Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung und der Divergenz
Leitsatz (NV)
1. Der allgemeine Hinweis, die Frage der Teilwertminderung bei Gewährung von Zuschüssen aus Mitteln des Investitionsprogramms zur wachstums- und umweltpolitischen Vorsorge - sog. ZIP-Zuschüsse - sei wegen des bundesweit geltenden Programms von erheblicher Bedeutung und berühre wegen ihrer steuerlichen Auswirkung die Interessen der Allgemeinheit, reicht im Hinblick auf die umfangreiche BFH-Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Teilwertminderung durch öffentliche Zuschüsse zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nicht aus.
2. Den Anforderungen an die Darlegung der Divergenz genügt der Hinweis auf einen gleichlautenden Ländererlaß nicht.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches FG |
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, da ihre Begründung nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht.
1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr.1 FGO, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil die Klärung der Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts betrifft. Es muß sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. Juni 1985 I B 23/85, BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605 m.w.N.). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muß in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert dargelegt werden. Dazu genügt die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, nicht. Der Beschwerdeführer muß vielmehr konkret auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen (vgl. BFH-Beschluß vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift nicht.
Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt - FA -) hat unter dem allgemein gehaltenen Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH zur Minderung des Teilwerts bei verschiedenen Zuschüssen geltend gemacht, daß der BFH nur im Fall des Schiffbauzuschusses (Urteil vom 8. Mai 1981 III R 109/76, BFHE 133, 572, BStBl II 1981, 700) sowie im Falle eines mit öffentlichen Mitteln geförderten Blockheizwerks (Urteil vom 8. Mai 1981 III R 26/79, BFHE 133, 567, BStBl II 1981, 702) eine Teilwertminderung angenommen habe; eine Teilwertminderung bei Gewährung von Zuschüssen aus Mitteln des mehrjährigen öffentlichen Investitionsprogramms zur wachstums- und umweltpolitischen Vorsorge (ZIP I; vgl. Ministerialblatt des Bundesministers der Finanzen 1977, 339) - ZIP-Zuschüsse - sei deshalb ,,wegen des bundesweit geltenden Programms über diesen Einzelfall hinaus von erheblicher Bedeutung", sie berühre ,,wegen ihrer steuerlichten Auswirkung eng die Interessen der Allgemeinheit" und sei ,,noch nicht abschließend geklärt".
Damit hat das FA jedoch keine durch den Rechtstreit aufgeworfene allgemeine Rechtsfrage hinreichend deutlich umrissen. Der erkennende Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen (vgl. Urteile vom 12. April 1989 II R 213/85, BFHE 156, 507, BStBl II 1989, 545 und II R 121/87, BFHE 156, 510, BStBl II 1989, 547; vom 20. September 1989 II R 96/86, BFHE 159, 95, BStBl II 1990, 206; vom 17. Januar 1990 II R 64/87, BFHE 159, 359, BStBl II 1990, 367; vom 21. Februar 1990 II R 27/87, BFHE 160, 266, BStBl II 1990, 566 sowie vom 23. Januar 1991 II R 79/87, BFH/NV 1992, 369), daß Ausgangspunkt für die sog. Teilwertvermutungen die nicht um Zuschüsse der öffentlichen Hand gekürzten Anschaffungs- oder Herstellungskosten der bezuschußten Wirtschaftsgüter sind. Dem Steuerpflichtigen bleibt es nach dieser Rechtsprechung unbenommen, diese Teilwertvermutung zu widerlegen. Nach den Urteilen des III.Senats in BFHE 133, 572, BStBl II 1981, 700 und in BFHE 133, 567, BStBl II 1981, 702 können zwei Umstände zur generellen Entkräftung der Teilwertvermutung führen:
1. Die generelle Beeinflussung des Marktpreises von bestimmten Wirtschaftsgütern, wie dies z.B. nach Meinung des III.Senats hinsichtlich des Marktpreises der inländischen Schiffe der Fall war (vgl. BFHE 133, 572, BStBl II 1981, 700);
2. die starken unternehmenspolitischen Beschränkungen des Zuschußempfängers, wie sie in dem Fall des Blockheizwerks vorlagen (vgl. BFHE 133, 567, BStBl II 1981, 702).
Mit dieser Rechtsprechung hat der BFH klargestellt, unter welchen Voraussetzungen die Gewährung öffentlicher Zuschüsse zu einer Minderung des Teilwerts der bezuschußten Wirtschaftsgüter führen kann. In dem Senatsurteil im ersten Rechtsgang dieses Rechtsstreits vom 17. Januar 1990 II R 167/87 (BFH/NV 1990, 736) wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß dies auch hinsichtlich der Investitionszuschüsse nach dem ZIP I-Programm gilt.
Im Hinblick auf diese durch die Rechtsprechung bereits aufgestellten Grundsätze fehlt es in der Beschwerdeschrift an der Darlegung einer im allgemeinen Interesse darüber hinaus noch zu klärenden Rechtsfrage; insbesondere fehlt es insoweit an einer Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung oder etwaigen im Schrifttum zur Teilwertvermutung vertretenen (abweichenden) Auffassungen. Der Hinweis des FA, daß der BFH die Frage der Minderung des Teilwerts eines nach dem ZIP I-Programm bezuschußten Wirtschaftsguts noch nicht entschieden habe, reicht zur schlüssigen Darlegung nicht aus. Da der erkennende Senat die für die Teilwertermittlung maßgebenden Grundsätze in mehreren Entscheidungen dargelegt hat, hätte das FA neue gewichtige Gründe geltend machen müssen, die es geboten erscheinen lassen, daß der BFH seinen Standpunkt nochmals überprüft (vgl. BFH-Beschluß vom 21. Juli 1977 IV B 16-17/77, BFHE 123, 48, BStBl II 1977, 760).
2. Soweit das FA geltend macht, das Urteil der Vorinstanz weiche von einer Entscheidung des BFH ab (§ 115 Abs. 2 Nr.2 FGO), fehlt in der Beschwerdeschrift die schlüssige Darlegung der behaupteten Divergenz.
Eine Abweichung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr.2 FGO liegt nur vor, wenn das FG in einer bestimmten Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der BFH. Eine Abweichung in der Beurteilung von Tatsachen genügt nicht (BFH-Beschluß vom 20. Februar 1980 II B 26/79, BFHE 129, 313, BStBl II 1980, 211). Das FG muß vielmehr seiner Entscheidung einen bestimmten tragenden Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den ebenfalls tragenden rechtlichen Erwägungen einer Entscheidung des BFH nicht übereinstimmt. Die Bezeichnung der Divergenz i.S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt u.a., daß der Beschwerdeführer die angeblich voneinander abweichenden Rechtssätze des angefochtenen Urteils und der Divergenzentscheidung des BFH herausarbeitet und gegenüberstellt.
Daran fehlt es im Streitfall. Das FA hat aus dem Urteil der Vorinstanz keinen diese Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz herausgearbeitet, der zu einem ebenfalls die Entscheidung tragenden Rechtssatz der vom FA zitierten BFH-Entscheidungen in BFHE 133, 572, BStBl II 1981, 700 sowie in BFHE 133, 567, BStBl Ii 1981, 702 in Widerspruch steht.
Den Anforderungen an die Darlegung der Divergenz genügt der Hinweis des FA auf die in den gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 6. Februar 1984 (BStBl I 1984, 139) enthaltene Vier-Jahre-Frist nicht, durch die der vom BFH geforderte nachhaltige und über längere Zeit andauernde Eingriff in das Marktgeschehen näher konkretisiert werden soll. Im übrigen enthält das angegriffene Urteil insoweit auch keinen abstrakten Rechtssatz, der von den genannten BFH-Entscheidungen abweicht.
Auch bezüglich der übrigen vom FA genannten Voraussetzungen, die nach der BFH-Rechtsprechung erfüllt sein müssen, um eine Minderung des Teilwerts bezuschußter Wirtschaftsgüter annehmen zu können, fehlt die Darlegung abweichender Rechtssätze, die erkennbar oder in nachvollziehbarer Weise gegenübergestellt werden.
Soweit das FA in seiner Beschwerdeschrift rügt, daß die ZIP-Förderungsmaßnahmen aufgrund der von Bund und Ländern getroffenen Regelungen nicht mindestens vier Jahre angedauert hätten, daß nach Ausschöpfung der begrenzten Finanzierungsmittel kein Unternehmer mit weiteren Zuschüssen habe rechnen können und daß im Streitfall langfristige unternehmenspolitische Beschränkungen oder Auflagen gefehlt hätten, die dem vom BFH in BFHE 133, 567, BStBl II 1981, 702 entschiedenen Blockheizwerkfall vergleichbar seien, richten sich die Ausführungen des FA in der Art einer Revisionsbegründung gegen die inhaltliche Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung, insbesondere gegen die von der Vorinstanz vorgenommene Tatsachen- und Beweiswürdigung. Sie betreffen insoweit ausschließlich materiell-rechtliche Mängel, die nicht mit der Nichtzulassungsbeschwerde, sondern nur mit der Revision erfolgreich geltend gemacht werden können (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 115 Rdnr.62 und 28). Dem Senat ist deshalb insoweit eine Überprüfung im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde verwehrt.
Fundstellen
Haufe-Index 418569 |
BFH/NV 1993, 305 |