Tz. 14

Stand: EL 50 – ET: 06/2023

Kombinierte Abschlüsse werden typischerweise im Zusammenhang mit Kapitalmarkttransaktionen oder M&A-Aktivitäten erstellt. Hintergrund ist regelmäßig, dass das Investitionsobjekt eine oder mehrere ökonomisch abgrenzbare Aktivitäten umfasst, die in der Vergangenheit weder als rechtliche Einheit noch als (Teil-)Konzern organisiert war. Entsprechend kann die Finanzhistorie nicht durch Einzel- oder Konzernabschlüsse dargestellt werden. Stattdessen ist die Berichtseinheit als kombinierter Abschluss auf Basis wirtschaftlicher Abgrenzungskriterien zu definieren. Die IFRS enthalten zur Abgrenzung einer kombinierten Berichtseinheit keine Regelungen. In der Praxis haben sich indes bestimmte Grundsätze etabliert.

 

Tz. 15

Stand: EL 50 – ET: 06/2023

Als Grundlagenwerk ist in diesem Zusammenhang das von der Capital Markets Working Party der Federation of European Accountants (FEE, heutige: Accountancy Europe) im Februar 2013 veröffentlichte Working Paper "Combined and Carve-Out Financial Statements – Analysis of Common Practices" (im Folgenden "FEE Paper") zu nennen. Dort wird als notwendige Bedingung zur Aufstellung eines kombinierten Abschlusses gefordert, dass die zu kombinierenden Einheiten durch ein bindendes Element miteinander verknüpft sind. Als bindendes Element werden drei Konzepte vorgestellt: "common control", "common management" und "common business".

 

Tz. 16

Stand: EL 50 – ET: 06/2023

Insbesondere die gemeinsame Beherrschung der kombinierten Einheiten durch ein übergeordnetes (Konzernmutter-)Unternehmen (common control) als bindendes Element ist in der deutschen Bilanzierungspraxis weit verbreitet. Auch im FEE Paper wird dieser Ansatz präferiert (vgl. FEE Paper, Tz. 4.10). Für den common control-Ansatz spricht auch, dass bei Vorliegen von common control ein Gesellschaftsorgan existiert, welches die relevanten Aktivitäten aller zu kombinierenden Einheiten beherrscht hat. Die dargestellten Finanzinformationen geben somit Aufschluss darüber, wie effektiv und effizient dieses Gesellschaftsorgan in Bezug auf die dargestellten Aktivitäten gewirtschaftet hat (vgl. PwC, MoA 2021, Appendix 2, A2.44). "Common management" und "common business" sind dagegen eher selten anzutreffen und die Anwendbarkeit dieser Ansätze ist in der Literatur umstritten (vgl. PwC, MoA 2021, Appendix 2, A2.46ff.). Im Folgenden wird daher nur auf "common control" näher eingegangen.

Nach dem common control-Ansatz können Unternehmen oder Teile von Unternehmen zu einer Berichtseinheit kombiniert werden, wenn sie unter gemeinsamer Beherrschung (common control) stehen. Beherrschung – und damit auch gemeinsame Beherrschung – wird nach dem einschlägigen Rechnungslegungsstandards, hier IFRS 10, Konzernabschlüsse, beurteilt (IFRS-Komm., Teil B, IFRS 10). Die gemeinsame Beherrschung muss dabei durchgehend in allen dargestellten Berichtsperioden bestanden haben (vgl. FEE Paper, Tz. 4.7). Das bedeutet, dass eine Partei – das kann ein Unternehmen, eine natürliche Person oder auch eine Gruppe von Personen sein – alle zu kombinierenden Einheiten nach IFRS 10 durchgehend über sämtliche abzubildende Rechnungsperioden beherrscht. In vielen Fällen kann common control zweifelsfrei festgestellt werden, insbesondere dann, wenn ökonomische Aktivitäten aus einem übergeordneten Konzern im Wege eines Carve-outs oder eines Spin-offs herausgelöst werden. Dann ist mindestens das übergeordnete Konzernmutterunternehmen als beherrschendes Unternehmen identifizierbar und mithin sind auch alle zu kombinierenden Teileinheiten Tochterunternehmen (oder Teile von solchen) unter gemeinsamer Beherrschung des übergeordneten Konzernmutterunternehmen.

 

Tz. 17

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Neben common control als notwendige Bedingung bedarf es zusätzlich noch zweckadäquater Kriterien, um die darzustellenden ökonomischen Aktivitäten abzugrenzen. Die IFRS enthalten keine Regelungen dafür, was unter ökonomischen Aktivitäten zu verstehen ist. Daher ist vor dem Zweck des aufzustellenden kombinierten Abschlusses individuell zu beurteilen, wie die Abgrenzung der ökonomischen Aktivitäten zu erfolgen hat. Typischerweise handelt es sich bei den darzustellenden ökonomischen Aktivitäten um eine oder mehrere Steuerungseinheiten in einem Konzern (zB ein Konzernsegment). Dann kann in Bezug auf die Abgrenzung der ökonomischen Aktivitäten ggf. auf interne Steuerungsdokumente und -systeme zurückgegriffen werden. Vielfach werden diese aber vom Detaillierungsgrad nicht ausreichen, um eine vollständige Zuordnung von Vermögenswerten und Schulden sowie von Aufwendungen und Erträgen zu vollziehen.

 

Tz. 18

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In Bezug auf die Bilanz gibt es zB typischerweise eine Reihe von Vermögenswerten und Schulden, die von unterschiedlichen Geschäftsbereichen genutzt werden und daher nur teilweise den darzustellenden ökonomischen Aktivitäten zuzurechnen sind. Fraglich ist dann, unter welchen Voraussetzungen etwaige Vermögenswerte und Schulden im kombinierten Abschluss anzusetzen sind...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Baetge, Rechnungslegung nach IFRS (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?