Leitsatz
Nutzt ein selbständiger Facharzt in dem im Miteigentum seiner Ehefrau stehenden selbstbewohnten Haus (neben einem Behandlungszimmer) einen Lagerraum für betriebliche Zwecke, so stellt der ideelle Miteigentumsanteil der Ehefrau hieran grundsätzlich kein selbständiges Wirtschaftsgut des Praxisinhabers dar, dessen stille Reserven im Falle der Betriebsaufgabe aufzulösen wären. Weiterhin begründet der Ehemann mangels eines zivilrechtlichen Ausgleichsanspruchs gegen die Miteigentümerin auch kein wirtschaftliches Eigentum an deren ideellem Anteil, wenn der Lagerraum nicht durch besondere Ein- oder Umbauten für die Praxiszwecke hergerichtet wurde und der bezweckte Erfolg der unentgeltlichen Nutzungsüberlassung eingetreten ist.
Sachverhalt
Die Kläger sind Miteigentümer zu je 50 % des selbstgenutzten Einfamilienhauses in X-Stadt, welches im Jahr 1983 erworben wurde; der Kaufpreis von 320 TDM wurde durch Darlehensmittel finanziert. Darlehensnehmer waren beide Kläger. Die Klägerin ist Hausfrau; der Kläger war im Streitjahr als Facharzt für Urologie in gemieteten Räumen selbstständig tätig, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelte. Im Keller des im Übrigen zu eigenen Wohnzwecken genutzten Einfamilienhauses hatte der Kläger ein Arbeitszimmer, einen Behandlungsraum (je 7,1 % der gesamten Nutzfläche des Hauses) und ab 1987 einen Lagerraum (14,16 % der gesamten Nutzfläche) unterhalten. Hierfür hatte er in den Vorjahren die anteiligen Hauskosten und die AfA als Betriebsausgaben abgezogen, und zwar für den Behandlungsraum bis 30.11.1993, für das Arbeitszimmer bis 31.12.1995 und für den Lagerraum von 1987 bis 1998. Zum 28. 12. 1998 veräußerte er die Praxis für 360 TDM, wovon 60 TDM auf die Einrichtung und 300 TDM auf den Praxiswert entfielen. Der Kläger erklärte für 1998 einen Veräußerungsgewinn von 375.572 DM. Der Beklagte vertrat die Auffassung, der Aufgabegewinn 1998 sei um den Entnahmewert des Lagerraums (23 TDM) zu erhöhen, da sowohl der hälftige Miteigentumsanteil des Klägers als auch der der Ehefrau notwendiges Betriebsvermögen darstelle. Die dem Kläger zustehende unentgeltliche Nutzungsbefugnis am Gebäudeanteil der Klägerin sei wie ein materielles Wirtschaftsgut zu behandeln. Ein Grundstücksteil von untergeordneter Bedeutung liege nicht vor. Insoweit sei auf die erstmalige eigenbetriebliche Nutzung abzustellen; zu dem Zeitpunkt habe die Nutzung sich auf alle Kellerräume (28,36 % der Gesamtnutzfläche) erstreckt. Zum Entnahmezeitpunkt seien 14,14 % betrieblich genutzt worden; damit ergebe sich eine Gewinnerhöhung um 23 TDM. Der vom Kläger eingelegte Einspruch wurde am 4.3.2002 zurückgewiesen.
Entscheidung
Die Klage ist begründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO). Zu Unrecht hat der Beklagte für den beruflich genutzten Lagerraum, soweit dieser im Miteigentum der Klägerin steht, einen Entnahmegewinn angesetzt. Bei der Aufgabe einer freiberuflichen Tätigkeit berechnet sich der Aufgabegewinn nach § 16 Abs. 2-3 EStG i.V.m. § 18 Abs. 3 EStG. Als Veräußerungsgewinn ist der Betrag anzusetzen, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens übersteigt. Werden Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens nicht veräußert, ist der gemeine Wert im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe anzusetzen (§ 16 Abs. 3 Satz 4 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung). So weit der beruflich genutzte Lagerraum nicht im Eigentum des Klägers, sondern der Klägerin als Nichtunternehmerin stand, ist er nicht zum Betriebsvermögen des Klägers zu rechnen.
Erwerben Eheleute gemeinsam ein Grundstück, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass jeder von ihnen entsprechend seinem Miteigentumsanteil die Anschaffungs- oder Herstellungskosten getragen hat; diese Zuordnungsvermutung gilt unabhängig davon, wie viel der einzelne tatsächlich an eigenen Beiträgen geleistet hat (Meurer in Lademann Komm. zum EStG § 4 Tz. 572). Jeder der Ehegatten ist so anzusehen, als habe er die auf seinen Anteil entfallenden Kosten selbst getragen (BFH, Beschluss v. 23.8.1999, GrS 2/97, BStBl 1999 II S. 782). Diese Zuordnungsvermutung gilt dann allerdings nicht, wenn sich der Steuerpflichtige über seinen eigenen Miteigentumsanteil hinaus an den Anschaffungskosten beteiligt, weil er einen Teil des Wirtschaftsgutes unentgeltlich zu betrieblichen oder beruflichen Zwecken nutzen will. In dem Fall dienen die von ihm aufgewandten Kosten vorrangig der Finanzierung eines Wirtschaftsgutes, das ausschließlich seinen eigenen beruflichen Zwecken dient; die auf den beruflich genutzten Anteil entfallenden Aufwendungen werden im eigenen beruflichen Interesse getragen (BFH, Beschluss v. 23.8.1999 GrS 1/97, BStBl 1999 II S. 778). Dies führt dazu, dass dem Nichteigentümer-Ehegatten zwar die geleisteten Aufwendungen vorrangig zuzuweisen sind mit der Folge, dass ihm ein Abzug der Anschaffungskosten im Wege der AfA als Betriebsausgaben zusteht; die Aufwendungen sind jedoch...