Clemens Jungsthöfel, Katharina Rohde
Tz. 22
Stand: EL 54– ET: 10/2024
Nachstehend werden ausgewählte Begrifflichkeiten und Abkürzungen angeführt und erläutert, die sich in der Finanzberichterstattung nach IFRS 17 etabliert haben und in der vorliegenden Kommentierung Verwendung finden. Einige Legaldefinitionen finden sich auch in IFRS 17 Anhang A.
Tz. 23
Stand: EL 54– ET: 10/2024
Versicherungsvertrag
Die Legaldefinition eines Versicherungsvertrags findet sich erstmals in IFRS 4 und wurde im Rahmen des IFRS 17 übernommen (IFRS 17.6; IFRS 17.A). Im Anhang B (IFRS 17.B2–B30) finden sich umfangreiche Leitlinien zur Definition eines Versicherungsvertrags. Diese enthalten auch konkrete Beispiele zur Abgrenzung (zB IFRS 17.B26–27).
Ein Versicherungsvertrag ist ein Vertrag, nach dem eine Partei (der Versicherer) ein signifikantes Versicherungsrisiko von einer anderen Partei (dem Versicherungsnehmer) übernimmt, indem sie vereinbart, dem Versicherungsnehmer eine Entschädigung zu leisten, wenn ein spezifisches ungewisses zukünftiges Ereignis (das versicherte Ereignis) den Versicherungsnehmer nachteilig betrifft (IFRS 17.A).
Die wesentlichen Kriterien eines Versicherungsvertrags können wie folgt zusammengefasst werden:
Vertrag
IFRS 17.2 definiert die Kriterien eines Vertrags. Verträge, welche zwar die rechtliche Form eines Versicherungsvertrags haben, aber jedes signifikante Risiko auf den Versicherungsnehmer zurückübertragen, sind nicht Versicherungsverträge.
Beispiel: sog. Finanzrückversicherungsverträge, die eine (vollständige) Rückzahlung an den Versicherer als direkte Folge von versicherten Schäden vorsehen. Hierauf hat das Unternehmen andere geltende Standards anzuwenden.
(IFRS 17.B27 (b); IFRS 17.B28)
Übertragung eines signifikanten Versicherungsrisikos
Die Definition von Versicherungsverträgen setzt den Transfer von signifikanten versicherungstechnischen Risiken voraus. Ein Versicherungsrisiko ist ein Risiko, das kein Finanzrisiko ist und das vom Versicherungsnehmer auf den Versicherer übertragen wird (IFRS 17 Anhang A; IFRS 17.B18). Es liegt vor, wenn der Versicherer im Bewertungszeitpunkt fürchtet, einen Verlust aus dem Versicherungsgeschäft erleiden zu können, die Höhe des Verlusts nicht unwesentlich ist und das Szenario wirtschaftliche Substanz besitzt (IFRS 17.BC67 (b) und BC78).
Beispiele für ein Versicherungsrisiko sind Vermögensverlust (zB durch Elementarschadenereignisse), Unfall, Krankheit, Arbeits-/Berufsunfähigkeit, Tod, Langlebigkeit, Kreditausfall. Zur Abgrenzung vom Finanzrisiko vgl. Tz. 35.
Die Prüfung ist auf Einzelvertragsebene vorzunehmen (IFRS 17.B22), insbesondere damit die Wesentlichkeitsprüfung unabhängig von möglichen Kompensationseffekten innerhalb eines Portfolios erfolgt. Eine Quantifizierung der Wesentlichkeit bietet der Standard bewusst nicht an, auch um accounting arbitrage zu vermeiden (IFRS 17.BC78). Allerdings findet sich in IFRS 17.BC77 ein Hinweis auf die Bilanzierungspraxis im US-GAAP-Regelungsraum, wonach die Verlustwahrscheinlichkeit regelmäßig als wesentlich erachtet wird (reasonable possibility of a significant loss), wenn sie mindestens 10 % der Prämie beträgt (IFRS 17.BC77).
Fast alle in Deutschland üblichen Versicherungsprodukte dürften jedoch die vorgenannte Definition erfüllen (vgl. Kölschbach 2004, S. 675).
Durch den Einbezug von Kapitalanlageverträgen mit ermessensabhängiger Überschussbeteiligung (vgl. Tz. 38) bezieht sich der neue Standard generell auch auf von deutschen Lebensversicherern abgeschlossene überschussberechtigte Verträge inklusive der Kapitalisierungsverträge (IFRS 17.3 (c) und IFRS 17.BC84; vgl. Ewelt-Knauer 2018, S. 198).
Kosten- oder Stornorisiken, die aus einem Versicherungsvertrag resultieren, stellen beim Versicherer mangels eines "Transfers" dieser Risiken für diesen kein Versicherungsrisiko dar. Wird dieses Risiko jedoch von dem Versicherer auf einen Rückversicherer übertragen, entsteht hierdurch ein Versicherungsrisiko, das (nur) beim übernehmenden Unternehmen als Versicherungsvertrag nach IFRS 17 zu bilanzieren ist (IFRS 17.B15; vgl. Ellenbürger 2018, Tz. 17).
Ungewisses zukünftiges Ereignis
Es muss Unsicherheit hinsichtlich Eintrittswahrscheinlichkeit, Eintrittszeitpunkt und Höhe der Versicherungsleistung bestehen (IFRS 17.B3). IFRS 17.B4 stellt jedoch klar, dass auch explizit Schäden abgedeckt sein können, die bereits vor Beginn des Vertrags eingetreten, aber erst während der Vertragslaufzeit bekannt geworden sind oder die während der Vertragslaufzeit eingetreten aber danach bekannt geworden sind. Einige Versicherungsverträge decken hingegen Ereignisse, die bereits eingetreten sind, deren finanzielle Auswirkung aber noch ungewiss ist. Ein Beispiel hierfür ist ein Versicherungsvertrag, der Versicherungsdeckung für ungünstige Entwicklungen eines Ereignisses bietet, das bereits eingetreten ist. Bei solchen Verträgen ist das versicherte Ereignis die Bestimmung der endgültigen Höhe dieser Schäden (IFRS 17B.5).
Nachteilige Betroffenheit des Versicherungsnehmers
Hierbei ist eine "konkrete" nachteilig...