Kommentar

Wichtig

Das BMF-Schreiben ergänzt Abschn. 2.8 Abs. 12 UStAE.

Die Finanzverwaltung[1] hatte im März 2021 einen Leitsatz einer Entscheidung des BFH[2] in Abschn. 2.8 Abs. 12 Satz 6 UStAE aufgenommen, dass weder die Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung beim Organträger noch die Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung bei der Organgesellschaft eine Organschaft beenden, wenn das Insolvenzgericht lediglich bestimmt, dass ein vorläufiger Sachwalter bestellt wird, sowie eine Anordnung gem. § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 InsO erlässt.

Hinweis

In einer Anordnung nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 InsO kann das Gericht Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner untersagen oder einstweilen einstellen, soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen sind.

Durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts[3] ist allerdings § 276a InsO grundsätzlich mit Wirkung vom 1.1.2021 geändert worden. Danach gilt in dem Zeitraum zwischen der Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung oder der Anordnung vorläufiger Maßnahmen nach § 270c Abs. 3 InsO und der Verfahrensöffnung, dass der Aufsichtsrat, die Gesellschafterversammlung oder entsprechende Organe keinen Einfluss auf die Geschäftsführung des Schuldners haben. Die Abberufung und Neubestellung von Mitgliedern der Geschäftsleitung ist in dieser Zeit ebenfalls nur wirksam, wenn der Sachwalter zustimmt. Aufgrund der Fortentwicklung des Insolvenzrechts ist damit der Aussage des BFH in aktuellen Fällen die Rechtsgrundlage entzogen. Die Finanzverwaltung stellt deshalb in ihrem Schreiben nunmehr zutreffend klar, dass die erst im März 2021 aufgenommene Aussage, dass weder die Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung beim Organträger noch die Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung bei der Organgesellschaft unter den genannten Bedingungen die Organschaft beendet, nicht für Sachverhalte gelten kann, die nach dem 31.12.2020 angeordnet wurden (da in diesem Fall die Organschaft aufgrund des neuen § 276a Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 InsO als beendet angesehen werden muss, da keine organisatorische Eingliederung vorliegen kann).

Wichtig

Allerdings gibt es von diesem Grundsatz für die Zeit vom 1.1.2021 bis 31.12.2021 nun eine weitere Ausnahme. Da § 276a InsO aufgrund § 5 Abs. 1 COVInsAG[4] wegen der Corona-Pandemie bis 31.12.2021 in der am 31.12.2020 geltenden Fassung anzuwenden ist, gilt diese Rückausnahme dann nicht, wenn die Maßnahmen unter das COVInsAG fallen.

Konsequenzen für die Praxis

In den Zeiten der Corona-Pandemie und der dadurch ausgelösten Sondermaßnahmen und Rückausnahmen hat hier auch die Finanzverwaltung zu spät erkannt, dass die erst im März 2021 aufgenommene Rechtsprechung des BFH zur Beendigung der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft in Insolvenzfällen grundsätzlich nur Sachverhalte bis 31.12.2020 betreffen konnte – mit der Ausnahme der auch in 2021 aufgrund der Corona-Pandemie unter das COVInsAG fallenden Vorgänge. Insoweit wird von der Finanzverwaltung klargestellt, dass der im März 2021 in den UStAE aufgenommene Leitsatz der Rechtsprechung des BFH nur in "Altfällen" zur Anwendung kommen kann.

Die Regelung ist in allen offenen Fällen anzuwenden.

 

Link zur Verwaltungsanweisung

BMF, Schreiben v. 22.6.2021, III C 2 – S 7105/20/10001 :001, BStBl 2021 I S. 856.

[3] Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) v. 22.12.2020, BGBl 2020 I S. 3256.
[4] Covid-19- Insolvenzaussetzungsgesetz.

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