Leitsatz
Übersteigt die Ausschüttung aus dem EK 04 einer → Kapitalgesellschaft den Buchwert der → Beteiligung an dieser Gesellschaft, so ist sie beim Gesellschafter in Höhe des übersteigenden Betrages als Beteiligungsertrag zu erfassen.
Zum Sachverhalt: Die Klägerin, eine KG, war in den Jahren 1983 bis 1987 mit rd. 53% an einer AG beteiligt. Die Beteiligung hatte sie an den jeweiligen Bilanzstichtagen mit einem Buchwert von rd. 2,3 Mio. DM ausgewiesen. Die AG schüttete Gewinne aus dem EK 04 in Höhe von rd. 2 Mio. DM (1983), rd. 445.000 DM (1985), rd. 1 Mio. DM (1986) und rd. 2 Mio. DM (1987) aus. Das Finanzamt behandelte die Gewinnausschüttungen als Kapitalrückzahlungen, verrechnete sie in den Jahren 1983 bis 1985 mit den jeweils verminderten Buchwerten der Beteiligung und erfasste sie mit dem den Buchwert übersteigenden Betrag in den Streitjahren 1985 bis 1987 als → Betriebseinnahmen. Klage und Revision der Klägerin blieben erfolglos.
Nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ist die Ausschüttung einer Kapitalgesellschaft unabhängig davon als Beteiligungsertrag zu erfassen, ob sie aus dem EK 04 oder aus anderen Teilen des verwendbaren Eigenkapitals (vEK) stammt (BFH, Urteil v. 7. 11. 1990, I R 68/88, BStBl 1991 II S. 177). Der Ansatz in der Handelsbilanz ist – vorbehaltlich einer abweichenden Regelung im Einkommensteuerrecht – auch für die Steuerbilanz maßgeblich (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG). Einkommensteuerrechtliche Grundsätze stehen einer Aktivierung der Ausschüttungen aus dem EK 04 nur insoweit entgegen, als diese noch mit den Anschaffungskosten der Beteiligung verrechnet werden können. Im übrigen handelt es sich nach dem Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz um einen steuerbaren Ertrag des gewerblich tätigen Gesellschafters.
Der die → Anschaffungskosten übersteigende Betrag der Ausschüttung kann nicht als Wertberichtigungsposten zu den Anschaffungskosten (negative Anschaffungskosten) passiviert werden. Wie das Handelsbilanzrecht kennt auch das Steuerbilanzrecht keine „negativen Anschaffungskosten”. Es geht vielmehr mit dem Handelsbilanzrecht (§ 255 Abs.1 HGB) davon aus, dass Anschaffungskosten Aufwendungen voraussetzen, die der Steuerpflichtige geleistet hat (vgl. z.B. BFH, Urteil v. 24. 8. 1995, IV R 27/94, BStBl 1995 II S. 895). Demgemäß kommt auch eine Minderung der Anschaffungskosten nur bis zur vollständigen Erstattung dieser Aufwendungen (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG) in Betracht.
Die Klägerin durfte in ihren Steuerbilanzen auch keinen sonstigen passiven Ausgleichsposten bilden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 20.04.1999, VIII R 38/96