rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zweitwohnungsteuer: Keine Schätzung, wenn die tatsächlich vereinbarte und gezahlte Nettokaltmiete nur geringfügig unter dem vergleichbaren Durchschnittsmietwert liegt

 

Leitsatz (amtlich)

Bestimmt sich die Höhe der Zweitwohnungsteuer nach dem jährlichen Mietaufwand und liegt die vertraglich vereinbarte Miete nur geringfügig unter dem durch ein generalisiertes Mietgutachten ermittelten Durchschnittswert, ist eine Schätzung der jährlichen Nettokaltmiete ausgeschlossen.

 

Leitsatz (redaktionell)

Es besteht kein Grund vom satzungsmäßig festgesetzten Steuermaßstab der Nettokaltmiete abzuweichen, wenn Verdachtsmomente fehlen wie etwa auffällige Vertragsgestaltungen, Verwandtschaftsverhältnisse zwischen Mieter und Vermieter, oder ein Mietzins, bei dem sich im Hinblick auf Größe und Art der Wohnung eine unentgeltliche Zuwendung aufdrängt.

 

Normenkette

KAG Art. 3; Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer der Gemeinde Aschau im Chiemgau der § 4 Abs. 1, 3

 

Verfahrensgang

VG München (Urteil vom 03.07.2008; Aktenzeichen M 10 K 06.4647)

 

Nachgehend

BVerwG (Beschluss vom 07.12.2010; Aktenzeichen 9 B 59.10)

 

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 3.7.2008 wird aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 2.9.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.12.2006 wird aufgehoben, soweit in ihm eine Steuer über den Jahresbetrag von 450,00 Euro hinaus festgesetzt wird.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Rz. 1

 Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer für eine 79 m2 große Ferienwohnung im Gebiet der Beklagten, soweit diese einen Betrag von mehr als 450,00 Euro für das Jahr 2005 und die Folgejahre verlangt.

Rz. 2

 Der Kläger hat die streitgegenständliche Zweitwohnung seit 1990 gemietet. Unter dem 6.9.2004 wurde ein neuer Mietvertrag geschlossen.

Rz. 3

 Die Beklagte erhebt seit dem Jahr 2005 eine Zweitwohnungsteuer aufgrund der Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer (Zweitwohnungsteuersatzung – ZwStS) vom 13.12.2004 in der Fassung der Änderungssatzung vom 17.6.2005. Nach § 4 dieser Satzung wird die Steuer nach dem jährlichen Mietaufwand berechnet. § 4 Abs. 1 Satz 2 der Satzung bestimmt als den jährlichen Mietaufwand die Nettokaltmiete, die der Steuerpflichtige für die Benutzung der Wohnung aufgrund vertraglicher Vereinbarungen nach dem Stand im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerpflicht für ein Jahr zu entrichten hätte (Jahresnettokaltmiete). Wenn eine Bruttokaltmiete (einschließlich Nebenkosten, aber ohne Heizkosten) vereinbart wurde, gilt als Nettokaltmiete die um einen Abzug von 10 % verminderte Bruttokaltmiete (§ 4 Abs. 2 Satz 1 ZwStS). Nach § 4 Abs. 3 ZwStS ist für Wohnungen, die im Eigentum des Steuerpflichtigen stehen oder die dem Steuerpflichtigen unentgeltlich oder zu einem Entgelt unterhalb der ortsüblichen Miete überlassen sind, die Nettokaltmiete in der ortsüblichen Höhe anzusetzen. Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 ZwStS wird die Nettokaltmiete in diesen Fällen von der Beklagten in Anlehnung an die Nettokaltmiete geschätzt, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird. Nach § 5 Abs. 1 ZwStS ist bei einem jährlichen Mietaufwand bis 5.000 Euro eine Steuer von 450,00 Euro/Jahr (Stufe 3) zu entrichten, bei einem jährlichen Mietaufwand von 5.000,01 Euro bis 10.000 Euro eine Steuer von 900,00 Euro/Jahr (Stufe 4).

Rz. 4

 Mit Steuererklärung vom 14.3.2005 erklärte sich der Kläger zu seiner in einem Mehrfamilienhaus gelegenen Zweitwohnung und gab an, dass er diese Zweitwohnung zu Kur- und Erholungszwecken innehabe. Dieser Erklärung legte er den Mietvertrag vom 6.9.2004 bei, der für die 79 m2 große Wohnung eine Bruttokaltmiete von monatlich 458,20 Euro ausweist (wobei der Mieter die Heizkosten direkt zu bezahlen hat).

Rz. 5

 Mit Bescheid vom 2.9.2005 setzte die Beklagte eine Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2005 und die Folgejahre in Höhe von jeweils 900,00 Euro fest. Als Steuermaßstab wurde eine jährliche Nettokaltmiete in Höhe von 5.555,28 Euro herangezogen. Aus dem beigefügten Berechnungsblatt ergibt sich, dass von der Beklagten eine monatliche Nettokaltmiete von 462,94 Euro und damit ein Mietpreis von 5,86 Euro/m2 im Monat angenommen wurde.

Rz. 6

 Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Als jährlicher Mietaufwand sei die Miete zugrunde zu legen, die aufgrund vertraglicher Vereinbarungen zu entrichten sei. Maßstab für die Berechnung der Steuer könne deshalb nur die tatsächlich bezahlte Miete sein. Diese Miete liege vorliegend auch im Rahmen des Ortsüblichen, weshalb nicht im Wege einer Schätzung ein höherer Mietwert habe angenommen werden...

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