PD Dr. Markus Philipp Kreipl, Prof. Dr. Stefan Müller
Rz. 56
Unter Sonderposten mit Rücklageanteil sind einerseits unversteuerte Rücklagen, andererseits steuerrechtlich begründete Abschreibungen zu verstehen (§ 281 Abs. 1 Satz 1 HGB i. d. F. vor BilMoG). Es handelt sich um ertragsteuerliche Subventionen, deren Ausweis in der Handelsbilanz – dem nach der Altregelung vor dem BilMoG gültigen Prinzip der umgekehrten Maßgeblichkeit geschuldet – gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG i. d. F. vor BilMoG Voraussetzung für die Inanspruchnahme im Steuerrecht war. Die gem. § 247 Abs. 3 Satz 1 HGB i. d. F. vor BilMoG abstrakt bilanzierungsfähigen Posten wurden mit der Aufhebung der Voraussetzung des Ansatzes in der Handelsbilanz für einen Ansatz in der Steuerbilanz obsolet. Gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG sind die nicht mit den handelsrechtlich maßgeblichen Werten in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesenen Wirtschaftsgüter in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen. Die Aufhebung von § 247 Abs. 3 HGB i. d. F. vor BilMoG hat über die Streichung der Option zur Bildung eines Sonderpostens mit Rücklageanteil keinen Einfluss auf die anderen – weiterhin ansatzfähigen – Sonderposten.
Abb. 5: Beispiele für weiterhin ansatzfähige Sonderposten
Rz. 57
Das nur im Jahresabschluss für das nach dem 31.12.2009 beginnende Gj ausübbare Beibehaltungswahlrecht (eine anfängliche Beibehaltung und spätere erfolgsneutrale Umgliederung in Gewinnrücklagen war unzulässig) des Art. 67 Abs. 3 Satz 1 EGHGB für im letzten nach der Altregelung i. d. F. vor BilMoG aufgestellten Jahresabschlusses ausgewiesene Sonderposten mit Rücklageanteil, das infolge der Aufhebung des § 247 Abs. 3 HGB i. d. F. vor BilMoG eingeführt wurde, konnte in Bezug auf die unversteuerten Rücklagen nicht sachverhaltsbezogen in Anspruch genommen werden. Bezüglich der letzten Möglichkeit der Bildung gab es aufgrund der zuvor bestehenden Verschiedenheiten bzgl. der Anwendung des (umgekehrten) Maßgeblichkeitskonzepts rechtsformspezifische Unterschiede. Während alle nicht nach den §§ 264ff. HGB bilanzierenden Unt Sonderposten mit Rücklageanteil bis zum letzten vor dem 1.1.2010 beginnenden Gj. neu bilden konnten, endete diese Möglichkeit für KapG und KapCoGes. bereits im letzten vor dem 29.5.2009 begonnenen Gj.
Praxis-Beispiel
Ein Unt wies zum 31.12.2009 einen Sonderposten mit Rücklageanteil in Höhe von 100 EUR aus. Dieser entfiel mit einem Teilbetrag von 90 EUR auf eine im Vj gebildete § 6b-EStG-Rücklage, die auf ein unbebautes Grundstück übertragen wurde, und mit 10 EUR auf eine Rücklage für Ersatzbeschaffung gem. R 6.6 EStR 2008.
Im Jahresabschluss zum 31.12.2010 war der Sonderposten mit Rücklagenanteil insgesamt, d. h. in Höhe von 100 EUR, entweder beizubehalten oder erfolgsneutral in die Gewinnrücklagen umzugliedern.
Rz. 58
Das Gebot zur einheitlichen Beibehaltung oder einheitlichen erfolgsneutralen Umgliederung in die Gewinnrücklagen ergab sich mangels Ausnahmevorschrift – wie sie etwa für Aufwandsrückstellungen besteht (Rz 47 ff.) – aus dem Grundsatz der JA-Klarheit sowie der Begründung zum BilMoG-RA. Eine sachverhaltsbezogene Ausübung war auch nicht deswegen möglich, weil verschiedene Rechtsvorschriften die Grundlage für unversteuerte Rücklagen bildeten.
Praxis-Beispiel
Ein Unt wies zum 31.12.2009 einen Sonderposten mit Rücklageanteil für eine gebildete § 6b-EStG-Rücklage in Höhe von 20.000 EUR aus. Im Jahresabschluss zum 31.12.2010 entschied es sich für die Beibehaltungsoption und weist weiterhin den Sonderposten mit Rücklageanteil aus. Im Jahr 2013 sollte der Sonderposten mit Rücklageanteil nun doch nicht mehr in der Handelsbilanz ausgewiesen werden.
Ein Übergang auf die Vorschriften des BilMoG stellte eine zulässige Durchbrechung der Ansatzstetigkeit nach § 246 Abs. 3 i. V. m. § 252 Abs. 2 HGB dar, da hierdurch der Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unt verbessert wurde. Die Auflösung des Sonderpostens mit Rücklageanteil im Jahresabschluss 2013 hatte aber erfolgswirksam (ao Erträge) zu erfolgen.
Datum |
Konto |
Soll |
Haben |
31.12.2013 |
Sonderposten mit Rücklageanteil |
20.000 |
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ao Ertrag |
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20.000 |
Rz. 59
In Bezug auf die steuerrechtlich begründeten Abschreibungen war dagegen gem. Art. 67 Abs. 4 Satz 1 EGHGB eine sachverhaltsbezogene Wahlrechtsausübung zulässig. Wurde im Zeitpunkt des Übergangs von der Alt- zur Neuregelung eine Umgliederung in die Gewinnrücklagen vorgenommen, sind die folgenden Ausführungen nur für etwaige latente Steuern (Rz 78) von Bedeutung.