Prof. Dr. Hans-Jürgen Kirsch, Dr. Kathrin Köhling
Tz. 111
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Zum beizulegenden Zeitwert zu bewertende nichtfinanzielle Vermögenswerte, wie zB Renditeimmobilien oder Sachanlagen, sind nach dem Konzept des highest and best use mit ihrem höchsten und besten Nutzen aus Marktsicht zu bewerten (IFRS 13.27). Bei der Wertermittlung ist zu berücksichtigen, was
- physisch möglich (bspw. in Bezug auf den Standort oder die Größe eines Grundstücks);
- rechtlich zulässig (bspw. in Bezug auf rechtliche Einschränkungen) und
- finanziell durchführbar (bspw. in Bezug auf eine adäquate Verzinsung des eingesetzten Kapitals)
ist (IFRS 13.28). Mit dieser Konzeption unterstellt der IASB die theoretisch ideale Entscheidung eines homo oeconomicus, der bei vollständiger Informationsversorgung stets die bestmögliche Alternative realisieren wird (vgl. Theile, in: IFRS-Handbuch, 5. Aufl., Abschn. B, IV. Bewertung, Tz. 461). Diese Konzeption der vorteilhaftesten Nutzung dürfte sich va. auf die modellgestützte Herleitung des beizulegenden Zeitwertes auswirken, bei der die mit dem Bewertungsobjekt verbundenen Nutzenzu- bzw. -abflüsse die wesentlichen Elemente zur Ermittlung des Fair Value sind (vgl. Hitz/Zachow, WPg 2011, S. 967).
Der highest and best use eines Vermögenswertes kann von der gegenwärtigen Nutzung im Unternehmen abweichen (IFRS 13.29). Die Ermittlung des beizulegenden Zeitwertes ist unabhängig von der unternehmensspezifisch gewählten Nutzungsalternative des Bewertungsobjektes. Das Unternehmen muss die bisherige Verwendungsalternative operativ nicht aufgeben, sondern ist lediglich verpflichtet, für Bewertungszwecke auf den highest and best use abzustellen (vgl. auch Wawrzinek/Lübbig, in: Beck’sches IFRS-Handbuch, 5. Aufl., § 2, Tz. 247). Sofern für eine von der bisherigen Nutzung abweichende Verwendung Umrüstkosten anfallen, so sind diese im Bewertungskalkül zu berücksichtigen (IFRS 13.28 (c)). So ist etwa bei einem Grundstück in einem aufstrebenden Wohngebiet, das derzeit in Kombination mit einer darauf befindlichen Fabrik genutzt wird, bei dem Konzept des highest and best use uU auch der Wert zu ermitteln, der sich für das leere Grundstück (abzgl. der Abrisskosten und anderer Unsicherheiten) ergäbe, wenn es für den Wohnimmobilienbau zur Verfügung stünde (IFRS 13.IE7f.; vgl. hierzu auch Köhling, KoR 2011, S. 573f.; Bleisch/Feusi/Weinert, IRZ 2016, S. 411f.). Das Grundstück wäre dann entsprechend mit dem höheren der beiden Werte, also entweder dem Wert gemäß der aktuellen oder gemäß der potenziellen Nutzung, anzusetzen (IFRS 13.IE8). Gleichwohl dürfte eine vollständige Umwidmung für die Bestimmung des beizulegenden Zeitwertes der Anlageimmobilie aufgrund der zu berücksichtigenden Kosten nur in Ausnahmefällen erforderlich sein. Häufiger wird die Konzeption des highest and best use dazu führen, dass bspw. bisher nicht realisierte Möglichkeiten der Mieterhöhung in die Ermittlung des Fair Value einzubeziehen sind (vgl. Kühnberger/Werling, WPg 2012, S. 989).
Wenngleich die wertmäßige Diskrepanz zwischen einem aus der unternehmensspezifischen Nutzung bzw. Verwertung des Vermögenswertes und einem aus der bestmöglichen Nutzung aus Marktsicht abgeleiteten Wertansatz nicht im Anhang offengelegt werden muss, so ist zumindest auf eine von der Marktsicht abweichende Verwendung hinzuweisen. Ferner ist auszuführen, warum das bilanzierende Unternehmen den Vermögenswert nicht im Einklang mit der bestmöglichen Verwendungsalternative iSd. IFRS 13 nutzt (IFRS 13.93 (i); IFRS 13.BC73; IFRS 13.BC213f.; vgl. hierzu auch Wieland-Blöse/André, in: Internationales Bilanzrecht, IFRS 13, Tz. 16).
Tz. 112
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Bei der Interpretation der gesetzlichen Möglichkeiten dürften Wahrscheinlichkeiten zu berücksichtigen sein. Dementsprechend kann bspw. die Bewertung einer landwirtschaftlichen Nutzfläche bereits mit der Annahme, dass diese zu Wohngebiet wird, vorgenommen werden. Dies ist auch der Fall, wenn die eigentliche Umklassifizierung rechtlich noch nicht beantragt und/oder verabschiedet ist. Gleichwohl muss die Umklassifizierung prinzipiell rechtlich zulässig sein, um in der Bewertungskonzeption des highest and best use aufgenommen werden zu können (IFRS 13.BC69). Letztendlich dürfte auf die Wahrscheinlichkeit einer rechtlichen Änderung, hier einer Umklassifizierung der Grundstückszonen, abzustellen sein und nicht allein auf die derzeit schon bestehende rechtliche Situation (vgl. in diesem Kontext auch Köhling, KoR 2011, S. 568; Johnson/Walther, The CPA Journal 2010, S. 28f.).
Tz. 112a
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Hierbei dürfte indes danach zu differenzieren sein, mit welchen Risiken eine solche rechtliche Umklassifizierung verbunden ist und somit mit welcher Wahrscheinlichkeit die hypothetische Verwendungsalternative voraussichtlich überhaupt realisiert werden kann. Falls die rechtliche Änderung ein rein formaler Prozess ist, der mit keinen weiteren Risiken behaftet ist, so ist die Handlungsalternative mit dem bei jener Verwendung realisierbaren Betrag in die Identifikation des h...