FinMin Niedersachsen, Erlaß v. 10.12.2010, S 2121 - 43 - 3341

Merkblatt über die steuerliche Behandlung von Aufwandsentschädigungen nach §§ 1835, 1835a BGB für ehrenamtliche Betreuer, Vormünder und Pfleger sowie Berufsbetreuer ab dem Jahr 2011

 

A. Vorbemerkung

Das Merkblatt soll ergänzend zu dem von der Justizverwaltung herausgegebenen Merkblatt VS 110, in dem die Rechtsgrundlagen für die Zahlung von Aufwandsentschädigungen nach §§ 1835, 1835a BGB an ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer (nachfolgend kurz „Betreuer„) dargestellt sind, einen Überblick über die ab 2011 geänderte steuerliche Behandlung von Aufwandsentschädigungen vor allem an ehrenamtliche Betreuer geben. Ab 2011 ist eine besondere Steuerbefreiung für ehrenamtliche rechtliche Betreuer, Vormünder und Pfleger bis zur Höhe von 2.100 EUR im Jahr eingeführt worden (§ 3 Nr. 26b EStG).

Das Merkblatt erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Bei weiteren Fragen wenden Sie sich bitte an Ihr zuständiges FA.

 

B. Einkommensteuer

 

I. Allgemeines

Nach dem Einkommensteuerrecht unterliegen grundsätzlich auch Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Tätigkeiten der Einkommensteuer, wenn – jedenfalls im Nebenzweck – die Erzielung positiver Einkünfte erstrebt wird. Dies gilt nicht nur für ehrenamtliche Betreuer, sondern für alle ehrenamtlichen Tätigkeiten wie z.B. die der Mitglieder kommunaler Volksvertretungen oder der Freiwilligen Feuerwehren.

Keine „Einkunftserzielungsabsicht” – und damit keine einkommensteuerpflichtigen Einkünfte – wird jedoch angenommen, wenn die Einnahmen in Geld oder Geldeswert lediglich dazu dienen, in pauschalierender Weise die Selbstkosten zu decken.

Sollten Ihnen als ehrenamtlicher Betreuer über die Ihnen gezahlte pauschale Aufwandsentschädigung von 323 EUR je betreuter Person hinausgehende steuerlich abzugsfähige Aufwendungen entstehen (dazu gehören nicht der sog. Repräsentationsaufwand oder der zeitliche Aufwand), teilen Sie dies bitte Ihrem FA mit. Von einer steuerlichen Erfassung der Aufwandsentschädigungen wird dann ggf. von vornherein abgesehen.

 

II. Ehrenamtliche Betreuer

 

1. Einkunftsart

Weitere Voraussetzung für die einkommensteuerliche Erfassung von Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Tätigkeiten ist, dass eine Tätigkeit ausgeübt wird, die unter die „sieben Einkunftsarten” des Einkommensteuergesetzes fällt (§ 2 Abs. 1 EStG).

Bei den ehrenamtlichen Betreuern ist dies der Fall: Die Aufwandsentschädigungen gehören zu den sonstigen Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG und sind daher grundsätzlich einkommensteuerpflichtig. Solche Einkünfte sind nach § 22 Nr. 3 Satz 2 EStG allerdings dann nicht einkommensteuerpflichtig, wenn sie – nach Abzug des ab 2011 neu eingeführten besonderen Freibetrages nach § 3 Nr. 26b EStG bis zur Höhe von 2.100 EUR (siehe dazu Nr. 2) oder ggf. der mit der Tätigkeit im Zusammenhang stehenden (ggf. pauschalen) Werbungskosten (siehe dazu Nr. 3) und ggf. zusammen mit weiteren Einkünften im Sinne dieser Vorschrift – weniger als 256 EUR im Kalenderjahr (Freigrenze) betragen haben.

 

2. Steuerbefreiungen

a) Allgemeines

Um das ehrenamtliche Engagement von Bürgerinnen und Bürgern zu stärken, hat der Gesetzgeber für bestimmte Tätigkeiten wichtige Steuerbefreiungen geschaffen, und zwar

  • die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG für aus einer Bundes- oder Landeskasse gezahlte Bezüge, die in einem Bundes- oder Landesgesetz oder einer auf bundes- oder landesgesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung oder von der Bundes- oder einer Landesregierung als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden. Steuerfrei sind ferner nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG andere Bezüge, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen.

    Diese Steuerbefreiungen finden auf ehrenamtliche rechtliche Betreuer jedoch keine Anwendung, weil die Aufwandsentschädigungen weder im Haushaltsplan des Landes Niedersachsen als Aufwandsentschädigung ausgewiesen sind (§ 3 Nr. 12 Satz 1 EStG) noch die ehrenamtlichen Betreuer öffentliche Dienste i.S des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG leisten (vgl. dazu zuletzt Urteil des FG Baden-Württemberg vom 24.9.2009, 3 K 1350/08, EFG 2010 S. 120, Revision eingelegt, Az. beim BFH: X R 51/09).

  • die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26 EStG (sog. Übungsleiterpauschale) bis zur Höhe von insgesamt 2.100 EUR im Jahr für Einnahmen

    • aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten,
    • aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten
    • oder der nebenberuflichen Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen.

    Diese Steuerbefreiung findet auf ehrenamtliche rechtliche Betreuer ebenfalls keine Anwendung, da mangels einer pädagogischen Ausrichtung keine Betreuungstätigkeit im Sinne der Vorschrift v...

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