BMF, Schreiben v. 26.06.2024, IV B 5 - S 1305/19/10003 :008

 

I. Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) vom 31. Januar 2014 (BStBl 2014 I S. 290), der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 22. März 2024 (BStBl 2024 I S. 694) geändert worden ist, wie folgt geändert:

1. Im AEAO wird folgende Regelung zu § 89a AO eingefügt:

AEAO zu § 89a – Vorabverständigungsverfahren:

 

1. Eröffnung des Vorabverständigungsverfahrens

 

Zuständigkeiten

1.1. Zuständig für die Durchführung eines Vorabverständigungsverfahrens ist das BZSt als zuständige Behörde gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 FVG in Verbindung mit der Delegation durch das BMF-Schreiben vom 23. Mai 2022, BStBl 2022 I S. 838. Das BZSt handelt gemäß § 89a Abs. 1 Satz 1 AO im Einvernehmen mit der zuständigen obersten Landesfinanzbehörde oder der von dieser beauftragten Behörde (zuständige Landesfinanzbehörde). Dies gilt für die gesamte Dauer des Vorabverständigungsverfahrens (vgl. AEAO zu § 89a, Nr. 1.3, 1.19, 2.3, 2.7, 3.5, 5.1 und 7.3). Ist in diesem Abschnitt von „den Finanzbehörden“ die Rede, sind das BZSt und die zuständige Landesfinanzbehörde gemeinsam gemeint.

 

Antragstellung

1.2. Das Vorabverständigungsverfahren bezieht sich auf die steuerliche Beurteilung eines im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht verwirklichten Sachverhalts auf Grundlage anwendbarer DBA mit einem oder mehreren Staaten. Es wird nur unter den Voraussetzungen des § 89a AO geführt.

1.3. In grenzüberschreitenden Fällen, in denen die Auslegung und Anwendung von DBA in Rede steht, soll das Vorabverständigungsverfahren nach § 89a AO grundsätzlich vorrangig gegenüber einer verbindlichen Auskunft (§ 89 AO), einer verbindlichen Zusage (§ 204 AO) oder einer Anrufungsauskunft (§ 42e EStG) beantragt werden. Wird ein Antrag nach §89, § 204 AO oder§ 42e EStG gestellt und kommt nach summarischer Prüfung auch ein Vorabverständigungsverfahren nach § 89a AO in Betracht, soll der Antragsteller in der Regel auf das antragsgebundene Vorabverständigungsverfahren verwiesen werden.

1.4. Die Entscheidung über einen Antrag nach §89, § 204 AO oder§ 42e EStG ist bis zum Abschluss einer Vorabverständigungsvereinbarung oder der Ablehnung eines Vorabverständigungsverfahrens durch den anderen Staat zurückzustellen, soweit er denselben Sachverhalt oder dieselbe Rechtsfrage betrifft. Kommt es mit dem anderen Staat zum Abschluss einer Vorabverständigungsvereinbarung, ist ein Antrag nach §89, § 204 AO oder§ 42e EStG, der denselben Sachverhalt oder dieselbe Rechtsfrage betrifft, mangels berechtigten Interesses abzulehnen. Vor der Ablehnung ist der Antragsteller auf die Möglichkeit der Antragsrücknahme hinzuweisen.

1.5. Wird die Eröffnung des Vorabverständigungsverfahrens durch den anderen Staat abgelehnt, kann – auf Antrag des Steuerpflichtigen – eine verbindliche Auskunft (§ 89 AO), eine verbindliche Zusage (§ 204 AO) oder eine Anrufungsauskunft (§ 42e EStG) in Betracht kommen. Zu Fragen der grenzüberschreitenden Gewinnabgrenzung und Fragen der Betriebsstättengewinnaufteilung sollen unilateral keine verbindlichen Auskünfte erteilt werden.

1.6. Gegenstand eines Vorabverständigungsverfahrens können sämtliche Fragen der Auslegung und Anwendung von DBA sein, die im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht verwirklichte Sachverhalte betreffen. Damit kommen neben Fragen der grenzüberschreitenden Gewinnabgrenzung zwischen einander nahestehenden Personen oder der Gewinnzuordnung zu Betriebsstätten weitere Sachverhalte als Verfahrensgegenstand in Betracht, sofern in diesen Fällen nach dem Recht anderer beteiligter Staaten Vorabverständigungsverfahren möglich sind.

1.7. Nur Abkommensberechtigte nach dem zwischen den betroffenen Vertragsstaaten anzuwendenden DBA sind berechtigt, beim BZSt einen Antrag auf Durchführung eines Vorabverständigungsverfahrens zu stellen.

1.8. Personengesellschaften sind nach Artikel 4 Abs. 1 OECD-MA keine in Deutschland ansässigen Personen, da sie nicht aufgrund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts oder eines anderen steuerlichen Merkmals steuerpflichtig sind, und können daher im Regelfall keine Anträge auf die Durchführung eines Vorabverständigungsverfahrens stellen. Abkommens- und damit antragsberechtigt sind jedoch Personengesellschaften, die gemäß § 1a KStG zur Körperschaftsbesteuerung optiert haben. Haben Personengesellschaften nicht zur Körperschaftsbesteuerung optiert, ist im Regelfall jeder einzelne Gesellschafter einer Personengesellschaft abkommensberechtigt, wenn er in einem der Vertragsstaaten ansässig ist. Die Abkommensberechtigung richtet sich nach dem antragsgegenständlichen DBA (vgl. AEAO zu § 89a, Nr. 1.6). Für die Mitunternehmer von Personengesellschaften gilt, insbesondere mit Blick auf die gesonderte und einheitliche Feststellung nach § 180 AO, § 89a Abs. 1 Satz 4 AO.

1.9. Bei einer ertragsteuerlichen Organschaft ist die Abkommensberechtigung i...

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