Prof. Dr. Hanne Böckem, Dennis Bröcker
Tz. 61
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Dem Vollständigkeitsgebot folgend sind auch jene Kosten im kombinierten Abschluss zu erfassen, die zwar nicht in einer der zu kombinierenden Einheiten angefallen sind, jedoch den dargestellten ökonomischen Aktivitäten zurechenbar sind (all costs of doing business, vgl. Tz. 19). Hierzu zählen insbesondere zentrale Kosten, die im übergeordneten Konzern angefallen sind, aber nicht über interne Leistungsverrechnungen an die zu kombinierenden Einheiten weiterbelastet wurden. Dabei kann es sich zB um Kosten für administrative Funktionsbereiche wie Marketing, Rechnungslegung, Steuern, Recht, Personal oder Einkauf handeln. Erfolgt keine Weiterbelastung, sind für die Erfassung im kombinierten Abschluss Aufwendungen verursachungsgemäß zu ermitteln.
Tz. 62
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Strittig ist, wie die durch die kombinierte Einheit unentgeltlich in Anspruch genommenen Dienstleistungen zu bewerten sind. Gängige Praxis ist es, der kombinierten Berichtseinheit einen Teil der im übergeordneten Konzernabschluss erfassten Aufwendungen zuzuordnen; dies entspricht auch dem Grundgedanken der extraction method, wonach der kombinierte Abschluss als Ausschnitt aus einem übergeordneten Konzernabschluss zu interpretieren ist (vgl. Tz. 27). Im Idealfall kann über projekt- oder kostenstellenbezogenen Auswertungen eine direkte Zurechnung erfolgen. Wenn dies nicht möglich ist, sind alternative Allokationsschlüssel heranzuziehen. Gängige Vorgehensweisen sind u. a. eine Aufteilung auf Basis von Umsatzrelationen, Mitarbeiterzahlen oder Flächen (vgl. Geisler et al., KoR 2016, S. 155–156).
Tz. 63
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Da mit den erfassten Aufwendungen aus Sicht der kombinierten Berichtseinheit keine Vermögensminderung einhergeht, liegt es nahe, die erfassten Aufwendungen unmittelbar im Eigenkapital, wie eine Einlage durch den übergeordneten Konzern und damit nach den Grundsätzen für Gesellschaftertransaktionen, zu erfassen.
Tz. 64
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
UE ist es alternativ ebenso vertretbar, die unentgeltlich erbrachten Dienstleistungen als Gesellschaftertransaktionen zum fair value zu bewerten (vgl. Conceptual Framework 4.1 sowie KPMG, Insights into IFRS, 2021/22, 18. Aufl., 1.2.190). Wohl aufgrund der praktischen Herausforderungen bei der Ermittlung von fair values für administrative Dienstleistungen ist die Vorgehensweise in der Praxis wenig verbreitet.
Tz. 65
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
In Bezug auf die Darstellung in der Kapitalflussrechnung sind uE zwei Sichtweisen vertretbar (vgl. Tz. 73). Zum einen kann argumentiert werden, dass es sich im Fall unentgeltlich erbrachter Dienstleistungen um nicht zahlungswirksame Aufwendungen handelt, die im Cashflow aus operativer Geschäftstätigkeit zu korrigieren sind (sog. Nettomethode). Zum anderen ist es uE aber gleichermaßen zulässig, die Korrektur im Cashflow aus Finanzierungstätigkeit als Transaktion mit dem übergeordneten Mutterunternehmen darzustellen (sog. Bruttomethode).