Leitsatz
Das Prinzip der Abschnittsbesteuerung steht einer Berücksichtigung einer für das nächste Kalenderjahr geleisteten Unterhaltszahlung im Jahr der Zahlung nicht entgegen (entgegen bisheriger BFH-Rechtsprechung, vgl. u. a. BFH, Urteil v. 11.11.2010, VI R 16/09, BStBl 2011 II S. 966).
Sachverhalt
Der Kläger und seine Ehefrau machten in ihrer Steuererklärung 2010 eine Unterhaltszahlung an den in Brasilien lebenden Schwiegervater des Klägers vom 2.12.2010 i. H. v. 3.000 EUR als außergewöhnliche Belastung gem. § 33a EStG geltend. Sie legten eine Unterhaltserklärung für das Kalenderjahr 2010 vor, wonach der verwitwete Schwiegervater des Klägers in Brasilien wohnhaft sei. Er beziehe eine Rente i. H. v. umgerechnet 221,57 EUR monatlich und verfüge über kein Vermögen. Der Kläger begehrte die Anerkennung der Differenz zwischen dem von ihnen angesetzten Bedarf des Vaters der Klägerin i. H. v. 4.002 EUR und seinen Einkünften i. H. v. 2.346,84 EUR, also 1.655,16 EUR. Die Unterhaltszahlungen seien im Dezember 2010 für ein ganzes Jahr überwiesen worden. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die Unterhaltszahlungen seien nur zeitanteilig anzuerkennen. Für die Zahlung im Dezember 2010 könne daher nur der zeitanteilige Höchstbetrag für Dezember berücksichtigt werden. Gegen diese Behandlung richtet sich die Klage.
Entscheidung
Das Finanzgericht hat entschieden, dass die Unterhaltsaufwendungen des Klägers und seiner Ehefrau dem Grunde nach auch berücksichtigt werden können, soweit sie für einen Zeitraum über den Wechsel des Kalenderjahres hinaus getätigt worden sind. Soweit Aufwendungen des Streitjahres mit dazu bestimmt sind, den Unterhaltsbedarf auch des folgenden Jahres zu befriedigen, können sie nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH bei der Besteuerung des Streitjahres (aber auch des folgenden Jahres) nicht berücksichtigt werden; denn § 33a Abs. 1 EStG liege der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung zugrunde. Das Finanzgericht folgt jedoch der herrschenden Auffassung in der Literatur, wonach das Prinzip der Abschnittsbesteuerung einer Berücksichtigung der für das nächste Kalenderjahr geleisteten Unterhaltszahlung im Jahr der Zahlung nicht entgegensteht. Eine zeitliche Begrenzung auf das Kalenderjahr sei dem Gesetz nicht zu entnehmen.
Hinweis
Das Finanzgericht hat die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen. Das Aktenzeichen der Revision ist zurzeit noch nicht bekannt. Da die Entscheidung der bisherigen BFH Rechtsprechung nicht folgt, ist jedoch damit zu rechnen, dass das Finanzamt Revision einlegen wird. In vergleichbaren Fällen sollten daher Betroffene ihren Steuerbescheid mit einem Einspruch offen halten und auf das Ruhen des Verfahrens verweisen.
Link zur Entscheidung
FG Nürnberg, Urteil vom 13.07.2016, 5 K 19/16