Leitsatz
Eine steuerbefreite Körperschaft, die eine andere steuerbefreite Körperschaft bei der Verwirklichung satzungsmäßiger Zwecke gegen Entgelt selbstständig und eigenverantwortlich unterstützt, kann einen Zweckbetrieb unterhalten, wenn sie hierdurch zugleich eigene satzungsmäßige Ziele verfolgt.
Normenkette
§ 52, § 53 S. 1 Nr. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 58 Nr. 3, § 63, § 64 Abs. 1, § 65, § 66; § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG
Sachverhalt
Klägerin war eine im Streitjahr 1997 gegründete GmbH. Ihr Stammkapital wurde von zwei gemeinnützigen Stiftungen gehalten.
Gegenstand der Tätigkeit der Klägerin sind satzungsgemäß heilpädagogische Betreuungs-Dienstleistungen.
Sie hat im Streitjahr mit bei ihr angestellten Betreuern und Honorarkräften Jugendliche, die in den beiden Stiftungen untergebracht waren, betreut und therapeutisch gefördert und auch Fördermaßnahmen gegenüber anderen Jugendlichen erbracht. Durch ihre Dienste stellt die Klägerin die lückenlose Betreuung und Beaufsichtigung der behinderten Jugendlichen sicher. Die entsprechenden Aufträge wurden ihr von den beiden Stiftungen erteilt und in Eigenverantwortung wahrgenommen. In ihren Händen liegen die gesamte Personalplanung und -disposition sowie insbesondere die Auswahl und Fortbildung der Mitarbeiter. Die erforderlichen fachlichen Dienst- und Arbeitsanweisungen werden ebenfalls von der Klägerin erteilt.
Für die im Dezember 1997 erbrachten Betreuungsleistungen stellte die Klägerin den Stiftungen insgesamt 74 895 DM in Rechnung; hiermit sollten die bei ihr entstandenen Personalkosten einschließlich eines Organisationszuschlags abgegolten werden. Weiterhin erzielte sie aus sonstigen heilpädagogischen Leistungen, die sie im Auftrag einer der beiden Stiftungen für Sozialämter erbrachte, Einnahmen i.H.v. 4 954 DM. Sie erwirtschaftete im Streitjahr einen Gewinn von 4 117 DM. Nachfolgend erzielte sie in 1998 einen Gewinn von 13 417,63 DM, in 1999 und 2000 Verluste i.H.v. 11 437,87 DM und 23 542 DM.
Das FA sah die für die Stiftungen erbrachten Leistungen als Personalgestellung an; die Voraussetzungen der Steuervergünstigung gem. §§ 51 ff. AO und § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG seien nicht erfüllt, weil es an der Unmittelbarkeit und Ausschließlichkeit der Zweckerfüllung fehle. Hiervon ausgehend unterwarf er die für die Überlassung von Personal erzielten Einkünfte der KSt.
Das Schleswig-Holsteinische FG gab der Klage mit Urteil vom 06.12.2007, 1 K 104/00 (Haufe-Index 1873130) statt.
Entscheidung
Der BFH sah das im Ausgangspunkt anders.
Es fehle an Fällen wie dem streitigen an der erforderlichen Unmittelbarkeit der Leistungserbringung und damit der gemeinnützigen Zweckverfolgung. Indessen möge u.U. ein Zweckbetrieb i.S.v. § 65 AO vorliegen, wenn die entgeltliche Mittelbeschaffung in arbeitsteiligem Zusammenwirken mit einem anderen gemeinnützigen Leistungserbringer ebenfalls den Satzungszwecken diene. Allerdings müsse die Leistungserbringung dann unvermeidbar sein und dürfe keine besonderen Wettbewerbsverzerrungen mit sich bringen.
Um all das aufzuklären wurde die Sache an das FG zurückverwiesen.
Hinweis
1. Rechtstreitigkeiten zur steuerlichen Gemeinnützigkeit sind immer etwas (rechtspolitisch) heikel und ihre Ergebnisse finden nicht immer Akzeptanz und Gefallen, weil die vielen Hürden, die zu schultern sind, um als gemeinnützig anerkannt zu werden, oftmals als zu hoch empfunden werden. Kritikern ist aber entgegenzuhalten, dass die steuerliche Gemeinnützigkeit immer auch mit dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung zu anderen Steuerpflichtigen konkurriert. Manchmal wünscht man sich eine direkte staatliche Förderung. Das ohnehin komplizierte Steuerrecht würde dadurch spürbar entlastet.
2. Vor diesem Hintergrund:
Die steuerliche Gemeinnützigkeit verlangt bekanntermaßen zum einen, dass satzungsmäßig steuerbegünstigte Zwecke i.S.d. § 52 Abs. 2 AO verfolgt werden, zum anderen aber, dass die tatsächliche Geschäftsführung der betreffenden Körperschaft auch auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung jener Zwecke gerichtet sein muss. Nur dann wird sie gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der KSt befreit.
Der BFH vertritt dazu eine strenge Linie, die das Erfordernis der Unmittelbarkeit beim Wort nimmt und insbesondere Hilfspersonen, die anderen gemeinnützigen Körperschaften "zuarbeiten", weitgehend von der Inanspruchnahme der Steuerbegünstigung ausspart.
3. Daran hat der BFH erst soeben festgehalten (BFH, Urteil vom 16.12.2009, I R 49/08, BFH/NV 2010, 1047, BFH/PR 2010, 223) und dabei bleibt es auch jetzt:
a) Er hält das strenge Unmittelbarkeitserfordernis auch im Hinblick auf einen Zweckbetrieb der Wohlfahrtspflege i.S.v. § 66 AO für unerlässlich. Leistungen, die unmittelbar gegenüber einem – als solchen seinerseits gemeinnützigen – Gesellschafter erbracht werden, genügen deswegen nicht, auch wenn sie den zu begünstigenden Personen im Ergebnis zugute kommen. Es kann insoweit auf die jüngsten Praxis-Hinweise in BFH/PR 2010, 223 verwiesen werden.
b) Das gilt im Kern gleichermaßen für die Annahme eines allgemeinen Zwe...