Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Die Beförderung von Personen mit Schiffen unterlag bis zum 31.12.2011 grundsätzlich dem ermäßigten Steuersatz von 7 % (§ 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. a i. V. m. § 28 Abs. 4 UStG). Die Regelung ist zum 1.1.2012 aufgehoben worden. Seitdem unterliegt die Personenbeförderung mit Schiffen nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG unter den weiteren Bedingungen der Regelung nur noch dann dem ermäßigten Steuersatz, wenn
- es sich um den genehmigten Linienverkehr mit Schiffen oder
- um eine Beförderung im Fährverkehr handelt.
Die Finanzverwaltung nimmt – nach einem Jahr und nachdem eine Initiative auf Verlängerung der Regelung gescheitert war – zu den geänderten gesetzlichen Rahmenbedingungen Stellung und gibt insbesondere vor, in welchen Fällen auch weiterhin der ermäßigte Steuersatz bei der Personenbeförderung mit Schiffen infrage kommen kann.
Grundsätzlich kann der ermäßigte Steuersatz nur dann zur Anwendung kommen, wenn die Beförderung innerhalb einer Gemeinde stattfindet oder wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 km beträgt. Darüber hinaus muss es sich um einen genehmigten Linienverkehr handeln.
Soweit die verkehrsrechtlichen Bestimmungen des Bundes und der Länder kein Genehmigungsverfahren für diese Beförderungen vorsehen, ist von einer stillschweigenden Genehmigung des Linienverkehrs auszugehen.
Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes im Fährverkehr ist nicht von einer Genehmigung abhängig. Als Fährverkehr ist der Übersetzverkehr mit Schiffen zwischen 2 festen Anlegestellen (z. B. bei Flussquerungen oder im Verkehr zwischen dem Festland und Inseln) zu verstehen.
Dem ermäßigten Steuersatz kann aber nur die Beförderungsleistung als solche unterliegen. Soweit der Unternehmer noch weitere Leistungen ausführt (z. B. Restaurationsleistungen), sind diese Leistungen eigenständig auf Steuerbarkeit, Steuerpflicht und Steuersatz zu überprüfen.
Konsequenzen für die Praxis
Nachdem die grundsätzliche Ermäßigung des Steuersatzes bei der Beförderung von Personen mit Schiffen seit 2012 nicht mehr angewendet werden kann, muss – wie auch bei allen anderen Beförderungsleistungen – geprüft werden, ob eine Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach der allgemeinen Regelung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG zur Anwendung kommt. Mit Ausnahme des Fährverkehrs ist Voraussetzung, dass es sich um einen genehmigten Linienverkehr handelt. Dazu ist Voraussetzung, dass zwischen bestimmten Ausgangs- und Endpunkten regelmäßige Verkehrsverbindungen bestehen und Fahrgäste an verschiedenen Haltestellen ein- und aussteigen können. Allerdings kann ein Linienverkehr auch bei der Beförderung von Personen zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, von Schülern zwischen Wohnung und Schule oder Kindern zwischen Wohnung und Kindergarten bestehen.
Es muss aber der Beförderungszweck im Vordergrund stehen. Die Steuerermäßigung kann damit nicht für Floßfahrten, Wildwasserrafting-Touren oder für andere Leistungen zur Ausübung des Wassersports in Betracht kommen. Organisierte Schiffsfahrten mit angeschlossener Tanz-, Verkaufs- oder einer ähnlichen Veranstaltung, Sonderfahrten wie z. B. Sommernachts- oder Feiertagsfahrten und die Vercharterung von Schiffen inklusive Besatzung zum Transport geschlossener Gesellschaften (z. B. anlässlich von Betriebsausflügen oder von privaten Feiern) sind ebenfalls nicht begünstigt.
Führt der Unternehmer die Leistung nicht selber aus, sondern lässt er die Leistung gegenüber seinen Kunden von einem Dritten ausführen, kann sich unter den weiteren Bedingungen des § 25 UStG auch eine Reiseleistung ergeben, die dann nicht mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern ist, allerdings nur mit der Differenz zwischen den Einnahmen und den aufgewendeten Reisevorleistungen der Umsatzsteuer unterliegt.
Die Regelungen sind auf alle nach dem 31.12.2011 ausgeführten Leistungen anzuwenden.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 22.1.2013, IV D 2 – S 7244/07/10001-04, BStBl 2013 I S. 178