Leitsatz
Der Begriff "Auftraggeber" in §§ 3 bis 5 SchwarzArbG erfasst jeden, der eine Dienst- oder Werkleistung durch Personen ausführen lässt, die ihm dafür vereinbarungsgemäß zur Verfügung stehen. Auftraggeber ist auch, wem die Steuerung von Personen verbindlich übertragen worden ist, sodass er den konkreten Einsatz dieser Personen frei von näheren Weisungen bestimmen kann und dadurch dazu beiträgt, dass ggf. Schwarzarbeit geleistet bzw. ermöglicht wird. Die bloße Weitergabe eines Auftrags ohne Verpflichtung des Vermittelten zum Tätigwerden reicht hingegen nicht aus.
Normenkette
§§ 1, 2, 3, 5 SchwarzArbG
Sachverhalt
Eine eingetragene Genossenschaft, in der sich örtliche Taxiunternehmen zusammengeschlossen haben, betreibt eine Funk- und Telefonzentrale zur Vermittlung von Fahraufträgen an Taxiunternehmen. Sie unterhält an von der Stadt eingerichteten Halteplätzen auch Telefonrufsäulen, die u.a. von den Taxen ihrer Genossen genutzt werden. Über ein von ihr betriebenes telefongestütztes automatisches Buchungssystem wird dem Kunden unmittelbar nach Anruf eine Taxe zugesagt. Die Taxiunternehmen sind nach der Satzung der Genossenschaft verpflichtet, alle Funkaufträge ausführen zu lassen.
Das Hauptzollamt hat an mehreren Taxistandplätzen Taxen überprüft. Gleichzeitig suchten Beamte des Hauptzollamts die Firmenräume der Genossenschaft auf und überreichten eine Prüfungsanordnung gem. §§ 2ff. SchwarzArbG zur Feststellung, ob Sozialleistungen nach SGB II und III oder Leistungen nach dem Altersteilzeitgesetz zu Unrecht bezogen würden oder bezogen worden seien. Die Genossenschaft gab daraufhin die Daten ihrer eigenen Beschäftigten an und teilte mit, seit wann der jeweilige Fahrer der an ihren Standplätzen überprüften Taxen auf dem Fahrzeug angemeldet und bei welchem Unternehmen er tätig sei. Nach Hinweis auf die Folgen einer Weigerung gab sie auch die auf ihrem Server gespeicherten Daten der Taxifahrer auf einem USB-Stick heraus; sie weigerte sich jedoch, sie für das Hauptzollamt lesbar zu machen. Dies wurde ihr daraufhin durch die angefochtene Verfügung aufgegeben.
Entscheidung
Der BFH hat das Vorgehen des Hauptzollamts gebilligt und das klageabweisende Urteil des FG bestätigt (FG Düsseldorf, Urteil vom 16.6.2010, 4 K 904/10 AO, Haufe-Index 2367687).
Hinweis
1. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SchwarzArbG prüfen die Behörden der Zollverwaltung u.a., ob aufgrund der Dienst- oder Werkleistungen Sozialleistungen nach dem SGB II und III oder Leistungen nach dem Altersteilzeitgesetz zu Unrecht bezogen werden oder wurden. Zur Durchführung dieser Prüfungen sind die Behörden der Zollverwaltung nach § 4 Abs. 1 SchwarzArbG befugt, Geschäftsräume des Arbeitgebers und Auftraggebers von Dienst- oder Werkleistungen während der Geschäftszeiten zu betreten und dort Einsicht in Geschäftsunterlagen zu nehmen, aus denen Umfang, Art oder Dauer von Beschäftigungsverhältnissen hervorgehen oder abgeleitet werden können.
2. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 SchwarzArbG müssen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Auftraggeber und Dritte, die bei einer Prüfung nach § 2 Abs. 1 SchwarzArbG angetroffen werden, die Prüfung dulden und dabei mitwirken, insbesondere für die Prüfung erhebliche Auskünfte erteilen und die in § 4 SchwarzArbG genannten Unterlagen vorlegen. Nach § 5 Abs. 3 Sätze 1 und 2 SchwarzArbG haben der Arbeitgeber und der Auftraggeber in Datenverarbeitungsanlagen gespeicherte Daten im Rahmen einer Prüfung nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 SchwarzArbG grundsätzlich auszusondern und den Behörden der Zollverwaltung66 auf deren Verlangen auf automatisiert verarbeitbaren Datenträgern oder in Listen zu übermitteln.
3. Die im Besprechungsfall klagende Taxi-Genossenschaft war zwar nicht Vertragspartner der von ihr vermittelten Beförderungsverträge. Sie ist gleichwohl Auftraggeberin i.S.d. §§ 3 bis 5 SchwarzArbG. Denn "Auftraggeber" ist jeder, der eine Dienst- oder Werkleistung durch Personen ausführen lässt, die ihm dafür zur Verfügung stehen und die er verpflichtend einsetzen kann. Nicht erforderlich ist, dass die Dienst- oder Werkleistung, auf die sich die Prüfung des Hauptzollamts bezieht, aufgrund eines Vertrags zwischen dem Auftraggeber und dem Beauftragten erbracht wird und die Leistung selbst im eigenen wirtschaftlichen Interesse des Auftraggebers liegt.
4. Anders wäre es bei einer Gestaltung, in der ein Unternehmen lediglich als Vermittler, einem Makler gleich, auftritt, also lediglich eine Gelegenheit zu einem Vertragsschluss schafft, ohne dass aufgrund seiner "Vermittlungstätigkeit" der Vertrag zwingend geschlossen werden muss wie bei einer Taxizentrale.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 23.10.2012 – VII R 41/10