Prof. Dr. Andreas Barckow
Tz. 28
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
Der IASB übernimmt für IFRS 9 explizit vier Begriffsabgrenzungen aus IAS 32 (vgl. IFRS 9 Appendix A; s. dazu IFRS-Komm., Teil B, IAS 32, Tz. 9ff.). Dabei handelt es sich um die Termini
- Finanzinstrument,
- finanzieller Vermögenswert,
- finanzielle Verbindlichkeit sowie
- Eigenkapitalinstrument.
Hinzu kommen Definitionen für
Neben diesen sieben Begriffen enthält der Standard weitere 28 terminologische Abgrenzungen (vgl. IFRS 9 Appendix A). Dabei handelt es sich um die Definition von
- bestimmten Finanzinstrumenten (ie. Derivate und finanzielle Garantieverträge; dem inneren Sachzusammenhang folgend werden dabei die Regelungen zu eingebetteten Derivaten ebenfalls an dieser Stelle und nicht bei der Klassifizierung kommentiert);
- Begriffen im Zusammenhang mit den Ansatzvorschriften (Ausbuchung; normaler Kauf oder Verkauf);
- Ausdrücken im Zusammenhang mit der Klassifizierung finanzieller Vermögenswerte und Verbindlichkeiten (zu Handelszwecken gehalten; erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert zu bewertende finanzielle Verbindlichkeiten; Zeitpunkt der Umklassifizierung);
- Termini im Zusammenhang mit den Bewertungsmaßstäben (fortgeführte Anschaffungskosten eines Finanzinstruments; Bruttobuchwert; Transaktionskosten; Effektivzins; bonitätsadjustierter Effektivzins; Effektivzinsmethode; Bewertungserfolge im Zusammenhang mit einer Modifizierung);
- Begriffen im Zusammenhang mit dem neuen Wertminderungsmodell (überfällig; Kreditausfall; erwartete Kreditausfälle; über die nächsten 12 Monate erwartete Kreditausfälle; über die Gesamtlaufzeit erwartete Kreditausfälle; bonitätsinduziert wertgeminderter finanzieller Vermögenswert; erworbener oder ausgereichter bonitätsinduziert wertgeminderter finanzieller Vermögenswert; Vertragsvermögenswert; Wertberichtigung; Bewertungserfolge im Zusammenhang mit Wertminderungen)
- Termini im Zusammenhang mit der Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen (feste Verpflichtung; erwarteter Geschäftsvorfall; Sicherungsquote) sowie
- eines nicht anderweitig klassifizierbaren Begriffs (Dividende).
1. Definitionen von bestimmten Arten von Finanzinstrumenten
a. Derivative
Tz. 29
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
Als (freistehende) Derivate (freestanding/stand-alone derivatives) werden Finanzinstrumente und Vertragsformen im Anwendungsbereich des Standards bezeichnet, die sämtliche der nachfolgenden drei Merkmale erfüllen (vgl. IFRS 9 Appendix A):
- Die Wertentwicklung des Geschäfts leitet sich aus der Veränderung eines Risikofaktors ab. Der IASB nennt als Risikofaktoren stellvertretend Zinssätze, Wertpapierkurse, Warenpreise, Wechselkurse, Preis- oder Zinsindizes sowie Bonitätsratings oder -indizes. Daneben können auch anderweitige (va. nicht finanzielle) Variablen in Frage kommen, vorausgesetzt, dass diese nicht spezifisch für eine der Vertragsparteien sind (vgl. Tz. 30);
- das Geschäft erfordert im Vergleich zu anderen Vertragsarten, von denen erwartet wird, dass sie vergleichbar auf Veränderungen der Risikofaktoren reagieren, keine oder nur eine geringe Anschaffungsauszahlung auf (vgl. Tz. 33); und
- das Geschäft wird in der Zukunft erfüllt, ist also ein Termingeschäft (vgl. Tz. 36).
Tz. 30
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
Bereits aus dem lateinischen Wortstamm wird deutlich, dass sich bei Derivaten "etwas ableitet" (derivare, lat. = sich ableiten aus) – die Frage wäre: was und wovon. Das Was sind die Wertveränderungen ("its value changes"), das Wovon die Wertänderungen der Risikofaktoren. Die vom IASB verwendete Terminologie ist finanzwirtschaftlich unbefriedigend, weil die Auflistung der Risikofaktoren mit dem Begriff "underlying" zusammengefasst wird. Als Underlying wird im deutschsprachigen Raum üblicherweise aber nicht der wertbestimmende (Markt-)Preisfaktor, sondern das zugrunde liegende Gut, der sog. Basiswert, bezeichnet. Hier ist aber etwas anderes gemeint, nämlich der preisbestimmende Faktor eines Basiswerts – eben Zinssätze, Wechselkurse u. dgl.
Die Wertänderungen von Derivaten leiten sich also aus der Veränderung von Risikofaktoren ab (für eine Aufstellung verschiedener Vertragsarten und ihrer Hauptrisikofaktoren s. IFRS 9.IG.B.2). Das ist zwar nicht falsch, aber auch kein Alleinstellungsmerkmal – die Aussage gilt nämlich schlicht für alle Finanzinstrumente, gleich ob Kassageschäft oder Derivat (so auch Deloitte LLP 2018, S. 248):
- Der Euro-Wert einer in US-Dollar denominierten Verbindlichkeit hängt vom Stand des Wechselkurses am Stichtag ab (Risikofaktor Wechselkurs);
- der Wert einer Kreditforderung ergibt sich in Abhängigkeit von der Bonität des Schuldners (Risikofaktor Bonität);
- der Wert einer festverzinslichen Schuldverschreibung hängt von der Entwicklung des allgemeinen Zinsniveaus ab (Risikofaktor Zins) usw.
Erforderlich sind daher weitere Umstände, damit ein Vertrag als Derivat einzustufen ist.
Tz. 31
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
Mit der Verabschiedung von IFRS 4 wurde diese erste Beding...