Leitsatz
1. Die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 14 AO ist auf den Gewerbesteuermessbescheid als Grundlagenbescheid weder unmittelbar noch sinngemäß anwendbar.
2. Der gem. § 181 Abs. 5 Satz 2 AO erforderliche Hinweis dient nicht nur der Begründung, sondern hat Regelungscharakter (Bestätigung der BFH-Rechtsprechung).
Normenkette
§ 171 Abs. 14, § 181 Abs. 5, § 184 Abs. 1 AO
Sachverhalt
Der Kläger erzielte u.a. als Berufssportler Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er war zudem Inhaber zahlreicher eingetragener Marken, an deren Schaffung und Verwertung sein Geschäftspartner B als stiller Gesellschafter teilweise mitwirkte. Die Einnahmen aus der Verwertung der Markenrechte erfasste er im Rahmen seines Einzelunternehmers. Das FA setzte den Gewerbesteuermessbetrag für das Streitjahr 1997 in 1999 zunächst auf dieser Grundlage fest. Im Anschluss an eine Außenprüfung waren alle Beteiligten der Auffassung, der Kläger und B hätten eine Innengesellschaft gebildet, die als Mitunternehmerschaft die Markenrechte vertrieben hätte, sodass eine gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung notwendig sei. Im Anschluss daran änderte das FA 2004 den Gewerbesteuermessbescheid 1997 und nahm die Besteuerungsgrundlagen heraus, die die Mitunternehmerschaft betrafen. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig. Zeitgleich übersandte das FA einen an die GbR gerichteten Gewerbesteuermessbescheid 1997. Ebenso setzte die Gemeinde C die Gewerbesteuer der GbR für 1997 fest. Den festgesetzten Betrag beglichen der Kläger und B. In einem Klageverfahren gegen den Gewerbesteuermessbescheid der GbR beriefen sich der Kläger und B darauf, dass eine Innengesellschaft nicht Schuldnerin der Gewerbesteuer sein könne. Das FA hob den Bescheid auf, sodass die Beteiligten das Klageverfahren daraufhin übereinstimmend für erledigt erklärten.
Im April 2009 setzte das FA den Gewerbesteuermessbetrag für 1997 dem Kläger gegenüber betreffend den Gewerbebetrieb der von ihm mit B begründeten Innengesellschaft der Höhe nach unverändert fest. Einspruch und Klage gegen diese Messbetragsfestsetzung blieben ohne Erfolg. Das FG war der Ansicht, das FA habe den Gewerbesteuermessbescheid 1997 im April 2009 trotz Ablaufs der regulären Festsetzungsfrist nach § 181 Abs. 5 AO noch erlassen dürfen, da es zu Recht davon ausgegangen sei, dass die Voraussetzungen der Ablaufhemmung des § 171 Abs. 14 AO erfüllt seien (FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom 18.11.2011, 11 K 4919/09, Haufe-Index 2920175, EFG 2012, 783).
Entscheidung
Die Revision des Klägers war begründet. Der BFH sah aus den unter den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen weder die Voraussetzungen des § 171 Abs. 14 AO noch die des § 181 Abs. 5 AO als erfüllt an.
Hinweis
1. Gem. § 171 Abs. 14 AO endet die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO noch nicht verjährt ist. Dies gilt jedoch nicht für einen Grundlagenbescheid, der keinen unmittelbaren Anspruch des FA begründet. Im Falle eines Gewerbesteuermessbetrages bedeutet dies, dass die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 14 AO allein auf der Stufe der Gewerbesteuer als Folgesteuer einschlägig ist, da bei der Gewerbesteuer allein die Gemeinde einen Steueranspruch gegen den Gewerbesteuerschuldner hat und nur gegen die Gemeinde ggf. ein Erstattungsanspruch besteht.
2. Nach Ansicht des BFH ist die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 14 AO auf der Ebene des Messbescheids auch nicht sinngemäß anzuwenden. Da § 181 Abs. 5 Satz 1 AO den Erlass eines Grundlagenbescheids auch dann noch ermöglicht, wenn allein der Steueranspruch nicht festsetzungsverjährt ist, besteht für eine sinngemäße Anwendung des § 171 Abs. 14 AO auf der Ebene des Grundlagenbescheids kein Bedürfnis.
3.Ob § 181 Abs. 5 Satz 1 AO über § 184 Abs. 1 Satz 3 AO auch auf einen Gewerbesteuermessbescheid Anwendung findet (str., vgl. z.B. T/K § 184 AO, Rz. 5), brauchte der X. Senat nicht zu entscheiden, da selbst bei Bejahung der Anwendbarkeit des § 181 Abs. 5 Satz 1 AO dessen Voraussetzungen im Streitfall nicht gegeben waren.
4.Nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO hat das FA bei Erlass eines Feststellungsbescheids nach Ablauf der Feststellungsfrist in dem Bescheid nämlich darauf hinzuweisen, dass die getroffenen Feststellungen nur noch für solche Steuerfestsetzungen Bedeutung haben sollen, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist. Dieser Hinweis hat nicht bloße Begründungsfunktion, sondern Regelungscharakter, weil mit ihm der (zeitliche) Geltungsbereich der getroffenen Feststellungen abweichend von § 182 Abs. 1 AO bestimmt und damit rechtsgestaltend auf das Steuerrechtsverhältnis eingewirkt wird. Für den Steuerpflichtigen und die für den Folgebescheid zuständige Behörde muss deshalb erkennbar sein, dass es sich um einen Feststellungsbescheid handelt, der lediglich für solche Steuerfestsetzungen bedeutsam ist, bei denen die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 5...