Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Isabel von Keitz
Tz. 183
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Dass Profifußballer für den sportlichen und für den wirtschaftlichen Erfolg eines Vereins maßgeblich sind, ist offensichtlich. Die Frage der Bilanzierungsfähigkeit von Fußballspielern ist indes ein kontrovers diskutiertes Thema in der Literatur (vgl. so auch im handelsrechtlichen Kontext Weber, 2012, S. 53; Rade/Stobbe, DStR 2009, S. 1109). Obgleich für den Großteil der Vereine mit Blick auf die Bilanzierung die nationalen Bestimmungen anzuwenden sind, sind mittlerweile auch eine Reihe von Clubs verpflichtet, nach IFRS zu berichten (zB Borussia Dortmund im Konzernabschluss der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA). In diesem Kontext kommt Spielerwerten von (transferierten) Fußballspielern regelmäßig sowohl im Hinblick auf die wirtschaftliche Existenzfähigkeit der Vereine eine hohe Bedeutung zu als auch mit Blick auf das vermittelte Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage (vgl. ähnlich Homberg/Elter/Rothenburger, KoR 2004, S. 250). Dem gegenüber steht die Frage der Bilanzierung von Humankapital (vgl. Steiner/Gross, StuB 2005, S. 531). Ob die Normen des IAS 38 zur Bilanzierung von Fußballspielern heranzuziehen sind, soll im Folgenden näher betrachtet werden (für einen Überblick zu Bilanzierungsfragestellungen bei Fußballvereinen im Kontext der IFRS vgl. auch PwC, 2018, S. 1–44).
Tz. 184
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Nicht der Fußballspieler an sich ist als Bilanzierungsobjekt anzusehen, sondern vielmehr die Möglichkeit der exklusiven Nutzung des Spielers (vgl. hierzu mwN Weber, DK 2017, S. 291). Diese Exklusivität ist damit verbunden, dass die Vereine mit den Spielern Verträge über eine bestimmte Laufzeit abschließen, bei denen Kündigungen seitens des Spielers – anders als bei typischen Arbeitsverträgen – nur in Ausnahmefällen möglich sind (vgl. hierzu Madeja, 2007, S. 77f.). Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass auch das Kriterium "Mangel an physischer Substanz" erfüllt ist (zu diesem Kriterium vgl. auch ausführlich Hackenberger, 2008, S. 104–108), da nicht der Spieler selbst das Bilanzierungsobjekt ist, sondern die Möglichkeit der exklusiven Nutzung. Offensichtlich ist auch, dass Fußballspieler keine monetären Vermögenswerte sind. In Hinblick auf das Kriterium "Identifizierbarkeit" ist zunächst festzuhalten, dass das Spielervermögen angesichts des gesonderten Arbeitsvertrags zwischen Fußballverein und Spieler vom Unternehmen als solchem getrennt werden kann. Zudem besteht grundsätzlich die Möglichkeit der Übertragung des Spielers an einen anderen Verein, bspw. durch Verkauf oder Leihe, sodass im Ergebnis auch das Kriterium der Identifizierbarkeit erfüllt ist (vgl. hierzu ausführlich Madeja, 2007, S. 74f.). Mit Blick auf die Anforderungen an einen Vermögenswert sind insbesondere die Kriterien "Kontrolle" und "künftiger wirtschaftlicher Nutzen" näher zu beleuchten. Der künftige wirtschaftliche Nutzen aus dem Vertragsverhältnis mit dem Spieler konkretisiert sich einerseits darin, dass der Verein den vertraglich gebundenen Spieler im Spielbetrieb einsetzen kann. Andererseits kann der wirtschaftliche Nutzen unter anderem auch aus einem (künftigen) Verkauf des Spielers vor dem Ablauf der Vertragslaufzeit resultieren (vgl. hierzu ausführlich Madeja, 2007, S. 80f.; Hackenberger, 2008, S. 98f.). Über diesen künftigen wirtschaftlichen Nutzen kann der berichterstattende Verein auch Kontrolle ausüben, was ein Ausnahmetatbestand in Bezug auf Humankapital ist. Die Kontrolle resultiert daraus, dass mit dem Profisportler ein (langfristiger und eingeschränkt kündbarer) Vertrag abgeschlossen wird, wodurch der Spieler zum einen an den Club gebunden ist und zum anderen der Verein ein exklusives Recht hat, den Spieler im Spielbetrieb einzusetzen. Insofern können Dritte vom Nutzenzufluss ausgeschlossen werden (vgl. hierzu auch Madeja, 2007, S. 75–78; KPMG, Insights into IFRS 2019/2020, Tz. 3.3.60.40f.; Homberg/Elter/Rothenburger, KoR 2004, S. 253 sowie bereits Tz. 22). Im Ergebnis liegt insofern ein immaterieller Vermögenswert iSd. IAS 38.8 vor. Da zudem keine scope out-Regel greift, ist IAS 38 anzuwenden und zugleich das erste Ansatzkriterium erfüllt.
Ein Ansatz des Spielervermögens darf mit Blick auf die Regelungssystematik in IAS 38 jedoch nur erfolgen, wenn zusätzlich die Ansatzkriterien Wahrscheinlichkeit des Nutzenzuflusses (zweites Ansatzkriterium) und zuverlässige Messbarkeit (drittes Ansatzkriterium) erfüllt sind. Hierbei ist zwischen unterschiedlichen Zugangsarten des Spielervermögens zu differenzieren, wobei insbesondere der Erwerb des Rechtes auf Nutzung der Spielerleistung (inkl. Tausch), dh. die separate Anschaffung der Nutzung der Spielerleistung, von hervorzuhebender praktischer Bedeutung ist (vgl. Tz. 185). Daneben kommen ua. die Zugangsarten Nachwuchsarbeit (vgl. Tz. 186) und Leihe (vgl. Tz. 187) in Betracht. Der Erwerb von Spielervermögen im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses ist hingegen untypisch, gerade mit Blick auf die in Deutschland verankerte 50+1 Regel, nach der d...