Prof. Dr. Sven Hayn, Dr. Thomas Ströher
Tz. 105
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Die Identifizierung des erwerbenden Unternehmens stellt den ersten Schritt der Erwerbsmethode dar. Dieser Schritt ist für die Anwendung der Erwerbsmethode von großer Bedeutung, da aus Sicht des erwerbenden Unternehmens die Erwerbsmethode anzuwenden ist (IFRS 3.BC25). Für jeden Unternehmenszusammenschluss ist zwingend ein Erwerber zu identifizieren (IFRS 3.6 iVm. BC82).
Tz. 106
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Die Identifizierung des erwerbenden Unternehmens ist in IFRS 3.6–7 und IFRS 3.B14–B18 geregelt. Als erwerbendes Unternehmen gilt das Unternehmen, welches die Beherrschung über das andere Unternehmen bzw. den Geschäftsbetrieb erwirbt (IFRS 3.7). IFRS 3 stellt bei der Bestimmung des erwerbenden Unternehmens auf das control-Konzept ab, das auch in IFRS 10 bei der Bestimmung des Konsolidierungskreises verwendet wird und verweist auf die entsprechenden Regelungen in IFRS 10 (IFRS 3.7; vgl. IFRS-Komm., Teil B, IFRS 10, Tz. 55 ff.). Grundsätzlich ist eines der am Unternehmenszusammenschluss beteiligten Unternehmen das dominierende und fortgeführte Unternehmen und ein (oder mehrere) Unternehmen verliert (verlieren) die Beherrschung über sein (ihr) Reinvermögen und seine (ihre) geschäftlichen Aktivitäten. Das dominierende Unternehmen stellt das erwerbende Unternehmen dar, das andere Unternehmen das erworbene Unternehmen.
Tz. 107
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
(einstweilen frei)
Tz. 108
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Sofern unter Berücksichtigung der Regelungen in IFRS 10 zur Beherrschung nicht eindeutig ermittelbar ist, welches der sich zusammenschließenden Unternehmen das erwerbende Unternehmen iSd. IFRS 3 ist, verweist IFRS 3.7 auf weitere Detailregelungen in IFRS 3.B13 ff., die in diesem Fall zu berücksichtigen sind. IFRS 3 unterscheidet dabei grundsätzlich zwei Fälle:
- Unternehmenszusammenschlüsse, die iW durch den Austausch von Zahlungsmitteln oder anderen Vermögenswerten bzw. die Übernahme von Verbindlichkeiten vorgenommen werden, und
- Unternehmenszusammenschlüsse, die iW durch den Austausch von Eigenkapitalmitteln vorgenommen werden.
Tz. 109
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Bei Unternehmenszusammenschlüssen, die im Wesentlichen durch den Austausch von Zahlungsmitteln oder anderen Vermögenswerten bzw. die Übernahme von Verbindlichkeiten vorgenommen wurden, ist nach IFRS 3.B14 idR das Unternehmen das erwerbende Unternehmen, dass die Zahlungsmittel bzw. die Vermögenswerte übertragen hat bzw. die Verbindlichkeiten übernommen hat. Die Anteilseigner, die ihre Anteile gegen Bargeld abgeben, sind an den Chancen und Risiken der neuen wirtschaftlichen Einheit nicht mehr beteiligt. Sie sind sozusagen "herausgekauft" worden. Neben der Bargeldzahlung sind explizit auch andere Vermögenswerte sowie die Übernahme von Verbindlichkeiten als Gegenleistung zum Erwerb von stimmberechtigten Anteilen in IFRS.B14 erwähnt. Damit ist eine Umgehung dieses Kriteriums ausgeschlossen.
Tz. 110
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Für Unternehmenszusammenschlüsse, die im Wesentlichen durch den Austausch von Eigenkapitalinstrumenten vorgenommen wurden, enthält IFRS 3.B15 zunächst die Vermutung, dass das Eigenkapitalinstrumente ausgebende Unternehmen idR das erwerbende Unternehmen ist (zum Sonderfall des umgekehrten Unternehmenserwerbs vgl. Tz. 360 ff.). Zwar verlieren die bisherigen Anteilseigner des erworbenen Unternehmens auch in diesem Fall die Beherrschung über das erworbene Unternehmen, indem ihnen aber Anteile ausgegeben werden, sind sie künftig an den Chancen und Risiken des zusammengeschlossenen Unternehmens beteiligt. Daher enthält IFRS 3.B15 weitere Kriterien, die bei der Identifizierung des erwerbenden Unternehmens im Fall des Austauschs von Eigenkapitalinstrumenten berücksichtigt werden sollen:
- die relativen Stimmrechte am zusammengeschlossenen Unternehmen nach dem Unternehmenszusammenschluss;
- das Vorliegen eines großen Minderheitenstimmrechts am zusammengeschlossenen Unternehmen, sofern kein anderer Eigentümer oder keine Gruppe von Eigentümern einen wesentlichen Stimmrechtsanteil hält;
- die Zusammensetzung des Geschäftsführungs- und/oder Aufsichtsorgans oder eines gleichwertigen Leitungsgremiums des zusammengeschlossenen Unternehmens;
- die Zusammensetzung des Senior Management des zusammengeschlossenen Unternehmens;
- die Bedingungen des Austauschs der Eigenkapitalmittel.
Tz. 111
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Vor allem die Bestimmung, ab wann ein Anteil ohne beherrschenden Einfluss so bedeutend ist, dass er einen beherrschenden Einfluss ermöglicht, wenn kein anderer Eigentümer einen wesentlichen Stimmrechtsanteil hält, eröffnet bilanzpolitischen Spielraum bei der Ermittlung des erwerbenden Unternehmens und damit bei der Anwendung der Erwerbsmethode. Sofern nach dem Unternehmenszusammenschluss die Einflussmöglichkeiten auf das neu zusammengeschlossene Unternehmen nicht mehr gleichmäßig auf die ursprünglichen Aktionärsgruppen verteilt sind, ist das erwerbende Unternehmen idR das Unternehmen, welches die Mehrzahl der Mitglieder des Leitungsorgans des...