Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Veranstaltet ein Arbeitgeber eine Tombola, bei der jedes Los zu einem hochpreisigen Gewinn führt, muss er den Vorteil beim Arbeitnehmer individuell lohnversteuern. Er darf sich nicht auf eine Anrufungsauskunft (mit erlaubter Pauschalbesteuerung) berufen, bei der das Finanzamt keine Kenntnis von der Gewinngarantie hatte.
Sachverhalt
Ein Arbeitgeber beantragte beim Finanzamt eine Anrufungsauskunft (§ 42e EStG) zu der Frage, ob Gewinne aus einer Verlosung, die anlässlich einer betrieblichen Weihnachtsfeier stattfinden sollte, der Lohnsteuerpauschalierung des § 40 Abs. 2 Nr. 2 EStG unterliegen (25 %ige Pauschalsteuer). Das Finanzamt erklärte daraufhin, dass der Pauschsteuersatz anwendbar ist. Was das Amt dabei nicht wusste: Bei der Verlosung sollte es keine Nieten oder Trostpreise geben, stattdessen "gewannen" alle Arbeitnehmer mit ihrem Los einen Reisegutschein im Wert von jeweils 6.000 bis 26.000 EUR.
Der Arbeitgeber ging entsprechend der erhaltenen Anrufungsauskunft vor und versteuerte die Vorteile nach dem 25 %igen Pauschsteuersatz.
Im Zuge einer Lohnsteueraußenprüfung deckte das Finanzamt dann die bestehende Gewinngarantie auf. Da eine Pauschalbesteuerung nach Auffassung des Amtes unter diesen Vorzeichen nicht mehr möglich war, unterwarf es die Zuwendungen der Regellohnbesteuerung (§39b EStG). Das Finanzamt sah sich nicht an die Anrufungsauskunft gebunden, da der Arbeitgeber im entsprechenden Antrag unvollständige bzw. falsche Angaben über die Modalitäten der Verlosung gemacht hatte. Mit entsprechendem Haftungsbescheid forderte das Amt die Mehrsteuer vom Arbeitgeber nach.
Entscheidung
Das FG urteilte, dass das Finanzamt den Arbeitgeber zu Recht in Haftung genommen hat und es nicht an die erteilte Anrufungsauskunft gebunden war. Zunächst einmal darf für die "verlosten" Reisegewinne nicht die Lohnsteuerpauschalierung des § 40 Abs. 2 Nr. 2 EStG in Anspruch genommen werden. Voraussetzung für die 25 %ige Besteuerung ist nämlich, dass der Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen gezahlt wird, demnach in einem sachlichen Zusammenhang mit der Veranstaltung steht. Die "gewonnenen" Reisegutscheine sind jedoch lediglich bei Gelegenheit der Betriebsveranstaltung zugewandt worden und als individuelle Belohnung der Arbeitnehmer zu werten. Anders als bei einer normalen Tombola war die "Verlosung" der Reisen so ausgestaltet, dass es keine Nieten und Trostpreise, sondern nur Gewinne im Wert von mehr als einem Monatsgehalt (selbst bei der Annahme großzügiger Gehälter).
Das Finanzamt war durch die Anrufungsauskunft auch nicht daran gehindert, die vorgenannte rechtliche Einordnung tatsächlich umzusetzen. Denn eine Bindungswirkung der Auskunft besteht nur dann, wenn der vom Arbeitgeber geschilderte Sachverhalt auch mit dem tatsächlich verwirklichten Sachverhalt übereinstimmt. Vorliegend hat der Arbeitgeber allerdings zwei wesentliche Dinge verzerrt dargestellt: Er hatte in seinem Antrag nur von Gewinnen in einer Größenordnung zwischen 1.000 und 15.000 EUR gesprochen und zudem unerwähnt gelassen, dass die Verlosung ohne Nieten und Trostpreise vonstattengehen sollte. Diese beiden Faktoren führten im Zusammenspiel dazu, dass der geschilderte Sachverhalt nicht dem tatsächlich umgesetzten Sachverhalt entsprach.
Hinweis
Das Urteil zeigt, dass es bei einer Anrufungsauskunft entscheidend darauf ankommt, dass der Arbeitgeber den geplanten Sachverhalt lückenlos und korrekt darstellt - insbesondere hinsichtlich der Punkte, die für die rechtliche Einordnung entscheidend sind (hier: Höhe der Gewinne und Gewinngarantie). Wer den geschilderten Sachverhalt in anderer Form umsetzt, kann sich später nicht mehr auf die Bindungswirkung der Anrufungsauskunft berufen.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 17.02.2012, 8 K 3916/08