Dipl.-Kfm. Thomas Müller-Marqués Berger, Dr. Holger Wirtz
Tz. 105
Stand: EL 52 – ET: 02/2024
Während in der früheren Standardsetzung in IPSAS 23 zur Abgrenzung von spezifisch öffentlichen Sachverhalten das Konstrukt der einseitigen Leistungsbeziehungen (non-exchange transactions) verfolgt wurde, überprüft der ab dem Jahr 2016 anwendbare Standard IPSAS 47 Leistungsbeziehungen nunmehr daraufhin, ob ihnen eine (zweiseitig) bindende Vereinbarung (binding arrangement) zugrunde liegt. Dabei ist der Begriff der bindenden Vereinbarung in IPSAS 47 etwas weitergehend als der Begriff des Vertrags (contract) aus IFRS 15, da insbesondere auch die Begünstigung von Dritten umfasst ist. Eine bindende Vereinbarung setzt stets voraus, dass bei einer Partei ein durchsetzbares Recht und bei einer anderen Partei eine durchsetzbare Verpflichtung begründet werden. Folglich liegt keine bindende Vereinbarung iSv. IPSAS 47 vor, wenn sich aus der Vereinbarung kein durchsetzbares Recht und/oder keine durchsetzbare Verpflichtung ergibt.
Tz. 106
Stand: EL 52 – ET: 02/2024
Sofern einer Leistungsbeziehung eine bindende Vereinbarung zugrunde liegt, folgt IPSAS 47 hinsichtlich der Frage des Ertragsrealisierungszeitpunkts im Wesentlichen den aus IFRS 15 bekannten Grundsätzen. Eine Erweiterung besteht jedoch darin, dass der Begriff der Leistungsverpflichtung (performance obligation), deren Erfüllung einer Vereinnahmung von korrespondierenden Erträgen vorausgehen muss, durch den etwas weitergehenden Begriff der Compliance-Verpflichtung (compliance obligation) ersetzt wird. Neben der Zusage zur Übertragung von Waren oder Dienstleistungen (performance obligation iSv. IFRS 15) wird in IPSAS 47 auch bspw. in der Zusage über die interne Verwendung von Ressourcen für bestimmte Waren oder Dienstleistungen eine relevante Verpflichtung gesehen.
Tz. 107
Stand: EL 52 – ET: 02/2024
Sofern keine bindende Vereinbarung vorliegt, erfolgt die Ertragsrealisierung in dem Zeitpunkt, in dem der Einheit ein Vermögenswert zugeflossen ist. Sofern der Einheit aus dem Zufluss eines Vermögenswerts auch eine Verbindlichkeit erwächst (zB gemischte Schenkung), erfolgt die Ertragsrealisierung indes erst mit Erfüllung der Verbindlichkeit (IPSAS 47.29). Die Bewertung des zugeflossenen Vermögenswerts erfolgt dabei mit dem Zeitwert (current value).
Tz. 108
Stand: EL 52 – ET: 02/2024
Das in IPSAS 23 verwendete Konzept der Bedingungen (stipulations), bei welchen zwischen Beschränkungen (restrictions) und Auflagen (conditions) zu unterscheiden war, wird in IPSAS 47 aufgrund der praktischen Abgrenzungsproblematik nicht mehr verfolgt. Hingegen sind die Grundsätze zur Realisation von Steuern im Wesentlichen unverändert aus IPSAS 23 in IPSAS 47.36ff. übernommen worden. Auch das Bilanzierungswahlrecht aus IPSAS 23 für ehrenamtliche bzw. unentgeltlich geleistete Dienste (services in-kind) ist in IPSAS 47.AG143ff. beibehalten worden.