Dr. Lothar Rieth, Dr. Matthias Schmidt
Schrifttum
Arbeitskreis "Integrated Reporting (AKIR) der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft", Erstanwendung des CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes, DB 2018, S. 2253f.;
Clark/Feiner/Viehs, From the Stockholder to the Stakeholder: How Sustainability can drive financial Outperformance, September 2014, https://www.smithschool.ox.ac.uk/publications/reports/SSEE_Arabesque_Paper_16Sept14.pdf), Abruf am 20.01.2022; Deloitte, IFRS fokussiert Nr. 10 2021; Friede/Busch/Bassen, ESG and Financial Performance: Aggregated Evidence from more than 2000 Empirical Studies; Journal of Sustainable Finance & Investment, Vol. 5, Issue 4, p. 210–233; Recommendations of the Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD), New York, 2017, S. 5–8; Richter/Meyer, Green and more: ESG-Risiken? – In das Risikomanagementsystem!, WPg 2019, S. 1340ff.; Schmidt, Fortentwicklung des <IR> Rahmenkonzepts, DB 2020, S. 798; Schmidt/Strenger, Die neuen nichtfinanziellen Berichtspflichten – Erfahrungen mit der Umsetzung aus Sicht institutioneller Investoren, NZG 2019, S. 483ff.
A. Vorbemerkung
Tz. 1
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Der vorliegende Beitrag fokussiert die Nachhaltigkeitsberichterstattung: Der Begriff "nichtfinanzielle Berichterstattung" wird mit Ausnahme der handelsrechtlichen Vorgaben für die Aufstellung einer in den §§ 289bff., 315bf. HGB so bezeichneten nichtfinanziellen (Konzern-)Erklärung bzw. eines gesonderten nichtfinanziellen (Konzern-)Berichts vermieden.
- Zunächst findet derzeit eine Abkehr vom Begriff "nichtfinanziell" statt, die am augenscheinlichsten bei der Überarbeitung der EU-CSR-Richtlinie ist: Die bisherige CSR-Interpretation als "Corporate Social Responsibility" wird durch "Corporate Sustainability Reporting" ersetzt. Im Zuge dessen wird auch der Begriff "nichtfinanziell" in den entsprechenden Vorgaben durch "Nachhaltigkeit" ersetzt.
- Ferner würde auch ohne diese Abkehr der Begriff "nichtfinanziell" über den Begriff "Nachhaltigkeit" hinausgehen und beispielsweise traditionelle (Konzern-)Lageberichtsbestandteile wie System- und Prozessbeschreibungen, Angaben zu Marktanteilen etc. sowie insbesondere die Angaben zur Unternehmensführung nach § 289f HGB umfassen. Diese Bereiche sind nicht Gegenstand dieses Beitrags.
Die entsprechenden Berichtspflichten sind sehr relevant für die Konzernrechnungslegung von Unternehmen, die ihre Abschlüsse nach IFRS aufstellen.
Tz. 2
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Ferner wird im vorliegenden Beitrag nur am Rande auf die Überarbeitung der EU-CSR-Richtlinie und die Entwicklung von Nachhaltigkeitsberichtsstandards durch ISSB oder EFRAG eingegangen. Entsprechende Vorgaben liegen bislang als Entwürfe vor und werden erst nach finaler Verabschiedung und – soweit erforderlich – Umsetzung in deutsches Recht in diesen Beitrag aufgenommen. Dasselbe gilt für die derzeit nur als Entwurf vorliegenden Taxonomie-Kriterien für die EU-Umweltziele drei bis sechs.
B. Wichtige Entwicklungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung
Tz. 3
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Mit den Vorgaben der Global Reporting Initiative (GRI) besteht seit der Jahrtausendwende ein zunehmend anerkannter Standard für die (freiwillige) Berichterstattung über die ökologischen, sozialen und ökonomischen Auswirkungen der Geschäftstätigkeit von Unternehmen. Die Entwicklung der GRI-Vorgaben konkretisierte die viel beachteten, aber noch sehr allgemeinen Prinzipien des United Nations Global Compact für Berichterstattung (vgl. Communications on Progress). Spätestens mit der Veröffentlichung des GRI-G3-Berichtsleitfadens im Jahr 2006 setzten sich die GRI-Vorgaben vor allem bei international tätigen Großunternehmen – auch in Deutschland – durch.
Tz. 4
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Seit dem Geschäftsjahr 2005 sind nichtfinanzielle Leistungsindikatoren, wie Informationen über Umwelt- und Arbeitnehmerbelange, in die Analyse von Geschäftsverlauf, Geschäftsergebnis und Lage im Lagebericht des Unternehmens einzubeziehen, soweit sie für deren Verständnis erforderlich sind (§§ 289 Abs. 3, 315 Abs. 1 Satz 4 HGB).
Tz. 5
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Ein maßgeblicher Treiber für die Weiterentwicklung und Verschmelzung von finanzieller und nichtfinanzieller Berichterstattung war die Gründung des International Integrated Reporting Council (IIRC) zur Entwicklung einer integrierten Berichterstattung (Integrated Reporting, <IR>). Diese umfasst eine integrierte Unternehmensführung und die Aufstellung eines integrierten Berichts. Im Fokus stand von Beginn an die gesamte Wertschöpfung von Unternehmen. Daher wird über die wirtschaftliche Lage hinaus von einem breiter gefassten Kapital- bzw. Ressourcenbegriff ("Capitals") ausgegangen, sodass nicht nur Finanzkapital, sondern auch Produktions-, Human-, Sozial- und Netzwerk- sowie geistiges und natürliches Kapital betrachtet werden – insbesondere deren Wechselwirkungen.
Tz. 6
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Die überwiegende Vergangenheitsorientierung der herkömmlichen Finanzberichterstattung sollte zugunsten einer kurz-, mittel- und langfristigen Betrachtung der Wertschöpfung ersetzt oder mindestens ergänzt werden, sodass di...