Leitsatz
1. Die Hingabe von Gesellschafterdarlehen an Kapitalgesellschaften, an denen der Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, begründet auch bei einem beträchtlichen Kreditvolumen weder die Eigenschaft als Marktteilnehmer noch überschreitet diese Tätigkeit ohne Weiteres die Grenze der privaten Vermögensverwaltung.
2. Die gewerbliche Darlehenshingabe verlangt eine "bankähnliche" bzw. "bankentypische" Tätigkeit.
3. Bloße Darlehensgewährungen führen zu keiner sachlichen Verflechtung und begründen keine Betriebsaufspaltung.
4. Der Steuerpflichtige kann als Gläubiger der Kapitalerträge jedenfalls dann eine der Anteilseigner-Kapitalgesellschaft nahe stehende Person i.S. des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 2 EStG sein, wenn er aufgrund seiner Beteiligung an dieser über die Mehrheit der Stimmrechte in deren Gesellschafterversammlung verfügt (Anschluss an BFH-Urteil vom 20.10.2016 – VIII R 27/15, BFHE 256, 248, BStBl II 2017, 441).
Normenkette
§ 15 Abs. 2, § 17, § 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Abs. 9 Satz 1, § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b, Abs. 2 Nr. 3, § 52 Abs. 28 Satz 16 EStG, § 120 Abs. 3 Nr. 1 FGO
Sachverhalt
Der Kläger gewährte der Y-GmbH in den Jahren 2006 bis 2008 Darlehen i.H.v. mehr als 2 Mio. EUR. Er war an der Y-GmbH über die X-GmbH mehrheitlich, im Jahr 2009 letztlich mittelbar zu 20,4 % beteiligt. Im Jahr 2010 wurde über das Vermögen der Y-GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger machte im Klageverfahren sowohl die Refinanzierungszinsen für die der Y-GmbH gewährten Darlehen als auch deren Ausfall durch die Insolvenz als Betriebsausgaben einer gewerblichen Kreditvergabe geltend. Sowohl das FA als auch das FG lehnten dies ab (FG Köln, Urteil vom 18.1.2017, 9 K 267/14, Haufe-Index 10881345, EFG 2017, 988).
Entscheidung
Die Revision war nur zu einem geringen Teil begründet. Der BFH urteilte, das FG habe zwar zutreffend erkannt, dass weder ein Gewerbebetrieb des Klägers gegeben gewesen sei noch der Ausfall der Darlehensforderungen als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen anerkannt werden könne. Da die Refinanzierungszinsen aber ggf. zum Teil als Werbungskosten zu berücksichtigen sein könnten, wurde die Sache an das FG zurückverwiesen.
Hinweis
In diesem Urteil beschäftigt sich der X. Senat sowohl mit den Voraussetzungen der gewerblichen Kreditvergabe (unter 1.) als auch der Betriebsaufspaltung (unter 2.). Da er im Streifall beides verneinte, erfolgte auf der Grundlage der Rechtsprechung des für Kapitalerträge zuständigen VIII. Senats die Prüfung der Abziehbarkeit von Werbungskosten bei Einkünften aus Kapitalvermögen (unter 3. bis 8.).
1. Zunächst weist der BFH darauf hin, dass bei der Beurteilung, ob eine gewerbliche Kreditvergabe gegeben ist, die Annahme der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil die Darlehen einer Gesellschaft gewährt werden, an der der (gewerbliche) Darlehensgeber beteiligt ist. Auch führt die fehlende Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Gewährung von Krediten gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 KWG nicht zur Ablehnung eines gewerblichen Handels. Gewährt ein Steuerpflichtiger aber erkennbar die Darlehen nur im Hinblick auf seine Beteiligung an dem Darlehensnehmer und nicht in seiner Eigenschaft als Marktteilnehmer, ist das Merkmal der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht gegeben.
Zudem ist – ähnlich wie bei der Unterscheidung zwischen einem gewerblichen Wertpapierhandel und der privaten Vermögensverwaltung – bei der Abgrenzung einer gewerblichen Kreditvergabe von einer privaten Vermögensverwaltung zu prüfen, ob Darlehen an verschiedene Personen bankgeschäftsähnlich vergeben werden. Ein Tätigwerden ausschließlich für eigene Rechnung deutet im Regelfall darauf hin, dass der Rahmen der privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten wird.
2. Eine weitere wichtige, bislang vom BFH noch nicht ausdrücklich ausgesprochene Erkenntnis ist, dass Darlehen, die dem Betriebsunternehmen gewährt werden, keine wesentliche Betriebsgrundlage darstellen, die eine Betriebsaufspaltung begründen könnten. Damit schließt sich der BFH der h.M. des Schrifttums an. Der Vorteil des Betriebsunternehmens bei einem Darlehen beschränkt sich nämlich auf einen nur vorübergehenden Zufluss liquider Mittel und entfällt nach geschuldeter Rückzahlung wieder.
3. Der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der privaten Vermögenssphäre führt aufgrund inzwischen ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nach Einführung der Abgeltungsteuer grundsätzlich zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2, Abs. 4 EStG. Dies gilt aber nur für private Darlehens- und Gesellschafterforderungen, die nach dem 31.12.2008 angeschafft oder begründet wurden. Wird eine Darlehensforderung nach diesem Zeitpunkt lediglich "stehengelassen", bewirkt dies bereits begrifflich keinen Erwerb nach dem 31.12.2008.
4. Der Ausschluss des Werbungskostenabzugs gem...