Leitsatz
Destinatszahlungen, die eine nicht von der KSt befreite Stiftung im Jahr 2001 ausgeschüttet hat, sind bei einem unbeschränkt steuerpflichtigen Destinatär – unter Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens – als sonstige Leistungen zu besteuern.
Normenkette
§ 22 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 9, § 2 Abs. 1, § 3 Nr. 40 Buchst. i, § 52 Abs. 1, Abs. 4b, Abs. 4d, Abs. 37, Abs. 38 EStG 2001/2002, § 1 Abs. 1, § 10 Nr. 1, § 23 Abs. 1, § 27 KStG 2001
Sachverhalt
Die Klägerin wandte sich gegen die Besteuerung von Zahlungen, die sie von einer rechtsfähigen, nicht gemeinnützigen Stiftung im Jahr 2001 erhalten hatte. Während bis zum Jahr 2000 die von der Klägerin empfangenen Leistungen nicht versteuert wurden, behandelte das FA die Zahlungen 2001 als steuerpflichtige Halbeinkünfte gem. § 22 Nr. 1 S. 2 HS 2 lit. a i.V.m. § 3 Nr. 40 lit. i EStG.
Mit Einspruch und Klage machte die Klägerin erfolglos geltend, die Destinatszahlungen seien materiell-rechtlich bereits 2001 als Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG zu klassifizieren. Da allerdings diese Vorschrift nach § 52 Abs. 37 EStG erst ab dem 01.01.2002 anzuwenden sei, seien die Einkünfte im Streitjahr 2001 bei ihr nicht steuerbar gewesen. Die Zuordnung zu den Einkünften aus Kapitalvermögen, mit der ein neuer Einkommenstatbestand geschaffen worden sei, schließe die Anwendung des subsidiären § 22 Nr. 1 S. 2 EStG aus. Das FG hat die Klage abgewiesen (FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom 20.11.2008, 3 K 397/08, Haufe-Index 2125579, EFG 2009, 816).
Entscheidung
Der BFH sah das ebenso und wies die Revision der Klägerin aus den oben stehenden Gründen als unbegründet zurück.
Hinweis
Der Übergang vom körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren (jetzt Teileinkünfteverfahren) hat in den Jahren 2001/2002 erhebliche Probleme aufgeworfen. Die in diesem Verfahren zu beantwortende Frage war, wie die von einer körperschaftsteuerpflichtigen Stiftung geleisteten Destinatszahlungen bei dem Empfänger im Jahr 2001 steuerlich zu behandeln waren.
1. Die Destinatszahlungen einer Stiftung ohne abweichendes Wirtschaftjahr gehörten im Jahr 2001 gem. § 22 Nr. 1 S. 1 EStG zu den sonstigen Einkünften. Der diesem Ergebnis entgegenstehende § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG, der die subsidiäre Vorschrift des § 22 Nr. 1 EStG hätte verdrängen können, war gem. § 52 Abs. 37 EStG i.V.m. § 34 Abs. 1 KStG erst nach Ablauf des Jahres 2001 anzuwenden.
§ 22 Nr. 1 S. 1 EStG war auch nicht deshalb im Streitjahr unanwendbar, weil Destinatszahlungen dem Grunde nach den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzuweisen sein könnten. § 20 EStG enthält keine Generalklausel, sondern ordnet bestimmte, im Einzelnen bezeichnete Einkünfte mit konstitutiver Wirkung den Einkünften aus Kapitalvermögen zu, zu denen die streitbefangenen Destinatszahlungen im Jahr 2001 nicht gehörten.
2. Nach § 3 Nr. 40 Buchst. i EStG unterlagen die Destinatszahlungen dem Halbeinkünfteverfahren und waren zur Hälfte steuerfrei. Wegen einer fehlenden ausdrücklichen Anwendungsvorschrift war § 3 Nr. 40 Buchst. i EStG nach der allgemeinen Anwendungsregelung des § 52 Abs. 1 S. 1 EStG vom 01.01.2001 an anzuwenden.
Diese steuerliche Behandlung der Destinatszahlungen im Jahr 2001 entspricht sowohl dem in den Materialien zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers als auch dem Ziel der Überleitungsvorschriften, die Besteuerungsmodalitäten bei Geber und Empfänger aufeinander abzustimmen. Es wäre nicht systemgerecht, Erträge, die auf der Ebene der Körperschaft nur mit 25 % besteuert wurden, auf der Ebene des Empfängers überhaupt nicht zu besteuern. Zu diesem Ergebnis käme es, wenn die erhaltenen Destinatszahlungen im Jahr 2001 nicht steuerbar wären.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 14.07.2010 – X R 62/08