Leitsatz

Gem. § 2a Abs. 3 Satz 1 EStG a.F. konnten bis zum Jahr 1998 im Fall des Vorliegens eines Doppelbesteuerungsabkommens Verluste aus ausländischen Betriebsstätten auf Antrag bei der Ermittlung des inländischen Gesamtbetrags der Einkünfte abgezogen werden (= Auswirkung auf Bemessungsgrundlage und Steuersatz). Diese Regelung war für den Steuerpflichtigen als sehr günstig anzusehen, da Gewinne ausländischer Betriebsstätten regelmäßig aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens freigestellt wurden und somit konsequenterweise auch Verluste hätten freigestellt, d.h. nicht berücksichtigt, werden müssen. Die Vorschrift des § 2a Abs. 3 Satz 1 EStG a.F. wurde allerdings durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 abgeschafft, so dass eine Berücksichtigung von nach Doppelbesteuerungsabkommen im Inland steuerfrei gestellten ausländischen Betriebsstättenverlusten nur noch über den negativen Progressionsvorbehalt (= lediglich Auswirkung auf Steuersatz) möglich ist. Diese Abschaffung ist nicht als verfassungswidrig einzustufen und verstößt auch nicht gegen die Grundsätze der Niederlassungsfreiheit des EG-Vertrags.

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine KG, die ihre Geschäftstätigkeit u.a. in Luxemburg über eine dort belegene Betriebsstätte betreibt. Im Streitjahr 1999 erzielte die Klägerin einen unstreitigen Verlust aus der luxemburgischen Betriebsstätte, der nach Art. 5 DBA Deutschland-Luxemburg in Deutschland aufgrund der Freistellungsmethode lediglich im Rahmen des negativen Progressionsvorbehalts berücksichtigt wurde. Der gegen die Ablehnung der Änderung des Bescheids eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg. Die Klägerin trägt durch die Klage vor, dass die Abschaffung der Regelung in § 2a Abs. 3 Satz 1 EStG mit Wirkung ab VZ 1999 verfassungswidrig sei, da dem Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und dem Prinzip der Gleichmäßigkeit der Besteuerung widersprochen werde. Zudem werde gegen die Grundsätze der Niederlassungsfreiheit des EG-Vertrags verstoßen. Das beklagte Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.

 

Entscheidung

Die Klage ist unbegründet. Die Streichung des § 2a Abs. 3 EStG a.F. hat der Gesetzgeber mit den Schwierigkeiten des Verwaltungsvollzugs begründet. Zudem war die Vorschrift, die die Steuerpflichtigen so stellte, als ob es kein Doppelbesteuerungsabkommen mit Freistellungsmethode gäbe, nach der Auffassung des Gesetzgebers systemwidrig. Die Streichung verstößt nicht gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, da dieses Prinzip nicht verlangt, dass jeder Verlust uneingeschränkt verrechenbar sein muss. Es genügt vielmehr, dass er überhaupt steuerlich berücksichtigt werden kann. Es ist daher als ausreichend anzusehen, wenn die negativen Einkünfte aus Betriebsstätten sich im Wege des negativen Progressionsvorbehalts auswirken können. Die Regelung verstößt auch nicht gegen die Grundsätze der Niederlassungsfreiheit des Art. 43 des EG-Vertrags. Ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit liegt nach der Rechtsprechung des EuGH nicht vor, wenn ein Mitgliedstaat bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage nur Gewinne und Verluste berücksichtigt, die aus der Inlandstätigkeit stammen. Ausgehend von dieser Entscheidung ist das FG der Auffassung, dass die geltende Regelung nicht gegen das Diskriminierungsverbot der EU verstößt. Revision wurde zugelassen.

 

Hinweis

Die Verfassungsmäßigkeit der Verlustabzugsbeschränkung ist stark umstritten, wurde vom BFH jedoch mehrfach bejaht (z.B. BFH, Urteil v. 17.10.1990, I R 182/87, BStBl 1991 II S. 136). Hauptkritikpunkt ist, dass das Verbot des Abzugs ausländischer Verluste dazu führen kann, dass Einkommensteuer erhoben wird, obwohl der Steuerpflichtige noch nicht einmal sein Existenzminimum bestreiten kann. Eine endgültige Entscheidung des BVerfG bleibt abzuwarten. Auch ist die Abschaffung der Regelung des § 2a Abs. 3 EStG a.F. nicht eindeutig als EU-konform anzusehen.

 

Link zur Entscheidung

FG Baden-Württemberg, Gerichtsbescheid vom 30.06.2004, 1 K 312/03

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