Leitsatz

Die Aufhebung eines für eine bestimmte Laufzeit begründeten Schuldverhältnisses gegen Entschädigung führt nicht zur Bildung eines passiven RAP.

 

Normenkette

§ 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG , § 250 Abs. 2 HGB

 

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt als GmbH eine Hausverwaltung. In den Streitjahren schloss sie zwei Vereinbarungen über die jeweils vorzeitige Beendigung bestehender Hausverwaltungsverträge gegen Entschädigung.

In der ersten Vereinbarung aus dem Jahr 1997 verzichtete die Klägerin auf Ansprüche aus einem bis zum 31.12.2010 laufenden Hausverwaltungsvertrag; dabei lautete die Klausel über die Entschädigung: "Als Abfindung für die verkürzte Laufzeit des Vertrags ... und für die Mühe und Arbeit bei der Übergabe des Objekts zahlt ... (der Vertragspartner) ... einen Betrag von 380.000 DM." In der zweiten Vereinbarung aus dem Jahr 1998 lautete die Klausel: "Zum Ausgleich für die verkürzte Laufzeit der Verträge ... entrichtet ... (der Vertragspartner) ... eine einmalige Abfindungsleistung von 25.000 DM." Damit sollte die "Nichtausübung der Rechte aus dem Verwaltungsvertrag" in der Zeit vom 1.4.1998 bis zum 31.12. 2000 abgegolten sein.

Die Klägerin passivierte in ihren Jahresabschlüssen zum 31.12.1997 und 31.12.1998 in Höhe der erhaltenen Abfindungszahlungen jeweils Rechnungsabgrenzungsposten (RAP), die sie über die ursprünglich vorgesehene Restlaufzeit der Hausverwaltungsverträge auflöste. Das FA löste die RAP im Jahr ihrer Bildung erfolgswirksam auf.

Die hiergegen gerichtete Klage blieb ebenso ohne Erfolg (EFG 2004, 999)...

 

Entscheidung

... wie die anschließende Revision vor dem BFH:

1. Die Verträge über die Aufhebung der Hausverwalterverträge seien als solche zu "isolieren" und zu beurteilen.

2. Nach Aufhebung der Verwalterverträge bestünden auch keine besonderen Duldungspflichten der Klägerin fort, deren Erfüllung nach dem Bilanzstichtag noch hätte ausstehen können. Derartige mit Entschädigungszahlungen verbundene Duldungspflichten habe die Rechtsprechung zwar verschiedentlich angenommen, so z.B. im Fall eines Wettbewerbsverzichts, in dem die Leistung als solche gewertet wurde, die laufend während der Geltung der Wettbewerbsabrede zu bewirken war (BFH, Urteil vom 29.10.1969, IV 175/65, BStBl II 1970, 315).

Das unterscheide sich vom Streitfall indessen dadurch, dass dort im Rahmen eines neuerlich begründeten schuldrechtlichen Rechtsverhältnisses Verpflichtungen zu bestimmten Leistungen in Form einer Duldung oder Unterlassung begründet werden, denen ein durchsetzbarer korrespondierender Anspruch eines Gläubigers i.S.v. § 194 BGB gegenüberstehe. Derart gestaltete Duldungs- oder Unterlassungspflichten seien im Streitfall durch die Aufhebungsverträge nicht begründet worden. Vielmehr habe die Klägerin ihrerseits auf eigene Ansprüche aus den bestehenden Hausverwalterverträgen und damit auf Geschäftschancen in Form zu erwartender Einnahmen und Erträge verzichtet.

Für ihre "Entlassung" aus den Verträgen seien andererseits von den ehemaligen Vertragspartnern die Entschädigungen auf der Grundlage der der Klägerin jeweils entgangenen Rendite geleistet worden. Nicht hingegen habe man durch die Aufhebungsverträge weitergehende Ansprüche der ehemaligen Vertragspartner gegen die Klägerin auf Unterlassen bestimmter Tätigkeiten als Gegenstand eines neuerlichen Schuldverhältnisses begründet.

 

Hinweis

1. Gem. § 250 Abs. 2 HGB sind als RAP auf der Passivseite Einnahmen vor dem Abschlussstichtag auszuweisen, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Zeitpunkt darstellen; dem entspricht wörtlich § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG. Diese Vorschriften sollen gewährleisten, dass ein vom Steuerpflichtigen vorab vereinnahmtes Entgelt entsprechend dem Realisationsprinzip ( § 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Halbsatz, Nr. 5 HGB) erst dann – durch Auflösung des RAP – erfolgswirksam wird, wenn der Kaufmann seine noch ausstehende Gegenleistung erbracht hat. Gewinne dürfen erst berücksichtigt werden, wenn sie am Abschlussstichtag durch Umsatzakte realisiert sind. Insoweit ist die Zielrichtung der passiven Rechnungsabgrenzung mit der der Passivierung von Anzahlungen ( § 266 Abs. 3 C Nr. 3 HGB) vergleichbar.

2. Mit der bezeichneten Zielrichtung betreffen Rechnungsabgrenzungen typischerweise Vorleistungen eines Vertragspartners im Rahmen eines gegenseitigen Vertrags i.S.d. § § 320 ff. BGB. Dabei kann die zu berücksichtigende Gegenleistung auch in einem Dulden oder Unterlassen bestehen.

3. Im Hinblick auf die für eine Rechnungsabgrenzung erforderliche zeitliche Zuordenbarkeit des Entgelts ("bestimmte Zeit") muss die noch ausstehende Gegenleistung des Kaufmanns aber zeitbezogen oder periodisch aufteilbar sein. Dies setzt eine zumindest qualitativ gleichbleibende Dauerverpflichtung voraus, die einem "Wertverzehr" unterliegt.

4. Da das bezogene Entgelt am jeweiligen Bilanzstichtag nur insoweit abzugrenzen ist, als es Ertrag für eine bestimmte Zeit "nach diesem Zeitpunkt" darstellt, muss darüber hinaus seitens des Kaufmanns eine Verpflichtung zu einer nach diesem Bi...

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