulegenden Zeitwert der Eigenkapitalinstrumente und dem (direkt ermittelten) beizulegenden Zeitwert etwaiger identifizierbarer Güter oder Dienstleistungen, sofern solche zusätzlich neben den nicht identifizierbaren Gütern oder Dienstleistungen erworben werden (IFRS 2.13A). Mithin werden die nicht identifizierbaren Güter oder Dienstleistungen indirekt bewertet, weil es des Rückgriffs auf den Wert der hingegebenen Eigenkapitalinstrumente bedarf.
bb. Innerer Wert
Tz. 58
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Sollte der beizulegende Zeitwert der gewährten Eigenkapitalinstrumente ausnahmsweise nicht zuverlässig ermittelbar sein, erfolgt die Bewertung zum inneren Wert (IFRS 2.24). Zunächst dürfte dabei vor allem an Optionen auf den Erwerb nicht börsennotierter Anteile gedacht sein, weil in diesem Fall Volatilitäten mangels historischer Daten nicht ohne weiteres ermittelbar sind (IFRS 2.B27ff.; s. a. IFRS 2.BC137ff.). Gleichwohl wird dieses Problem üblicherweise als durchaus lösbar betrachtet (IFRS 2.BC140), sodass ein beizulegender Zeitwert aus Sicht des IASB regelmäßig auch in diesem Fall als ermittelbar gilt. Der Rückgriff auf den inneren Wert als Substitut für den beizulegenden Zeitwert wird somit nur in ganz seltenen Ausnahmesituationen – dh. bei ungewöhnlichen oder komplexen Ausgestaltungen (IFRS 2.BC195) – notwendig und zulässig sein (IFRS 2.BC199). Folglich ist die Ausnahmeregelung äußerst restriktiv auszulegen, zumal uE schon grundsätzlich zweifelhaft ist, ob sich...