Leitsatz
Nach Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a und Teil C Abs. 1 der 6. EG-RL ist der Nennwert eines vom Hersteller einer Ware gegebenen Preisnachlassgutscheins in die Besteuerungsgrundlage dieses Einzelhändlers einzubeziehen, wenn dieser beim Verkauf einer Ware akzeptiert, dass der Endverbraucher den Verkaufspreis teilweise bar und teilweise mit diesem Gutschein bezahlt und wenn der Hersteller den auf diesem Gutschein angegebenen Betrag erstattet.
Normenkette
Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a und Teil C Abs. 1 der 6. EG-RL (vergl. § 10 Abs. 1, § 17 Abs. 1 UStG)
Sachverhalt
Eine Genossenschaft, die beim Verkauf an Endverbraucher Hersteller- Gutscheine annahm und vom Hersteller unmittelbar erstattet bekam, meinte, Bemessungsgrundlage für ihre Lieferung an den Endkunden sei nur der um den Preisnachlassgutschein verminderte Kaufpreis. Es handele sich insoweit um einen Rabatt; eine nachträgliche Erhöhung des Kaufpreises bei Erstattung sei unzulässig, weil es sich dabei nicht um eine Zahlung im Leistungsverhältnis Genossenschaft/Endkunde handele. Ein englisches Gericht hat diese Frage dem EuGH vorgelegt; es hielt offenbar die Aussagen im Urteil "Elida Gibbs" nicht für ausreichend.
Entscheidung
Der EuGH entschied, der Gutschein stelle ein Zahlungsmittel zur Begleichung eines Teils des vereinbarten Kaufpreises dar.
Hinweis
Auch hier geht es – wie im Vertragsverletzungsverfahren der Kommission gegen die Bundesrepublik (EuGH, Urteil vom 15.10.2002, Rs. C-427/98, BFH-PR 2003, 187) – um Preisnachlassgutscheine. Gibt der Hersteller Preisnachlassgutscheine aus, die der Endverbraucher bei einem Kauf einlösen kann, vermindert sich sein Bar-Kaufpreis um den Betrag des Gutscheins. Der Verkäufer erhält den Wert des Gutscheins vom Hersteller erstattet. Sind in die Absatzkette vom Hersteller zum Endkunden ein oder mehrere Großhändler eingeschaltet, können diese in den Erstattungsvorgang einbezogen werden; es kann auch der Hersteller direkt dem Einzelhändler den Wert erstatten.
Umsatzsteuerrechtlich war bis zu den Urteilen des EuGH vom 24.10.1996, Rs. C-317/94"Elida Gibbs" und C-288/94 "Argos Distributors" (Slg. 1996, I-5311) fraglich, ob und unter welchen Voraussetzungen diese Minderung nach Art. 11 Teil C Abs. 1 Unterabs. 1 der 6. EG-RL bzw. nach § 17 Abs. 1 UStG berücksichtigt werden kann. In "Elida Gibbs" (Lieferung an Großhändler, Erstattung gegen Vorlage der vom Einzelhändler in Zahlung genommenen Gutscheine direkt an den Einzelhändler) hatte der EuGH entschieden, dass – gleichgültig, wie viele Personen in die Absatzkette eingeschaltet sind – Besteuerungsgrundlage für die Lieferung des Herstellers an seinen Abnehmer der Herstellerpreis abzüglich des auf dem Gutschein angegebenen und erstatteten Betrags sei.
Daraus zog eine Genossenschaft, die beim Verkauf an Endverbraucher Hersteller- Gutscheine annahm und vom Hersteller unmittelbar erstattet bekam, den Schluss, Bemessungsgrundlage für ihre Lieferung sei nur der um den "Preisnachlass" verminderte Kaufpreis.
Das war unzutreffend. Der Einzelhändler erhält den vollen Kaufpreis; der Gutschein, dessen Wert er vom Hersteller erstattet erhält, stellt bei ihm ein Zahlungsmittel des Endkunden dar (Rz. 20). Für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage ist es unerheblich, wie der Endverbraucher den vereinbarten Kaufpreis bezahlt; für den Inhaber des Gutscheins ist dieser ein Vermögenswert, der sich bei der Erstattung durch den Hersteller verwirklicht. Der Gutschein ist daher wie ein Zahlungsmittel zu behandeln. Der Hersteller ist – bezogen auf den Umsatz vom Einzelhändler an den Endverbraucher – ein Dritter, der für Rechnung des Endverbrauchers bezahlt (Rz. 17).
Link zur Entscheidung
EuGH, Urteil vom 16.1.2003, Rs. C-398/99 – Yorkshire Co-operatives Ltd. –