Dr. Stefan M. Schreiber, Prof. Dr. Dirk Simons
Tz. 217
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Ausdrücklich als Ausnahme zu der allgemein geltenden Vorschrift in IFRS 2.34 hat der IASB im Rahmen seines IFRS 2 Amendments vom Juni 2016 die Klassifizierung (und somit Bilanzierung) von Plänen geregelt, bei denen aus der anteilsbasierten Vergütung mit Ausgleich durch Eigenkapitalinstrumente für den Arbeitnehmer eine steuerliche Verpflichtung resultiert und diese Verpflichtung direkt vom Unternehmen durch Barzahlung an die zuständige Steuerbehörde beglichen werden muss (in Deutschland typischerweise im Rahmen des Lohnsteuerabzugs). Dem Mitarbeiter verbleiben in diesem Fall nur noch Eigenkapitalinstrumente in Höhe des Saldos aus ursprünglichem Anspruch und Steuerzahlung (sog. net settlement feature) (vgl. IFRS 2.33E). Die Ausnahme von IFRS 2.34 besteht darin, auf die Zahlung an die Steuerbehörde nicht die Vorschriften für anteilsbasierte Vergütungen mit Barausgleich anzuwenden, sondern die gesamte Vereinbarung als anteilsbasierte Vergütung mit Ausgleich durch Eigenkapitalinstrumente zu klassifizieren und entsprechend zu bilanzieren. Voraussetzung hierfür ist, dass der Plan ohne das net settlement feature als Vergütung mit Ausgleich durch Eigenkapitalinstrumente klassifiziert worden wäre (vgl. IFRS 2.33F).
Tz. 218
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Neben Kosten-Nutzen-Überlegungen (vgl. IFRS 2.BC255J) begründet der IASB diese Festlegung vor allem damit, dass es sich bei einem net settlement feature wirtschaftlich um einen Rückkauf von Eigenkapitalinstrumenten handelt (vgl. IFRS 2.BC255F) und verweist in IFRS 2.33G daher auch ausdrücklich auf die Anwendung von IFRS 2.29. Der an die Steuerbehörde abgeführte Betrag wird folglich unmittelbar gegen das Eigenkapital gebucht (vgl. auch das illustrierende Beispiel 12B in IFRS 2.IG19A). Zu einer Erfassung in der Gewinn- und Verlustrechnung kommt es dabei nur dann, wenn die Zahlung den beizulegenden Zeitwert der einbehaltenen Eigenkapitalinstrumente übersteigt (vgl. IFRS 2.33G aE), denn in diesem Fall ist die entsprechende Differenz, die eine zusätzliche Vergütung für den Mitarbeiter darstellt, als Aufwand zu buchen. Sollte die Höhe der Barzahlung hingegen hinter dem beizulegenden Zeitwert der einbehaltenen Eigenkapitalinstrumente zurückbleiben, so stehen die allgemeinen, für Planänderungen geltenden Vorschriften einer erfolgswirksamen (aufwandsmindernden) Buchung entgegen, da sich bei anteilsbasierten Vergütungen mit Ausgleich durch Eigenkapitalinstrumente Änderungen mit nachteiliger Wirkung für die begünstigten Mitarbeiter nicht auf die Höhe des zum Gewährungszeitpunkt ermittelten Gesamtaufwands auswirken dürfen (vgl. Tz. 172ff.).
Tz. 218a
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
IFRS 2.33H enthält zwei Einschränkungen des Anwendungsbereichs der oben dargestellten Ausnahmeregel. Zum einen ist diese nur dann anzuwenden, wenn das Unternehmen gesetzlich dazu verpflichtet ist, die Steuerzahlung direkt an die zuständige Behörde vorzunehmen (vgl. IFRS 2.33H (a)). Ohne eine solche gesetzliche Verpflichtung gelten vielmehr die allgemeinen Vorschriften für anteilsbasierte Vergütungen mit Erfüllungswahlrecht beim Unternehmen. Zum anderen fallen direkt an die Mitarbeiter geleistete Zahlungen nicht in den Anwendungsbereich der Ausnahmeregel. Eine solche Situation kann eintreten, wenn das Unternehmen mehr Eigenkapitalinstrumente einbehält, als dies für die Bezahlung der steuerlichen Verpflichtung notwendig ist und diesen Differenzbetrag an die Mitarbeiter auszahlt (vgl. IFRS 2.33H (b) und erläuternd IFRS 2.BC255N). Wird eine solche Zahlung geleistet, lässt diese allerdings nicht die gesamte Vereinbarung aus dem Anwendungsbereich der Ausnahmeregel fallen, sondern die Zahlung ist getrennt von der restlichen Vergütung nach den Vorschriften für anteilsbasierte Vergütungen mit Barausgleich zu bilanzieren. Der IFRS-Fachausschuss des DRSC hat am 13. September 2017 den Anwendungshinweis (AH 4) zur Bilanzierung derartiger Kompensationszahlungen erarbeitet, der sich konkretisierend mit zwei Fragestellungen befasst:
- Zu welchem Zeitpunkt ist die separate Darstellung der Kompensationszahlung als bar erfüllte anteilsbasierte Vergütung erforderlich?
- Wie ist in diesem Fall zu buchen?
Zur ersten Fragestellung weist das DRSC darauf hin, dass IFRS 2.33H (b) als Vereinfachungsregel zu verstehen sei, da die bilanzielle Aufspaltung der gesamten anteilsbasierten Vergütung in einen in Eigenkapitalinstrumenten und einen durch Barausgleich erfüllten Teil laut dem Wortlaut in IFRS 2.33H (b) erst zu dem Zeitpunkt erfolgt, zu dem die Kompensationszahlung an den Mitarbeiter geleistet wird. Konsequenz hiervon ist, dass die Vorperioden nicht angepasst werden. Die zweite Fragestellung wird durch die Aufnahme eines ausführlichen Beispiels in den Anwendungshinweis verdeutlicht.
Tz. 218b
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Der im Zuge der Ausgabe der Eigenkapitalinstrumente voraussichtlich an die Steuerbehörde zu zahlende Betrag ist im Anhang offenzulegen, sofern diese Angabe der entsprechenden künftigen Cashflow-Eff...