Dipl.-Finanzwirt (FH) Dieter Haderer
Rz. 874
Für den Begriff "Herstellungskosten" ist die Definition des § 255 HGB maßgebend. Danach sind HK eines Gebäudes Aufwendungen, die durch die
- Herstellung,
- Erweiterung oder
- eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung
des Gebäudes entstehen (§ 255 Abs. 2 Satz 1 HGB).
Herstellung
Unter "Herstellung" ist die erstmalige Errichtung des Gebäudes zu verstehen. Die dabei anfallenden Lohn- und Materialkosten gehören zu den HK. Zu den HK eines Gebäudes gehören insbesondere die Planungskosten durch einen Architekten und Statiker, die Baugenehmigungsgebühr, Vermessungskosten, Erdaushub und Deponiegebühren, die eigentlichen Baukosten für Rohbau und Innenausbau (z. B. Maurer, Zimmerer, Installateur, Heizungsbauer, Stuckateur, Tischler, Elektriker, Fliesenlager, Maler). Außerdem sind HK die Kosten für den unmittelbaren Anschluss des Gebäudes an Versorgungs- oder Entsorgungsnetze, Richtfestkosten, soweit angemessen für die am Bau beteiligten Personen, Fahrtkosten des Steuerpflichtigen zur Baustelle in tatsächlicher Höhe, Aufwendungen für Wege zum Haus und zur Garage und Einfriedungen (Zaun, Hecke) bei einem Wohngebäude.
Besondere HK können Beiträge zur Ablösung einer Stellplatzverpflichtung an die Gemeinde, Beiträge an die Gemeinde zum Bau eines öffentlichen Kinderspielplatzes durch die Gemeinde, Abbruchkosten, Einbaumöbel als wesentliche Bestandteile des Gebäudes, Kosten der Baumängelbeseitigung, Entschädigungen oder Abfindungen an Mieter oder Pächter für vorzeitige Räumung eines abzureißenden Gebäudes sowie Prozesskosten i. Z. m. HK sein.
Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten können ausnahmsweise zu den HK eines Gebäudes gehören. Dies ist der Fall, wenn das Gebäude so sehr abgenutzt ist, dass es unbrauchbar geworden ist (Vollverschleiß), und durch die Instandsetzungsarbeiten unter Verwendung der übrigen noch nutzbaren Teile ein neues Gebäude hergestellt wird. Ein Vollverschleiß liegt vor, wenn das Gebäude schwere Substanzschäden an den für die Nutzbarkeit als Bau und die Nutzungsdauer des Gebäudes bestimmenden Teilen (z. B. Fundament, tragende Wände, Geschossdecken) hat.
Nicht zu den HK des Gebäudes, sondern zu den AK des Grund und Bodens, gehören kommunale Beitragsleistungen, die bezogen auf das Grundstückseigentum erhoben werden (insbesondere Straßenanlieger- und Erschließungskostenbeiträge).
Vom Bauherrn vergeblich an den Bauunternehmer geleistete Vorauszahlungen, weil dieser Insolvenz beantragt hat, sind sofort abziehbare Aufwendungen.
Rz. 875
Erweiterung
Unter "Erweiterung" und damit verbundenen "nachträglichen HK" versteht man
- die Aufstockung,
- einen Anbau,
- den Ausbau des Gebäudes. Ausbau ist das Schaffen von Wohnraum durch Ausbau des Dachgeschosses oder durch eine unter wesentlichem Bauaufwand durchgeführte Umwandlung von bisher anderen als Wohnzwecken dienenden Räumen.
- eine Vergrößerung der nutzbaren Fläche: Die nutzbare Fläche des Gebäudes wird vergrößert, wenn die Baumaßnahmen zu einer – wenn auch nur geringfügigen – Vergrößerung der Nutzfläche führen. Die Nutzfläche ist in sinngemäßer Anwendung der §§ 2–4 WoFIV zu ermitteln. Damit gehören auch die Anbringung einer zuvor nicht vorhandenen Dachgaube, der Anbau eines Balkons oder einer Terrasse zu den nachträglichen HK. Aufwendungen für die Ersetzung eines Flach- durch ein Satteldach sind nachträgliche HK, wenn dadurch eine erweiterte Nutzungsmöglichkeit durch den Dachraum geschaffen wird und eine erhebliche Wert- und Wesensänderung vorliegt (BFH, Urteil v. 15.5.2013, IX R 36/12, BFH/NV 2013 S. 1696).
- Vermehrung der Substanz (Einbau bisher nicht vorhandener Bestandteile): Ein Gebäude wird in seiner Substanz vermehrt, ohne dass zugleich seine nutzbare Fläche vergrößert wird, wenn z. B. zusätzliche Trennwände eingesetzt werden, eine Alarmanlage eingebaut, eine Sonnenmarkise montiert, ein Kachelofen oder Ofen für Festbrennstoffe zusätzlich zur vorhandenen Heizung installiert wird. Keine zu nachträglichen HK führende Substanzmehrung, sondern Erhaltungsaufwendungen (→ Tz 914) liegen vor, wenn der neue Gebäudebestandteil oder die neue Anlage die Funktion des bisherigen Gebäudebestandteils für das Gebäude in vergleichbarer Weise erfüllen.
Rz. 876
Über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung
Instandsetzungs- oder Modernisierungsaufwendungen sind, soweit sie nicht als Folge der Herstellung der Betriebsbereitschaft bereits zu den AK gehören, nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB als HK zu behandeln, wenn sie zu einer über den ursprünglichen Zustand hinausgehenden wesentlichen Verbesserung führen. Dies gilt auch, wenn oder soweit das Gebäude unentgeltlich erworben wurde.
Ursprünglicher Zustand ist grds. der Zustand des Gebäudes im Zeitpunkt der Herstellung oder Anschaffung durch den Steuerpflichtigen oder seinen Rechtsvorgänger im Fall des unentgeltlichen Erwerbs. Erforderlich ist danach ein Vergleich des Zustands des Gebäudes, in dem es sich bei Herstellung oder Anschaffung befunden hat, mit der Beschaffenheit, in die es dur...