Prof. Dr. Andreas Barckow
Tz. 191
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
Eine einmal vorgenommene Klassifizierung ist beizubehalten. Dieser Grundsatz gilt für finanzielle Verbindlichkeiten ausnahmslos (vgl. IFRS 9 4.4.2 iVm. BC4.121), für finanzielle Vermögenswerte wird er nur für einen sehr eng umrissenen Tatbestand aufgeweicht: Danach hat ein Unternehmen eine Umklassifizierung nur vorzunehmen, wenn es sein Geschäftsmodell zur Steuerung der Vermögenswerte ändert – dann allerdings für sämtliche davon betroffenen Finanzinstrumente (vgl. IFRS 9.4.4.1). Ruft man sich die einleitenden Aussagen zum Geschäftsmodell in den Tz. 157ff. in Erinnerung (vgl. Tz. 157ff.), so sei daran erinnert, dass Geschäftsmodelle als Steuerungsmodelle definiert werden, die auf der Leitungsebene des Unternehmens festgelegt werden. Entsprechend geht es nicht um eine geänderte Verwendungsabsicht für ein bestimmtes Finanzinstrument, sondern um eine grundlegende Änderung der Art und Weise, wie ein Unternehmen Zahlungsansprüche aus Finanzaktiva zu realisieren gedenkt. Entsprechend ist nachvollziehbar, dass der IASB eine Änderung des Geschäftsmodells als äußerst seltenen Ausnahmefall ansieht und entsprechend beschreibt: "[S]uch changes in business model would be very infrequent, significant and demonstrable and determined by the entity’s senior management as a result of external or internal change" (IFRS 9.BC4.116). Als Beispiele werden in den Anwendungsleitlinien Schließungen, Veräußerungen oder Eröffnungen von Geschäftszweigen angeführt (vgl. IFRS 9.B4.4.1).
Tz. 192
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
In Änderungen der vertraglichen Ausstattungsmerkmale eines finanziellen Vermögenswerts sah der IASB demgegenüber keinen Grund für eine Umklassifizierung. Schließlich seien die Vertragsbedingungen bei Zugang des Instruments bekannt und Grundlage für dessen Klassifizierung über die Laufzeit des Instruments (vgl. IFRS 9.BC4.117). Diese Begründung scheint wenig überzeugend, denn dasselbe kann über das Geschäftsmodell gesagt werden. In beiden Fällen erfolgt die Kategorisierung auf Grundlage der Fakten und Umstände, die zum Zeitpunkt der Eingehung des Instruments bestanden; das gilt für das Geschäftsmodell genauso wie für die vertraglichen Zahlungsansprüche des Instruments. Nachfolgend können sich beide ändern, wenngleich eine Änderung des Geschäftsmodells aufgrund der strategischen Bedeutung faktisch deutlich seltener vorkommen wird als ein nachträglicher Eingriff in die Vertragskonditionen; möglich sind indes beide. Und aus dem vorstehenden Zitat wird ferner deutlich, dass es auf den Umstand, ob die Änderung von außen angestoßen oder selbst bewirkt wird, nicht ankommt. Faktisch dürfte das Verbot einer Klassifizierungsänderung bei Änderungen der Vertragsbestandteile ohnehin immer dann ins Leere laufen, wenn die Eingriffe als substanziell zu werten sind und Anlass zu einer Aus- und Wiedereinbuchung geben!
Tz. 193
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
Nicht als Änderung des Geschäftsmodells bzw. Umklassifizierung iSd. Vorschrift gelten (vgl. IFRS 9.4.4.3, B4.4.3 und BCZ4.122f.):
- Sicherungsinstrumente, die Teil einer Sicherungsbeziehung im Rahmen eines Cash Flow Hedges waren oder werden;
- Finanzinstrumente, die nach dem Erstansatz zur ökonomischen Absicherung des Kreditrisikos gem. IFRS 9.6.7 freiwillig als zum beizulegenden Zeitwert bewertet designiert werden;
- eine geänderte Verwendungsabsicht für bestimmte Finanzaktiva, selbst wenn diese auf bedeutende Änderungen im Marktumfeld zurückgeht;
- das vorübergehende Verschwinden eines bestimmten Markts für finanzielle Vermögenswerte; sowie
- eine Übertragung finanzieller Vermögenswerte zwischen verschiedenen Einheiten eines Unternehmens oder Konzerns, die verschiedene Geschäftsmodelle verfolgen.