Prof. Dr. Hanne Böckem, Dennis Bröcker
Tz. 5
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Finanzinformationen lassen sich nach unterschiedlichen Kriterien klassifizieren. Zunächst lässt sich zwischen retrospektiven (vergangenheitsorientierten) und prospektiven (zukunftsorientierten) Finanzinformationen differenzieren.
Während retrospektive Finanzinformationen die Vergangenheit abbilden, werden bei prospektiven Finanzinformationen für die Zukunft erwartete Geschäftsvorfälle und Transaktionen abgebildet. Zu den prospektiven Finanzinformationen zählen insbesondere Prognosen (forecasts) und Projektionen (projections), auf die hier nicht näher eingegangen wird (vgl. zu den Definitionen von Prognosen und Projektionen ISAE 3400, Tz. 4f.). Die Klassifikation von Finanzinformationen ist in folgender Abbildung zusammengefasst (vgl. KPMG, IFRS visuell, 9. Aufl., S. 257):
Abb. 1: Arten von Finanzinformationen (KPMG, IFRS visuell, 9. Aufl., S. 257)
Tz. 6
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Zu den retrospektiven Finanzinformationen zählen historische Abschlüsse sowie Pro-Forma-Finanzinformationen. Der Regelfall für historische Abschlüsse sind Einzel- und Konzernabschlüsse. Einzel- und Konzernabschlüsse haben gemein, dass historische Finanzinformationen für eine rechtlich oder wirtschaftlich abgrenzbare Berichtseinheit dargestellt werden. Bei Einzelabschlüssen wird die Berichtseinheit durch die rechtliche Einheit definiert. Bei einem Konzernabschluss handelt es sich um den Abschluss eines rechtlich selbständigen Mutterunternehmens, in dem die Finanzinformationen des Mutterunternehmens und die Finanzinformationen der Tochterunternehmen als wirtschaftliche Berichtseinheit "Konzern" im Wege der Konsolidierung zusammengefasst werden.
Während historische Abschlüsse die Finanzhistorie der Berichtseinheit so darstellen wie sie tatsächlich war, handelt es sich bei Pro-Forma-Finanzinformationen um hypothetische Finanzinformationen, die typischerweise im Zusammenhang mit Unternehmenstransaktionen zu erstellen sind. Der Zweck von Pro-Forma-Finanzinformationen ist es darzustellen, welche Auswirkungen eine oder mehrere Unternehmenstransaktionen, wie bspw. ein Unternehmenserwerb, auf historische Abschlüsse gehabt hätten, wenn die Unternehmenstransaktionen bereits zu einem früheren Zeitpunkt stattgefunden hätten (vgl. IDW RH HFA 1.004, Tz. 3). Insofern haben Pro-Forma-Finanzinformationen grundsätzlich eine Ergänzungsfunktion in Bezug auf historische Abschlüsse (vgl. IDW RH HFA 1.004, Tz. 2).
Tz. 7
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
UE zählen kombinierte Abschlüsse zu den historischen Abschlüssen (so auch Pföhler et al., WPg 2014, S. 476). Kombinierte Abschlüsse zeichnen sich dadurch aus, dass historische Finanzinformationen einer Berichtseinheit dargestellt werden, diese Berichtseinheit aber – anders als bei Einzel- und Konzernabschlüssen – nicht als Gesellschaft oder (Teil-)Konzern strukturiert ist, sondern über ein anderes bindendes Element verbunden bzw. abgrenzbar ist (vgl. Pföhler et al., WPg, 2014, S. 476, für eine Darstellung der Kriterien zur Abgrenzung des Kombinierungskreises vgl. Tz. 14ff.). Gleichwohl finden in Abgrenzung zu Pro-Forma-Finanzinformationen grundsätzlich keine hypothetischen Elemente Eingang in kombinierte Abschlüsse. Der wesentliche Unterschied zu einem Konzernabschluss ist, dass die Berichtseinheit nicht durch konzerntypische und gesellschaftsrechtlich strukturierte Beteiligungsverhältnisse abgegrenzt wird, sondern auf Basis anderer geeigneter (wirtschaftlicher) Abgrenzungskriterien.