PD Dr. Markus Philipp Kreipl, Prof. Dr. Stefan Müller
Rz. 9
Gehören seit der Neufassung des § 255 Abs. 2 HGB die Materialkosten, die Fertigungskosten und die Sonderkosten der Fertigung sowie angemessene Teile der Materialgemeinkosten, der Fertigungsgemeinkosten und des Werteverzehrs des AV, soweit dieser durch die Fertigung veranlasst ist, zu den HK (§ 255 Rz 99 ff.), waren in der Altfassung lediglich die Materialkosten, die Fertigungskosten und die Sonderkosten der Fertigung Pflichtbestandteile der HK. Angemessene Teile der notwendigen Materialgemeinkosten, der notwendigen Fertigungsgemeinkosten und des Wertverzehrs des AV, soweit er durch die Fertigung veranlasst war, durften eingerechnet werden.
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HGB vor BilMoG (bis Gj 2009) |
HGB nach BilMoG (ab Gj 2010) |
Materialeinzelkosten |
Pflicht |
Pflicht |
Fertigungseinzelkosten |
Pflicht |
Pflicht |
Sondereinzelkosten der Fertigung |
Pflicht |
Pflicht |
Materialgemeinkosten |
Wahlrecht |
Pflicht |
Fertigungsgemeinkosten |
Wahlrecht |
Pflicht |
Werteverzehr des AV |
Wahlrecht |
Pflicht |
Aufwendungen für: |
|
|
soziale Einrichtungen des Betriebs |
Wahlrecht |
Wahlrecht |
freiwillige soziale Leistungen |
Wahlrecht |
Wahlrecht |
die betriebliche Altersversorgung |
Wahlrecht |
Wahlrecht |
Allgemeine Verwaltungskosten |
Wahlrecht |
Wahlrecht |
Herstellungsbezogene Fremdkapitalzinsen |
Wahlrecht |
Wahlrecht |
Vertriebskosten |
Verbot |
Verbot |
Forschungskosten |
Verbot |
Verbot |
Abb. 1: Unterschiede in der HK-Bemessung zwischen § 255 HGB vor und nach BilMoG
Rz. 10
§ 255 Abs. 2 HGB i. d. F. des BilMoG ist erstmals auf Herstellungsvorgänge anzuwenden, die in nach dem 31.12.2009 beginnenden Gj beginnen. In vor dem 31.12.2009 beginnenden Gj wahlrechtsbedingt unterlassene Aktivierungen sind nicht zu revidieren, sodass z. B. die Bewertung selbst geschaffener Sachanlagen oder Vorräte nicht anzupassen ist, wenn die Einbeziehungswahlrechte zuvor nicht entsprechend der Neuregelung genutzt wurden. Laufende Herstellungsvorgänge sind nach den alten Vorschriften weiter zu bilanzieren, sodass es zu einem Nebeneinander der neuen und der alten Regelung kommen kann, was insbesondere bei Unternehmen mit Langfristfertigung der Fall sein dürfte. Aber auch Unternehmen, die einen hohen Vorratsbestand aufweisen, da sie z. B. Ersatzteile für ausgelaufene Modelle noch lange vorhalten, sind ggf. noch über Jahre mit der parallelen Bewertung der alten und der neuen Teile beschäftigt.
Bilanzierung von unfertigen und fertigen Erzeugnissen
Ein Unt aus der Baubranche erstellt verschiedene langfristige Bauprojekte. Die Bauzeit beträgt jeweils 3 Kj, wobei annahmegemäß jeweils Anfang Januar mit einem neuen Projekt begonnen wird. Die Aufwendungen der Projekte liegen wie folgt vor und verteilen sich annahmegemäß gleichmäßig über die Bauzeit (UG = Untergrenze; OG = Obergrenze).
Projekt 1 bis 3 (in TEUR) |
Gesamtkosten |
Gesamte HK über Projektdauer |
|
Gesamt über Projektdauer |
Gesamt pro Jahr |
UG HGB a. F. |
OG HGB a. F. |
UG HGB n. F. |
OG HGB n. F. |
Materialeinzelkosten |
900 |
300 |
900 |
900 |
900 |
900 |
Fertigungseinzelkosten |
600 |
200 |
600 |
600 |
600 |
600 |
Sondereinzelkosten der Fertigung |
300 |
100 |
300 |
300 |
300 |
300 |
Materialgemeinkosten |
750 |
250 |
|
750 |
750 |
750 |
Fertigungsgemeinkosten |
750 |
250 |
|
750 |
750 |
750 |
Werteverzehr des AV |
450 |
150 |
|
450 |
450 |
450 |
Aufwendungen für: |
|
|
|
|
|
|
soziale Einrichtungen des Betriebs |
150 |
50 |
|
150 |
|
150 |
freiwillige soziale Leistungen |
60 |
20 |
|
60 |
|
60 |
die betriebliche Altersversorgung |
30 |
10 |
|
30 |
|
30 |
Allgemeine Verwaltungskosten |
120 |
40 |
|
120 |
|
120 |
Herstellungsbezogene Fremdkapitalzinsen |
30 |
10 |
|
30 |
|
30 |
Vertriebskosten |
150 |
50 |
|
|
|
|
Forschungskosten |
30 |
10 |
|
|
|
|
Summe |
4.320 |
1.440 |
1.800 |
4.140 |
3.750 |
4.140 |
Aktivierungsgeboten nach HGB a. F. |
1.800 |
600 |
1.800 |
|
|
|
Aktivierungsfähig nach HGB a. F. |
4.140 |
1.380 |
|
4.140 |
|
|
Aktivierungsgeboten nach HGB n. F. |
3.750 |
1.250 |
|
|
3.750 |
|
Aktivierungsfähig nach HGB n. F. |
4.140 |
1.380 |
|
|
|
4.140 |
Ertrag (Verkaufspreis) |
4.800 |
1.600 |
4.800 |
4.800 |
4.800 |
4.800 |
Im Gj 2010 hat das Unt somit das in 2008 begonnene Bauvorhaben gerade abgeschlossen, das in 2009 begonnene Bauvorhaben ist zu 2/3 und das in 2010 aufgelegte zu 1/3 fertig gestellt. Das Unt verfolgt eine konservative Bilanzpolitik, sodass lediglich die minimalen HK aktiviert werden sollen. Somit ergibt sich ein Bestand an unfertigen Erzeugnissen zum 31.12.2010 in Höhe von 2.450 TEUR, der sich aus 2 Jahren zur damaligen Untergrenze aktivierter Aufwendungen von je 600 TEUR von dem Projekt aus 2009 sowie einem Jahr Arbeit an dem Projekt aus dem Jahr 2010 zusammensetzt, dass zur neuen Untergrenze von 1.250 TEUR angesetzt ist. Somit muss das aus 2009 stammende Projekt weiter mit der damaligen Untergrenze angesetzt werden, eine Anpassung erfolgt auch nicht für das Gj 2010.
GuV 1.1. – 31.12.2010 (in TEUR) |
Gesamt |
Projekt aus 2008 |
Projekt aus 2009 |
Projekt aus 2010 |
Umsatzerlöse |
4.800 |
4.800 |
|
|
Bestandserhöhungen |
1.850 |
|
600 |
1250 |
Bestandsminderungen |
1.200 |
1.200 |
|
|
Materialeinzelkosten |
900 |
300 |
300 |
300 |
Fertigungseinzelkosten |
600 |
200 |
200 |
200 |
Sondereinzelkosten der Fertigung |
300 |
100 |
100 |
100 |
Materialgemeinkosten |
750 |
250 |
250 |
250 |
Fertigungsgemeinkosten |
750 |
250 |
250 |
250 |
Wert... |