Leitsatz
1. Ein schuldrechtlicher Versorgungsausgleich kann auch in einem Ehevertrag vereinbart sein.
2. Mit § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG hat der Gesetzgeber eine Regelung getroffen, die auch die schuldrechtliche Teilung einer Rente als möglichen steuerrechtlich relevanten Einkünftetransfer akzeptiert.
Normenkette
§ 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG
Sachverhalt
Der Kläger und seine inzwischen von ihm geschiedenen Ehefrau schlossen 1991 einen notariellen Vertrag, der "Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung sowie Ehevertrag" genannt wurde und in dem u.a. vereinbart wurde, dass der Kläger, dem nach seiner Pensionierung Rentenansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Ansprüche aus einer betrieblichen Altersversorgung zustanden, sich verpflichtete, je 1/3 der Altersrenten brutto – und zwar in der jeweiligen Höhe – an seine Ex-Ehefrau als Unterhalt zu zahlen. Für das Jahr 2008, dem Beginn seiner Alterseinkünfte, beantragte der Kläger gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG a.F. die Berücksichtigung der von ihm an seine Ex-Ehefrau zu leistenden Zahlungen. Das FA lehnte dies ab. Auch die Klage war erfolglos (FG Hamburg, Urteil vom 8.6.2009, 3 K 79/08, Haufe-Index 2220163, EFG 2010, 42). Die ehemaligen Eheleute hätten keinen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG a.F. vereinbart. Diese Norm erfasse nur den in §§ 1587 ff. des BGB a.F. definierten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich. Eine analoge Anwendung des § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG a.F. auf andere Gestaltungen komme nicht in Betracht.
Entscheidung
Die Revision des Klägers war begründet. Die Vereinbarung aus dem Jahr 1991 war als schuldrechtlicher Ausgleich der Rentenansprüche auszulegen, sodass der BFH – im Gegensatz zum FG – die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG a.F. als erfüllt angesehen hat und die Zahlungen als Sonderausgaben abziehbar waren.
Hinweis
1. Zahlungen im Rahmen einer Vermögensauseinandersetzung sind grundsätzlich keine steuerlich abziehbaren Aufwendungen; dasselbe gilt für Unterhaltszahlungen. Soweit aber Renten geteilt werden, dinglich oder schuldrechtlich, nach Maßgabe des dispositiven Gesetzesrechts oder als Teil eines Ehevertrags, hat der Gesetzgeber mit dem durch das JStG 2008 eingeführten § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG a.F. eine Regelung getroffen, die auch die schuldrechtliche Teilung einer Rente als möglichen steuerrechtlich relevanten Einkünftetransfer akzeptiert. Danach sind Leistungen aufgrund eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs, soweit die ihnen zugrunde liegenden Einnahmen beim Ausgleichsverpflichteten der Besteuerung unterliegen, als Sonderausgaben abziehbar.
2. Dieser schuldrechtliche Versorgungsausgleich konnte nach §§ 1587ff. BGB a.F. vorgenommen werden. Aber auch ein durch Ehevertrag vereinbarter schuldrechtlicher Versorgungsausgleich war – so der X. Senat – von § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG a.F. umfasst.
3. Ab 2009 hat die gesetzliche Neuregelung des Versorgungsausgleichs den Begriff des "schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs" durch den der "schuldrechtlichen" Ausgleichszahlungen ersetzt. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG n.F. können die Ehegatten Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich in die Regelung der ehelichen Vermögensverhältnisse einbeziehen; sie können ihn ausschließen, sie können auch Ausgleichsansprüche vorbehalten. Neben der Möglichkeit der internen und der externen Teilung kann nach § 20 VersAusglG n.F. eine schuldrechtliche Ausgleichsrente verlangt werden. § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG n.F. verweist auf die §§ 20, 21, 22 und 26 VersAusglG n.F. Zutreffend wird daher auch nach Auffassung der Finanzverwaltung (BMF, Schreiben vom 9.4.2010, Rz. 4, BStBl I 2010, 323) im Rahmen der Neuregelung ein Sonderausgabenabzug (nur) versagt, wenn statt einer schuldrechtlichen Ausgleichzahlung ein Anrecht nach § 23 VersAusglG abgefunden wird.
4. In diesem Urteil macht der X. Senat nochmals deutlich, wann Ausgleichszahlungen als Werbungskosten und wann sie als Sonderausgaben anzusehen sind. Dienen die Zahlungen dazu, eine Verringerung der sonst im Scheidungsfall dem Kläger zufließenden Versorgungsbezüge zu verhindern, liegen Werbungskosten vor. Fließen dem Ausgleichspflichtigen dagegen auch im Scheidungsfall die ungekürzten Versorgungsbezüge zu, betrifft eine Vereinbarung, die den dinglichen Versorgungsausgleich durch eine andere Regelung ersetzt, nicht den Bereich der Einkunftserzielung – in dem allein Werbungskosten anfallen könnten –, sondern den der Einkommensverwendung, wenn der Ausgleichspflichtige einen Teil der Versorgungsbezüge an den ausgleichsberechtigten Ehegatten weiterleiten muss.
5. Ein Hinweis zur Höhe der zu berücksichtigenden Sonderausgaben: Ein schuldrechtlicher Versorgungsausgleich führt bei dem Versorgungsverpflichteten in dem Umfang zur Abziehbarkeit als Sonderausgaben, der dem Besteuerungsumfang der weitergeleiteten Erträge entspricht. Dementsprechend sind die Ausgleichszahlungen, soweit sie sich auf Betriebspensionen beziehen, in vollem Umfang, soweit sie auf die Ansprüche aus der gesetzli...