Prof. Dr. Reinhold Hölscher, Dr. Jasmin Kreutzer
Nach der Gründung einer Aktiengesellschaft vollzieht sich die Beteiligungsfinanzierung über eine Kapitalerhöhung. Die verschiedenen Arten einer Kapitalerhöhung können der folgenden Abbildung entnommen werden.
Abb. 1: Arten der Kapitalerhöhung
Bei der Kapitalerhöhung gegen Einlagen (auch als ordentliche Kapitalerhöhung bezeichnet) werden neue, so genannte "junge" Aktien gegen Barzahlung oder Sacheinlagen ausgegeben. Die Altaktionäre besitzen bei der ordentlichen Kapitalerhöhung ein Bezugsrecht auf die neuen Aktien, das dem Schutz ihrer Interessen dient. Ohne ein solches Bezugsrecht würde ein Altaktionär bei einer Kapitalerhöhung benachteiligt:
- Da der Ausgabekurs der jungen Aktien in der Regel unterhalb des aktuellen Börsenkurses liegt, sinkt der Kurs der alten Aktien, was zu einem Vermögensverlust der Altaktionäre führt, wenn diese kein Bezugsrecht besitzen.
- Die offenen und stillen Reserven der Gesellschaft werden nach der Kapitalerhöhung auf eine größere Anzahl von Aktien verteilt, d. h., der Anteil eines Aktionärs an den Reserven würde ohne das Bezugsrecht abnehmen.
- Nur durch das Bezugsrecht kann der Altaktionär seinen Stimmrechtsanteil auf der Hauptversammlung konstant halten.
Das Bezugsrecht soll insbesondere den Vermögensverlust eines Altaktionärs verhindern. Daher besitzt das Bezugsrecht einen wirtschaftlichen Wert. Die Höhe dieses Wertes hängt von folgenden Einflussfaktoren ab:
- vom Bezugsverhältnis (Verhältnis der Altaktien (a) zu den jungen Aktien (j))
- vom Ausgabekurs der jungen Aktien (Kj) und
- vom Börsenkurs der alten Aktien (Ka).
Durch eine Verknüpfung dieser Größen ergibt sich folgende Formel für den rechnerischen Wert eines Bezugsrechts:
(Ka – Kj) / (a / j) +1
Der Wert eines Bezugsrechtes entspricht der Differenz zwischen dem alten Börsenkurs und dem neuen Börsenkurs nach der Kapitalerhöhung. Die Bezugsrechte werden bis zur Realisation der Kapitalerhöhung an der Börse gehandelt und dort auch notiert, sodass der Wert des Bezugsrechts schwankt.
Die bedingte Kapitalerhöhung ist auf die Fälle der Kapitalerhöhung beschränkt, in denen die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Kapitalerhöhung noch keine Gewissheit über die genaue Anzahl der benötigten jungen Aktien besitzt. In solchen Fällen kann die Hauptversammlung eine bedingte Kapitalerhöhung beschließen, die nur in dem Maße durchgeführt wird, wie von Umtausch- bzw. Bezugsrechten Gebrauch gemacht wird. Im Aktiengesetz ist eine bedingte Kapitalerhöhung jedoch drei Fällen vorbehalten:
- Gewährung von Umtauschrechten in bzw. Bezugsrechte auf Aktien bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen oder Optionsanleihen,
- Gewährung von Umtausch- oder Bezugsrechten zur Vorbereitung von Unternehmenszusammenschlüssen und
- Gewährung von Bezugsrechten an eigene Mitarbeiter oder Mitglieder der Geschäftsführung.
In den genannten Fällen werden die jungen Aktien an neue Aktionäre ausgegeben. Daher ist im Rahmen einer bedingten Kapitalerhöhung der Ausschluss des Bezugsrechts der Altaktionäre erforderlich. Der Bezugsrechtsausschluss wird häufig damit begründet, dass die Altaktionäre indirekt von der Kapitalerhöhung profitieren. So werden zum einen Wandelanleihen in der Regel zu einem geringeren Zins als anderes Fremdkapital begeben. Daneben haben Fusionen oftmals einen positiven Einfluss auf die Entwicklung des Aktienkurses.
Im Rahmen genehmigten Kapitals wird der Vorstand einer Aktiengesellschaft von der Hauptversammlung ermächtigt, das Grundkapital der Gesellschaft ohne erneute Zustimmung der Hauptversammlung bis zu einem bestimmten Betrag zu erhöhen. Die Erhöhung des Grundkapitals kann in einem Zeitraum von bis zu fünf Jahren vorgenommen werden, jedoch darf das genehmigte Kapital höchstens 50 % des bisherigen Grundkapitals betragen. Die Kapitalerhöhung kann auch in mehreren Stufen vorgenommen werden, solange die Summe der Teilerhöhungen den genehmigten Gesamtbetrag nicht übersteigt.
Durch das genehmigte Kapital hat der Vorstand einer Aktiengesellschaft die Möglichkeit,
- eine günstige Gelegenheit für die Ausgabe der jungen Aktien zu wählen,
- Investitionen zu realisieren, die einer strategischen Geheimhaltung bedürfen, wie z. B. die Übernahme eines anderen Unternehmens, sowie
- einen kurzfristig auftretenden Kapitalbedarf zu befriedigen.
Im Zuge einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln erfolgt eine Umfinanzierung, bei der offene Rücklagen in gezeichnetes Kapital umgewandelt werden. Es erfolgt demnach lediglich eine Umbuchung innerhalb der Eigenkapitalpositionen der Bilanz, sodass sich die Bilanzsumme nicht verändert. Die aus der Schaffung des neuen Grundkapitals entstehenden jungen Aktien, die auch als Berichtigungsaktien bezeichnet werden, werden an die Altaktionäre entsprechend deren Beteiligungsquote an der Gesellschaft verteilt. Für diese jungen Aktien haben die Altaktionäre keinen Bezugspreis zu zahlen, weshalb die Berichtigungsaktien auch als "Gratisaktien" bezeichnet werden. Diese Bezeichnung ist jedoch letztlich unzutreffend, da es sich bei den Berichtig...