Thomas Harzheim, Patrick Thoma
1. Zwecke von Kapitalflussrechnungen
Tz. 11
Stand: EL 48 – ET: 10/2022
Zweck der Cash Flow Statements (Kapitalflussrechnungen) nach IAS 7 ist es, Informationen über die Bewegungen der Zahlungsmittel und der Zahlungsmitteläquivalente in einem Unternehmen bzw. in einem Konzern während des abgelaufenen Geschäftsjahrs zur Verfügung zu stellen, und zwar getrennt nach den Bereichen "betriebliche Tätigkeit", "Investition" und "Finanzierung". IAS 7 geht dabei von der Überlegung aus, dass Informationen über die Zahlungsmittelbewegungen die Empfänger von Jahres- und Konzernabschlüssen in die Lage versetzen, nicht nur die Fähigkeit eines Unternehmens oder Konzerns, Zahlungsmittel zu erwirtschaften, sondern auch den künftigen Liquiditätsbedarf des Unternehmens/Konzerns abzuschätzen (vgl. IAS 7 Zielsetzung).
Tz. 12
Stand: EL 48 – ET: 10/2022
In IAS 7.4f. heißt es wörtlich:
„4. In Verbindung mit den übrigen Bestandteilen des Abschlusses liefert die Kapitalflussrechnung Informationen, anhand derer die Abschlussadressaten die Änderungen im Nettovermögen eines Unternehmens und seine Finanzstruktur (einschließlich Liquidität und Solvenz) bewerten können. Weiterhin können die Adressaten die Fähigkeit des Unternehmens zur Beeinflussung der Höhe und des zeitlichen Anfalles von Cashflows bewerten, die es ihm erlaubt, auf veränderte Umstände und Möglichkeiten zu reagieren. Kapitalflussinformationen sind hilfreich für die Beurteilung der Fähigkeit eines Unternehmens, Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente zu erwirtschaften, und ermöglichen den Abschlussadressaten die Entwicklung von Modellen zur Beurteilung und zum Vergleich des Barwertes der künftigen Cashflows verschiedener Unternehmen. Darüber hinaus verbessert eine Kapitalflussrechnung die Vergleichbarkeit der Darstellung der Ertragskraft verschiedener Unternehmen, da die Auswirkungen der Verwendung verschiedener Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden für dieselben Geschäftsvorfälle und Ereignisse eliminiert werden.
5. Historische Informationen über Cashflows werden häufig als Indikator für den Betrag, den Zeitpunkt und die Wahrscheinlichkeit künftiger Cashflows herangezogen. Außerdem sind die Informationen nützlich, um die Genauigkeit in der Vergangenheit vorgenommener Einschätzungen künftiger Cashflows zu prüfen und die Beziehung zwischen der Rentabilität und dem Netto-Cashflow sowie die Auswirkungen von Preisänderungen zu untersuchen.”
2. Gestaltungsgrundsätze von Kapitalflussrechnungen
Tz. 13
Stand: EL 48 – ET: 10/2022
Gemeinsam sind IAS 7 und DRS 21 die folgenden Gestaltungsgrundsätze für Kapitalflussrechnungen:
- Die Kapitalflussrechnungen sollen als Liquiditätsnachweis die Veränderungen und die Zusammensetzung eines Finanzmittelfonds iSe. Bestands liquider oder liquidierbarer Mittel während einer Abrechnungsperiode nachweisen (IAS 7.7–9; DRS 21.1). Zur Abgrenzung des Finanzmittelfonds vgl. Tz. 20–29.
- Die Kapitalflussrechnungen sollen die Herkunft und die Verwendung der liquiden Mittel als Einnahmen (Einzahlungen) und Ausgaben (Auszahlungen) während der Abrechnungsperiode zeigen (IAS 7.10–12; DRS 21.1). Zur Ermittlung und Darstellung der Zahlungsströme vgl. Tz. 112–141.
- Die Kapitalflussrechnungen sollen mindestens die Zuflüsse/Abflüsse aus den Teilbereichen "betriebliche Tätigkeit", "Investitions-" und "Finanzierungstätigkeit" während der Abrechnungsperiode getrennt darstellen (IAS 7.13–17; DRS 21.16). Zur Gliederungsstruktur der Kapitalflussrechnung vgl. Tz. 37–106.
Tz. 14
Stand: EL 48 – ET: 10/2022
Als Bestandteil eines vollständigen Abschlusses (IAS 1.10 (d)) gelten auch für die Kapitalflussrechnung im Grundsatz die in IAS 1.15ff. genannten allgemeinen Merkmale. Sie beeinflussen die Struktur der Kapitalflussrechnung und ihren Inhalt bzw. die zugehörigen Angaben im Anhang (vgl. Tz. 5–7):
- Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes und Übereinstimmung mit den IFRS: Abschlüsse haben die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie die Cashflows eines Unternehmens den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend darzustellen. Die Anwendung der IFRS, ggf. um zusätzliche Angaben ergänzt, führt annahmegemäß zu Abschlüssen, die ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermitteln (IAS 1.15; zu den Merkmalen der Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes und der Übereinstimmung mit den IFRS vgl. IFRS-Komm., Teil B, IAS 1, Tz. 28–36). Gerade das Ergänzen des Konzernanhangs um zusätzliche Angaben zur Kapitalflussrechnung wird in der Praxis des Öfteren erwogen, um einen zutreffenden Einblick in die Finanzlage eines Unternehmens zu gewährleisten. Ein Beispiel sind Steuerverbindlichkeiten, die entstehen, wenn Zahlungsbestände in ein anderes Land transferiert werden. Solche steuerlichen Beschränkungen können im Einzelfall wesentlich für ein Verständnis der Liquidität eines Unternehmens oder Konzerns sein (vgl. die Entwurf-Paragrafen 50A und BC12 des Exposure Draft ED/2014/6 „Disclosure Initiative – Proposed amendments to IAS 7, veröffentlicht Dezember 2014, abrufbar unter: https://www.ifrs.org/-/media/project/disc...